Fragiles Gleichgewicht: Darmzellen und Milchsäurebakterien schützen gemeinsam vor Candida-Infektionen21. Juni 2022 Candida albicans (gelb) bildet Hyphen auf differenzierten Darmepithelzellen (Zellkern in blau und F-Actin in lila). Abbildung: © Raquel Alonso Roman/Leibniz-HKI. Die Anwesenheit von Probiotika wie Milchsäurebakterien verändert die Umgebung im Darm und zwingt den Hefepilz Candida albicans, seinen Stoffwechsel umzustellen, wodurch er weniger infektiös wird. So können Probiotika eine Verbreitung von Pilzinfektionen im Darm eindämmen oder verhindern. Außerdem zeigt eine neue Studie, dass Darmzellen das Bakterienwachstum aktiv fördern, um sich vor dem Pilz zu schützen. Der Hefepilz C. albicans besiedelt natürlicherweise den menschlichen Körper, vor allem den Darm. In der Regel verursacht er dort keine Probleme, da das Immunsystem und eine gute Darmflora ihn in Schach halten. Ist jedoch das Mikrobiom im Darm aus dem Gleichgewicht geraten oder das Immunsystem stark beeinträchtigt, kann C. albicans in die Blutbahn gelangen. Das kann für immungeschwächte Menschen auf Intensivstationen lebensbedrohlich werden. Forschende des Leibniz-Institutes für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut (Leibniz-HKI) fanden nun heraus, dass die Darmzellen des Menschen eine wichtige Rolle bei der Bekämpfung von Pilzinfektionen durch C. albicans spielen. „Die Darmzellen nähren Milchsäurebakterien, die sich dadurch vermehren und dem Hefepilz wiederum Nährstoffe wegnehmen“ erklärt Erstautorin Raquel Alonso-Roman. Durch die neuen Bedingungen ist C. albicans gezwungen, den eigenen Stoffwechsel anzupassen. Dabei muss der Pilz bestimmte Eigenschaften ablegen, wodurch er weniger infektiös wird. Die Zugabe von Probiotika erzeugt im Darm ein Gleichgewicht zwischen Hefepilz, Milchsäurebakterien und dem restlichen Mikrobiom, das den gesunden Zustand wiederherstellt. Infektionen mit C. albicans, wie zum Beispiel Vaginalinfektionen, werden teilweise erfolgreich mit Milchsäurebakterien behandelt. „Wir wissen bereits, dass insbesondere Milchsäurebakterien einer Pilzinfektion entgegenwirken, diese verhindern oder den Pilz sogar abtöten können. Unsere Arbeit befasst sich nun mit der Frage nach dem ‚Wie‘“, erklärt Prof. Bernhard Hube, Leiter der Abteilung Mikrobielle Pathogenitätsmechanismen. Zusammen mit Systembiologen des Instituts entwickelten die Forschenden Computermodelle, die vorhersagen können, wie sich die Milchsäurebakterien der Art Lactobacillus rhamnosus verhalten, wenn Sie auf C. albicans treffen. „Anhand von Daten aus vorherigen Studien können unsere Computermodelle prognostizieren, dass sich die Milchsäurebakterien vermehren und schließlich C. albicans entgegenwirken würden“ erläutert Dr. Mark Gresnigt, Nachwuchsgruppenleiter am Leibniz-HKI. Anschließende Versuche im Labor zeigten jedoch, dass sich die Bakterien in herkömmlichen Nährmedien nicht wie vorhergesagt vermehrten. „Erst als wir Darmzellen hinzufügten, begannen die Milchsäurebakterien, sich zu vermehren“ so Gresnigt weiter. Gemeinsam mit der Nachwuchsgruppe von Slavena Vylkova konnten die Forschenden herausfinden, wie der Hefepilz seinen Stoffwechsel verändert, um sich an die neuen Bedingungen anzupassen. Da im Darm nicht mehr genug Nährstoffe vorhanden sind, kommt es zu einer Anpassung in der Genaktivität von C. albicans wodurch der Hefepilz weniger infektiös wird und somit die Darmzellen nicht mehr beschädigen kann. Die Ergebnisse dieser Forschung bilden einen wichtigen Schritt in der Bekämpfung lebensbedrohender Pilzinfektionen. „Wir wollen herausfinden, wie Probiotika die Infektion bekämpfen. Mit diesem Wissen können wir möglicherweise Maßnahmen entwickeln, um das aggressive Verhalten des Pilzes zu verhindern. Das heißt, wir beeinflussen den Pilz so, wie es Probiotika tun würden, ohne sie tatsächlich zu verwenden“, erklärt Hube. Besonders bei immunsupprimierten Patienten sei es meist zu gefährlich lebende Bakterien als Heilmittel zu verwenden. Die Balance und Dysbalance von Mikroorganismen in Menschen, Tieren und Umwelt ist zentraler Forschungsschwerpunkt des Exzellenzclusters Balance of the Microverse und des Sonderforschungsbereichs FungiNet, die diese Arbeit unterstützt haben.
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