FXR: Gallensäurerezeptor könnte ein innovatives Ziel beim Schutz der Sehkraft von Frühgeborenen sein30. Mai 2023 Forscherin Menaka C. Thounaojam (Foto: © Michael Holahan, Augusta University) US-Wissenschaftler glauben, dass die Stimulierung eines Gallensäurerezeptors dazu beitragen kann, das Sehvermögen von Frühgeborenen zu schützen. Die Expression des Farnesoid-X-Rezeptors (FXR) ist in zwei wichtigen Zelltypen, die mit der Frühgeborenen-Retinopathie zusammenhängen, deutlich vermindert. Forschende des Medical College of Georgia (USA) haben erste Hinweise darauf gefunden, dass die gezielte Manipulation dieses Rezeptors eine frühzeitigere und wirksamere Behandlung für von Frühgeborenen-Retinopathie betroffene Babys ermöglichen könnte. Dieser Prozess lässt sich möglicherweise durch die Tatsache beschleunigen, dass die von den Wissenschaftlern untersuchten Medikamente bereits bei Menschen eingesetzt werden. Dr. Menaka C. Thounaojam, Forscherin mit Schwerpunkt auf ischämischen Retinopathien in der Abteilung für Zellbiologie und Anatomie des Medical College of Georgia sowie Mitarbeiterin am Culver Vision Discovery Institute der Augusta University (USA) leitet die Untersuchungen. Diese werden aktuell vom National Eye Institute (USA) mit einem neuen Zuschuss in Höhe von 1,9 Millionen US-Dollar gefördert. Endothelzellen und Astrozyten in der Netzhaut exprimieren FXR spezifisch Der Schlüssel zu einer normalen Entwicklung von Blutgefäßen sind Astrozyten, die beispielsweise im sich entwickelnden Auge den vaskulären endothelialen Wachstumsfaktor (VEGF) absondern. Während VEGF für das Wachstum neuer Blutgefäße unerlässlich ist, helfen Astrozyten auch dabei, das Muster dafür festzulegen, wohin sich die Blutgefäße auskleidenden Endothelzellen begeben müssen und was sie tun sollen, wenn sie an ihrem Zielort angekommen sind. Unter den stressigen Umständen einer Frühgeburt können sich diese lebenswichtigen Astrozyten jedoch selbst zerstören und falsche Botschaft an Endothelzellen senden. „Von allen in der Netzhaut vorkommenden Zelltypen exprimieren Endothelzellen und Astrozyten diesen Rezeptor spezifisch“, sagt Thounaojam über FXR. In Thounaojams Labor hatten Forschende herausgefunden, dass die FXR-Expression in diesen beiden Schlüsselzelltypen bei der Frühgeborenen-Retinopathie reduziert ist. „Aus diesem Grund kann das Muster, das die Endothelzellen bilden und das zur Bildung normaler Blutgefäße führen soll, keine entsprechende Anleitung geben. Deshalb sind die Endothelzellen verwirrt und es findet unkontrolliertes Wachstum statt“, sagt Thounaojam. Basierend auf den bereits generierten Daten lautet ihre Hypothese, dass eine bessere FXR-Signalisierung das Absterben von Astrozyten verhindern kann, Endothelzellen folglich die richtige Richtung für die Entwicklung funktionsfähiger neuer Blutgefäße erhalten und Babys ein besseres Sehvermögen erreichen. Die Forscherin glaubt, dass die Festlegung von FXR als Angriffsziel zur Möglichkeit einer frühzeitigeren Intervention führen könnte – im Gegensatz zu aktuellen Ansätzen, bei denen beispielweise versucht wird, das abnormale Wachstum von Blutgefäßen durch eine Anti-VEGF-Behandlung oder Lasertherapie zu reduzieren, um das Voranschreiten der Erkrankung zu stoppen. Verbesserung der FXR-Expression reduziert wahrscheinlich zerstörerischen Effekt der Hypoxie Bei den heute verfügbaren Therapie wird versucht, das gestörte Blutgefäßwachstum zu bekämpfen, das als Reaktion auf eine Hypoxie in der Netzhaut von Babys auftritt. Diese Hypoxie entsteht, wenn