Frühkindlicher Stress kann die Resilienz weiblicher Mäuse stärken

An jungen Mäusen haben Forschenden die Auswirkungen von frühkindlichem Stress untersucht. (Foto: © gorkemdemir – stock.adobe.com)

Stress in der frühen Lebensphase (early life stress, ELS), kann überraschende Vorteile für weibliche Mäuse haben und emotionale Regulierung sowie Denkleistung verbessern. Das Protein FKBP51 spielt in diesem Anpassungsprozess eine Schlüsselrolle, wie Forschende des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie herausgefunden haben. 

Während Stress in der frühen Lebensphase oft mit einer höheren Anfälligkeit für psychische Erkrankungen wie Depression und Angst in Verbindung gebracht wird, zeigt die aktuelle Studie unter der Leitung von Lotte van Doeselaar und Mathias Schmidt vom Max-Planck-Institut für Psychiatrie, dass mäßiger Stress bei weiblichen Mäusen tatsächlich die Widerstandsfähigkeit stärken kann. Die Wissenschaftler stellten fest, dass weibliche Mäuse, die ELS ausgesetzt waren, weniger Angst zeigten und in Stresssituationen eine bessere Gedächtnisleistung aufwiesen. Bei Mäusen, denen das Protein FKBP51 in den glutamatergen Vorderhirnnervenzellen fehlte, war dieser positive Effekt jedoch nicht vorhanden, was die entscheidende Rolle des Proteins unterstreicht.

„Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass FKBP51 eine Art Vermittler ist, der es weiblichen Mäusen ermöglicht, sich an zukünftige Herausforderungen anzupassen und erfolgreich mit ihnen umzugehen“, erklärt van Doeselaar, Erstautorin der Studie. „Das ist ein deutlicher Kontrast zur bisherigen Auffassung, dass Stress in der frühen Lebensphase ausschließlich schädlich ist.“

Die in „Nature Communications“ veröffentlichte Studie deckt auch geschlechtsspezifische Unterschiede auf. Während weibliche Mäuse ausgeprägte Verhaltens- und Gehirnveränderungen zeigten, waren die Auswirkungen bei männlichen Mäusen weniger deutlich. Das deutet darauf hin, dass die Mechanismen der Anpassung an Stress zwischen den Geschlechtern unterschiedlich sein könnten.

Darüber hinaus bestimmten die Forschenden einen Transkriptionsfaktor, TCF4, als potenziellen nachgeschalteten Effektor von FKBP51. Die verstärkte Produktion von TCF4 bei weiblichen Mäusen hatte ähnlich positive Auswirkungen wie die von ELS, was auf seine Rolle bei der Förderung der Widerstandsfähigkeit hinweist.

„Psychische Erkrankungen sind ein globales Gesundheitsproblem, und das Verständnis der biologischen Grundlagen ist unerlässlich, um wirksame Behandlungen zu entwickeln“, erklärt Schmidt, leitender Autor der Studie. „Unsere Forschung beleuchtet das komplexe Zusammenspiel zwischen Genen und Umwelt und zeigt, wie frühe Erfahrungen die langfristige psychische Gesundheit beeinflussen können.“ Diese Studie bringt die Forschenden einen Schritt näher an das Ziel, effektivere Behandlungen für psychische Erkrankungen zu entwickeln.