Haut­krebs­re­port 2019: Trotz Nobel­preis­me­dizin immer noch tödlich

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Die Deutschen sind Früherkennungsmuffel: Jährlich nutzt nur jeder fünfte gesetzlich Versicherte das kostenlose Hautkrebsscreening. Diese und viele weitere Fakten rund um das Thema Hautkrebs haben das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) und die Universität Bremen zusammen mit der Techniker Krankenkasse (TK) in ihrem aktuellen Hautkrebsreport 2019 zusammengefasst.

UV-Strahlung gilt als der wichtigste Risikofaktor für Hautkrebs. “Meist liegt die Ursache für die Erkrankung schon Jahrzehnte zurück. 20 bis 30 Jahre braucht Hautkrebs, um sich zu entwickeln“, erklärt Professor Matthias Augustin, Dermatologe am UKE und Herausgeber des Reports.

Mit dem Alter steigt daher das Risiko, an Hautkrebs zu erkranken, erheblich an. Besonders betroffen ist die Altersgruppe der 75- bis 79-Jährigen, das zeigen die Zahlen der GKV-Versicherten. Von ihnen erkranken durchschnittlich 843 von 100.000 Versicherten im Jahr an schwarzem Hautkrebs. Zum Vergleich: Bei den 20- bis 24-Jährigen sind es nur 41 von 100.000 Versicherten. Dabei zeigen sich auch Unterschiede zwischen den Geschlechtern: Bis zu einem Alter von 60 Jahren erkranken mehr Frauen an einem malignen Melanom als Männer. Danach kehrt sich das Bild um. 

Ins Auge fällt bei der Statistik das so genannte Sonnenbankknie: “In der Altersgruppe der 45- bis 54-jährigen Frauen ist ein deutlicher Anstieg an Diagnosen mit schwarzem Hautkrebs zu erkennen. Ursachen könnten eine vermehrte Nutzung von Sonnenbänken und häufiges Sonnenbaden in früheren Jahren sein”, erläutert Augustin diesen auffälligen Anstieg der Erkrankungszahlen. 

Nur jeder Fünfte geht zur Früherkennung

Im Zeitraum zwischen 2015 und 2017 nahm pro Jahr nur jeder fünfte gesetzlich Versicherte eine Früherkennung bei einem Hautarzt oder seinem Hausarzt in Anspruch. Regulär übernimmt die gesetzliche Krankenversicherung die Kosten für Hautkrebsscreenings erst ab dem 35. Lebensjahr. Die TK sogar ab dem 20. Lebensjahr.

Künstliche Intelligenz unterstützt den Arzt bei der Diagnose

Moderne Technik wird Ärzte zukünftig dabei unterstützen, bösartige Hautveränderungen noch zuverlässiger zu diagnostizieren. Computersysteme werten Fotobefunde verdächtiger Hautstellen in Echtzeit aus und helfen dem Arzt bei der Diagnosestellung. Dr. Baas: “In wenigen Jahren rechnen wir mit qualitativ hochwertigen Apps, die auch von Patienten zur Früherkennung von Hautkrebs genutzt werden können.

In naher Zukunft helfen neue Technologien Ärzten, ihre Diagnosen sicherer zu machen und Hautkrebs früher erkennen zu können. Auch die Qualität der Versorgung wird gesteigert, etwa in Regionen, wo ein Mangel an Dermatologen herrscht. Erste Ansätze wie das TK-Projekt ‘TeleDermatologie’ gibt es dazu schon heute”, betont Baas.

Regionale Unterschiede bei Hautkrebsfrüherkennung und -verbreitung 

Quelle: © Hautkrebsreport 2019

Interessant ist ein Blick auf die Deutschlandkarte: Nordrhein-Westfalen mit fast 48.000, Bayern mit rund 33.000 und Baden-Württemberg mit 26.000 Fällen sind diejenigen Länder, wo Hautkrebs am häufigsten dokumentiert ist. Im Verhältnis zur Bevölkerungszahl verzeichnen Hessen (21.500), Niedersachsen (23.000) und Thüringen (6.000) die meisten Erkrankten.

Auch bei den Screenings zeigen sich regional Auffälligkeiten: Die Berliner, Thüringer und Sachsen-Anhaltiner sind dabei besonders früherkennungsfaul – dort gehen weniger als 17 Prozent der gesetzlich Versicherten pro Jahr zum Screening.  

Nobelpreismedizin hilft bei der Behandlung von Hautkrebs 

Geradezu bahnbrechende Fortschritte hat die Medizin in den vergangenen Jahren bei der Therapie von schwarzem Hautkrebs gemacht. Die medikamentöse Therapie basiert zunehmend auf modernen Immuntherapeutika, die dem Körper dabei helfen, Tumore selber zu bekämpfen.

Da die Immuntherapie deutlich wirkungsvoller und verträglicher als die Chemotherapie ist, ist sie heute aus dem Behandlungsalltag nicht mehr weg zu denken. “Neue Daten aus Zulassungsstudien konnten zeigen, dass über 30 Prozent der Patienten mit metastasiertem Melanom inzwischen mehr als fünf Jahre überleben. Das ist deutlich länger als bei einigen Chemotherapien”, erläutert Professor Gerd Glaeske, Arzneimittelexperte der Universität Bremen, der ebenfalls an dem Report mitwirkte.

“Für die Entdeckung dieses neuen Wirkprinzips, den so genannten Checkpoint-Inhibitoren, wurde zu Recht im Jahr 2018 der Nobelpreis für Medizin verliehen”, so Glaeske weiter. Ähnlich sieht es bei der Auswertung der TK-Patientendaten aus: Nach vier Jahren leben noch 35 Prozent der Patienten, die eine solche Therapie erhielten. Dr. Baas: “Bei aller berechtigten Freude über die neuen Arzneimittel müssen die neuen Therapien erst noch zeigen, dass sie genauso gut sind wie in den Studien versprochen. Früherkennungen und Sonnenschutz bleiben weiterhin wichtig, um das Hautkrebsrisiko möglichst gering zu halten.”

Die Ursache von Hautkrebs ist meist verhaltensbedingt

Trotz allen erblichen Veranlagungen ist Hautkrebs vor allem eine verhaltensbedingte Erkrankung. Die Vermeidung übermäßiger UV-Strahlung sowie effektiver Schutz durch Kleidung und Sonnencremes können das Risiko, an Hautkrebs zu erkranken, deutlich verringern.

“Jeder Sonnenbrand ist einer zu viel. Langfristige UV-Belastungen schaden der Haut nachhaltig, darüber müssen wir uns noch stärker bewusst werden”, sagt Professor Glaeske. Der Experte rät daher zu konsequentem Sonnenschutz, insbesondere bei Kindern. “Der Report gibt wichtige Hinweise zum Umgang mit der Sonne. Denn der Sonnenbrand von heute ist der Hautkrebs von morgen”, unterstreicht Glaeske.