Frankfurter Wissenschaftler: Neue Chancen zur besseren Behandlung von Arthrose14. August 2018 Frank Zaucke ist Leiter der Abteilung für Arthroseforschung in der Orthopädischen Universitätsklinik Friedrichsheim. Er gehört zu den wenigen Wissenschaftlern in Deutschland, die sich der Arthrose-Grundlagenforschung widmen. (Foto: Orthopädische Universitätsklinik Friedrichsheim) Die “Alterskrankheit” Arthrose wird unter anderem durch körpereigene Enzyme ausgelöst. Eine frühe Diagnose und neue Therapien wären eine gute Alternative zum Gelenkersatz, aber es fehlt an Gelder für die Forschung, beklagt die Deutsche Initiative für Arthroseforschung aus Frankfurt. “In Deutschland sind mehr als 50 Prozent der Frauen und ein Drittel der Männer über 60 Jahren von Arthrose betroffen. Die Behandlungskosten für Arthrose belasten das Gesundheitssystem nach Expertenschätzung jährlich mit rund sieben Milliarden Euro, verbunden mit hohen Ausfallzeiten am Arbeitsplatz und Frühverrentung. Trotzdem ist das Problem Arthrose in der Öffentlichkeit viel zu wenig bekannt, wird viel zu wenig Geld in die Erforschung dieser Volkskrankheit investiert”, konstatiert die Initiative. Von Frankfurt aus will sie jetzt Weichen stellen, die Behandlungsmöglichkeiten für diese Volkskrankheit zu verbessern. Lange dachten Forscher, Arthrose sei vor allem die Folge von Gelenkverschleiß. Heute gilt als sicher: auch aggressive körpereigene Enzyme sind wesentlich an der Entstehung und dem Fortschreiten der Krankheit beteiligt. Im Forschungsbereich für Arthrose an der Orthopädischen Universitätsklinik Friedrichsheim in Frankfurt arbeiten Wissenschaftler und Kliniker an den Behandlungsmethoden der Zukunft, vor allem aber an Möglichkeiten, um Arthrose in einem sehr frühen Stadium zu diagnostizieren. “Die Arthroseforschung konzentrierte sich in der Vergangenheit ausschließlich auf die Verbesserung des Gelenkersatzes”, sagt Prof. Andrea Meurer, Ärztlichen Direktorin der Orthopädischen Universitätsklinik. “Zudem fehlte das Geld: Bei der Finanzierung medizinischer Forschungsprojekte haben in der Regel Studien zu Krebs, Diabetes oder Herzkrankheiten Vorrang, weil sie häufiger junge Menschen betreffen, akut lebensbedrohlich sein können und hohe Kosten verursachen”, so Meurer weiter. Um die patientennahe Arthroseforschung zu fördern, wurde 2016 eine neue Abteilung für Arthroseforschung innerhalb der Orthopädischen Universitätsklinik Friedrichsheim gegründet. Der Biochemiker und Molekularbiologe Prof. Frank Zaucke ist Leiter dieser Abteilung und gehört zu den wenigen Wissenschaftlern in Deutschland, die sich als Grundlagenforscher dieser Krankheit widmen. Finanziert wurde der Forschungsbereich bisher weitgehend aus einer 4,2 Millionen Euro-Spende der Dr. Rolf M. Schwiete Stiftung. Ziel: Arthrose im Anfangsstadium stoppen Die Suche nach besseren Diagnose- und wirkungsvolleren Behandlungsmöglichkeiten von Arthrose kam bisher aber nur langsam voran. “Unser wichtigstes Ziel ist, die Krankheit bereits in einem frühen Anfangsstadium zu erkennen, ihren Verlauf zu verlangsamen und so den Gelenkersatz zu verhindern”, so Zaucke. Ein Ansatzpunkt ist dabei die Identifizierung von Abbauvorgängen, die schon vor einer radiologisch möglichen Diagnose stattfinden. Beim Abbau des Knorpels entstehen Fragmente, die zum einen als prognostische Biomarker für die Erkrankung dienen, zum anderen kann die Hemmung der abbauenden Enzyme das Fortschreiten und die Ausprägung der Erkrankung verlangsamen. Aktuell tüfteln die Wissenschaftler in Frankfurt auch an einer Methode, mit der sich winzige Knorpeldefekte reparieren lassen. “Das funktioniert ein bisschen wie eine Füllung beim Zahnarzt”, sagt Zaucke. In Zukunft sollen in Frankfurt Behandlungsstrategien entwickelt werden, um möglichst vielen Patienten auch ohne Gelenkersatz wirksam helfen zu können. Weitere finanzielle Unterstützung erhält der Forschungsbereich für Arthrose mittlerweile über ein von der Europäischen Union gefördertes Netzwerk. Außerdem hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) kürzlich eine Forschungsgruppe zum Thema “Neue molekulare Determinanten der Homöostase der muskuloskeletalen extrazellulären Matrix” eingerichtet. Auch daran ist die Orthopädische Universitätsklinik Friedrichsheim mit einem Projekt beteiligt. Deutsche Initiative Arthroseforschung zeigt Wirkung Die 2017 von Meurer ins Leben gerfufene Deutsche Initiative Arthroseforschung soll die Arbeit von Kliniken und Ärzten auf dem Gebiet deutschlandweit koordinieren und den Aufbau von weiteren Forschungsnetzwerken unterstützen. Ein erster großer Workshop mit Klinikvertretern und Grundlagenforschern aus ganz Deutschland sowie Vertretern der Medizinwirtschaft brachte im Frühjahr 2018 wichtige Impulse für den Forschungsfortschritt. Die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie stellt überdies Mittel für eine erste Anschubfinanzierung ausgewählter Forschungsprojekte im Bereich Arthrose zur Verfügung. Unterstützt werden die Forscher in ihrem Bemühen auch durch Prof. Rita Süssmuth. Die frühere Bundestagspräsidentin ist prominente Botschafterin und Schirmherrin der Initiative. Auch mit ihrer Unterstützung sollen politische Entscheidungsträger und die Öffentlichkeit für das wachsende Problem Arthrose sensibilisiert werden. Die Forscher erhoffen sich dadurch die Bereitstellung weiterer finanzieller Mittel, um die Erforschung der Krankheit künftig noch schneller voranzubringen.
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