die Frühgeborenen von der für sie lebensrettenden Versorgung mit zusätzlichem Sauerstoff auf den vergleichsweise niedrigen Sauerstoffgehalt in der Umgebungsluft übergehen. Der von den Forschenden verfolgte Ansatz sollte in der Phase der Hyperoxie zu wirken beginnen, die bei einer Sauerstoffergänzung auftritt. Dann sollte eine normale Entwicklung der Blutgefäße stattfinden – in einer Phase, in der sich das Kind noch im Mutterleib entwickeln sollte. Die Wissenschaftler vermuten, dass die verminderte Expression und Signalübertragung von FXR, die bei der Frühgeborenen-Retinopathie auftritt, der Schlüssel zu der Zerstörung ist, die stattdessen auftritt. Daher glauben die Forschenden, dass eine Verbesserung der FXR-Expression wahrscheinlich dazu beitragen wird, diese Zerstörung zu reduzieren oder gänzlich zu vermeiden. Thounaojams Arbeitsgruppe untersucht zwei Medikamente, die die FXR-Signalübertragung induzieren: Obeticholsäure, die bereits klinisch zur Behandlung einer Lebererkrankung verschrieben wird, bei der die Gallenwege zerstört sind. Der Wirkstoff steigert die Gallenproduktion und -ausscheidung. Bei dem zweiten Wirkstoff handelt es sich um Chendesoxycholsäure – eine natürliche Gallensäure, die auch klinisch zur Auflösung von Gallensteinen eingesetzt wird. Die Forschenden untersuchen die Wirkung dieser Medikamente auf verschiedene Stadien der Frühgeborenen-Retinopathie. Sie wollen auch die normale Rolle von FXR in der Netzhaut weiter erforschen und wie sich diese bei der Frühgeborenen-Retinopathie verändert, indem sie Modelle verwenden, bei denen FXR aus Astrozyten und Endothelzellen ausgeschaltet wurde. Gallensäure mit schützendem Effekt Thounaojam fand im Labor Hinweise darauf, dass Gallensäure im Auge bei Frühgeborenen-Retinopathie vorteilhaft beziehungsweise protektiv wirken kann. Zu den positiven Aspekten gehören der Schutz der Photorezeptorzellen vor der Degeneration, die Verhinderung des Absterbens von Ganglienzellen und die Vermeidung von Kataraktbildung. Andere Forschende haben ähnliche Vorteile bei der Diabetischen Retinopathie dargelegt. In ähnlicher Weise hat sich gezeigt, dass FXR die Neuronen schützt und Entzündungen und oxidativen Stress reduziert, die auch bei der Frühgeborenen-Retinopathie eine destruktive Rolle spielen. Während die schützende Rolle von FXR bei der Frühgeborenen-Retinopathie klar zu sein scheine, müsse seine normale Rolle sowie die Vorteile der Erhöhung seiner Expression bei dieser Erkrankung genauer untersucht werden, unterstreicht Thounaojam. Während die meisten Frühgeborenen nicht an einer Frühgeborenen-Retinopathie leiden, gibt es laut Thounaojam derzeit keine gute Möglichkeit vorherzusagen, bei welchen Kindern dies der Fall ist. Außerdem können bei manchen Babys später Probleme wie Katarakte auftreten, ohne dass es frühzeitig Anzeichen dafür gab. Diese langfristigen potenziellen Auswirkungen der FXR-Signalisierung sind ein weiterer Aspekt, den die Wissenschaftlerin verfolgt. Sie möchte außerdem herausfinden, welche potenziellen langfristigen negativen Auswirkungen die von ihr verfolgten Therapien haben. „Wir konzentrieren uns derzeit darauf, ob ein Kind eine Frühgeborenen-Retinopathie hat, ob ein Baby blind ist oder nicht“, erklärt sie. „Aber auch wenn ein Baby nicht blind ist, können im Kindesalter andere damit verbundene Sehstörungen auftreten.“ Daher untersucht die Forscherin auch die Sehschärfe, die Undichtigkeit von Blutgefäßen und ob die Photorezeptoren gut funktionieren.
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