Gentherapie für Hereditäres Angioödem: Phase-II-Studienergebnisse vielversprechend

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Wie eine kürzlich veröffentlichte Phase-II-Studie belegt, reicht eine Behandlung mit einer CRISPR-Cas9-basierten Gen-Editierungstherapie aus, um die tägliche Medikation von Patienten mit hereditärem Angioödem (HAE) zu ersetzen.

„Die Ergebnisse dieses doppelblinden, placebokontrollierten Teils der Studie bestätigen unsere vielversprechenden Ergebnisse aus der Phase-I-Studie, die eine drastische Verringerung der Angioödem-Schwellungen nach einer Einzeldosis-Behandlung mit dieser auf Gen-Editing basierenden Therapie zeigen“, kommentierte Danny Cohn, Internist am Amsterdam UMC und Erstautor der Studie [1] die Ergebnisse.

An einer Anfang des Jahres veröffentlichten Phase-I-Studie [2] hatten zehn Patienten teilgenommen. Sie hatten verschiedene Dosen des Wirkstoffs NTLA-2002 erhalten, der auf das KallikreinB1-Gen abzielt. Eine einzige Dosis der Gentherapie soll eine langfristige Krankheitskontrolle ermöglichen.

Als Weiterführung der Phase-1-Studie, testete das internationale Team um Cohn unter der Leitung des Amsterdam UMC die CRISPR-basierte Therapie an 27 Patienten in zwei verschiedenen Dosierungen im Vergleich zu Placebo: zehn Patienten wurden mit einer Dosis von 25 mg Wirkstoff behandelt, elf Patienten mit 50 mg und sechs Patienten erhielten Placebo.

Deutliche Reduktion der Angioödem-Attacken

Die Studie konnte zeigen, dass beide Dosierungen zu einer Verringerung der Angioödem-Attacken führten. Von Woche 1 bis zu Woche 16 betrug die geschätzte mittlere monatliche Anfallsrate 0,70 (95%-Konfidenzintervall [KI] 0,25–1,98) mit 25 mg NTLA-2002 und 0,65 (95%-KI 0,24–1,76) mit 50 mg. Mit Placebo lag die Rate bei 2,82 (95%-KI 80–9,89). Damit ergab sich ein Unterschied in der geschätzten mittleren Anfallsrate mit NTLA-2002 im Vergleich zu Placebo 75 Prozent mit 25 mg beziehungsweise 77 Prozent weniger Anfällen mit 50 mg. Von den Patienten, die NTLA-2002 erhielten, waren vier von zehn Patienten, die 25 mg erhielten (40%) und acht von elf Patienten, die 50 mg erhielten (73%) im Zeitraum von Woche 1 bis Woche 16 ohne zusätzliche Behandlung anfallsfrei.

Die häufigsten unerwünschten Ereignisse bei Patienten in der Wirkstoffgruppe waren Kopfschmerzen, Müdigkeit und Nasopharyngitis. Die mittlere prozentuale Veränderung des Gesamtplasmakallikrein-Proteinspiegels vom Ausgangswert bis zur Woche 16 betrug -55 Prozetnt bei 25 mg und -86 Prozent bei 50 mg; bei Placebo blieben die Werte unverändert.

Niedrige Kallikrein-Plasmalevel

Die Therapie wirkte sich auch auf den Kallikrein-Level aus: Für beide Dosierungen zeigte sich eine deutliche und anhaltende Reduzierung der Kallikrein-Werte. Die mittlere prozentuale Veränderung des Gesamtkallikrein-Spiegels im Plasma vom Ausgangswert bis zur 16. Woche betrug 55 Prozent weniger bei 25 mg und 86 % weniger bei 50 mg. Bei Patienten, die Placebo erhielten blieben die Werte hingegen unverändert.

„Diese Reduktion ist vielleicht das Entscheidende, denn sie zeigt uns, dass die Therapie wirkt“, betonte Dr. Hilary Longhurst, Ehrendozentin an der Universität von Auckland. Dass es möglich sei, die Kallikrein-Level der Patienten zu reduzieren, zeige, dass das Team auf dem richtigen Weg sei.

„Die Ergebnisse der zweiten Phase bauen überzeugend auf den Ergebnissen der ersten Phase auf und geben den Patienten, die an einer Krankheit leiden, für die es bisher nur sehr wenige Behandlungsmöglichkeiten gab, echte Hoffnung“, ergänzte Cohn. Es sei „absolut wichtig“ diese Arbeit fortzusetzen. Ein Phase-III-Studie ist bereits geplant und soll mehr Patienten einschließen. Das Team plant auch, die ursprünglich behandelten Patienten bis zu 15 Jahre nachzuverfolgen, um die langfristige Wirksamkeit und Sicherheit zu untersuchen. (ja)