Häufung von Hepatitis-Fällen bei Kindern in Großbritannien

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Die britische Gesundheitsbehörde UKHSA berichtet in einer aktuellen Mitteilung von einer ungewöhnlichen Häufung von akuten Hepatitis-Fällen bei Kindern in Großbritannien. Demnach werden 74 Fälle seit Januar untersucht, die meisten davon bei Kindern im Alter von zwei bis fünf Jahren.

Auch die europäische Gesundheitsagentur ECDC veröffentlichte eine Mitteilung. Danach sei es in einigen Fällen zu akutem Leberversagen gekommen, sodass eine Verlegung in spezialisierte Kinderleberstationen erforderlich wurde. Bei einer kleinen Zahl von Kindern sei eine Lebertransplantation durchgeführt worden, hieß es in dem ECDC-Bericht.

Die Ursache der Hepatitis ist bisher noch unbekannt. Die üblichen Viren, die Hepatitis verursachen können (Hepatitisviren A, B, C, D und E), seien in keinem der Fälle nachgewiesen worden. Einige der in England hospitalisierten Kinder seien positiv auf SARS-CoV-2 und andere auf Adenoviren getestet worden. Derzeit gebe es jedoch keinen eindeutigen Zusammenhang zwischen den gemeldeten Fällen und den Infektionen oder mit bekannten Reisen. Keines der Kinder hatte eine SARS-CoV-2-Impfung erhalten, berichtet die UKHSA.

Das klinische Bild der britischen Patienten ist eine schwere akute Leberentzündung mit deutlich erhöhten Transaminasen. Erhöhte Transaminasen gehen bei Kindern bis zu 16 Jahren oft mit Gelbsucht einher, manchmal begleitet von gastrointestinalen Symptomen, einschließlich Erbrechen als Hauptmerkmal.

Die ECDC fordert in ihrer Mitteilung Kliniker EU-weit auf, Fälle von akuter, schwerer Hepatitis bei Kindern, bei denen Hepatitis A bis E ausgeschlossen wurde, den nationalen Gesundheitsämtern zu melden. Die EU-Mitgliedstaaten sollten Informationen über solche Verdachtsfälle über die EpiPulse-Plattform der ECDC weitergeben, um eine systematische Untersuchung der Ursachen zu erleichtern.

Fachgesellschaft hierzulande aufmerksam, aber nicht beunruhigt

„Diese Fallzahlen aus Großbritannien haben uns jetzt noch nicht unbedingt beunruhigt, aber doch aufmerksam werden lassen. Über unsere Fachgesellschaften haben wir als DGKJ nun auch eine Abfrage zu vergleichbaren Fällen hierzulande gestartet. Entsprechende Beobachtungen in Deutschland sind bislang noch nicht bekannt, aber wir untersuchen das weiter. Das müssen wir ernst nehmen“, sagte PD Dr. Burkhard Rodeck, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e.V. (DGKJ).

Neben den bekannten Hepatitisviren (A, B, C, D, E) gebe es viele andere Viruserkrankungen mit einer Leberbeteiligung, zum Beispiel solche durch Zytomegalieviren, Ebstein-Barr-Viren unter anderem, selten auch einmal Adenoviren, meist dann bei Patienten mit Immunerkrankungen, erklärte der Kindergastroenterologe weiter. Ein Zusammenhang mit SARS-CoV-2 sei theoretisch zwar denkbar, aber nicht sehr plausibel. “Alle beschriebenen Kinder sind durch ein SARS-CoV-2-Screening gegangen. Das hätte dann überzufällig häufig positiv ausfallen müssen. Wir sind nun seit einiger Zeit in dieser Pandemie, derartige Hepatitis-Fälle wären früher schon einmal aufgefallen. Auch einen Zusammenhang mit der Impfung schließe ich aus.”

Wahrscheinlicher sei, dass mit den Lockerungen in Großbritannien zunehmend Kinder und Jugendliche in relativ kurzer Zeit aus der Isolation kamen und auf einmal vielen Keimen ausgesetzt gewesen weisen, mit denen sie zuvor aufgrund diverser Lockdown- oder anderer Maßnahmen nicht in dieser Fülle in Kontakt gekommen seien, mutmaßte Rodeck. “Grundsätzlich wäre das natürlich auch ein Szenario, das wir in Deutschland bei weitgehenden Lockerungen sehen könnten.”