Im Rahmen von Bemühungen, den Einsatz von PPIs zu reduzieren, liefert eine US-Studie wichtige Erkenntnisse

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In einer neuen Studie thematisieren deren Autoren Maßnahmen, um den übermäßigen Einsatz von Protonenpumpenhemmern (PPIs) zu reduzieren. Ihr Ansatz sei potenziell vielversprechend, habe aber auch seine Tücken.

Die von den Wissenschaftler im „British Medical Journal“ veröffentlichten Ergebnisse zeigen auch, dass einige der im Zusammenhang mit PPI immer wieder genannten Risiken möglicherweise nicht ganz so groß sind wie gedacht.

Bei dem in der Publikation beschriebenen Intervention wurden die Menge der PPI-Verschreibungen (und von Folgerezepten) bei solchen Patienten begrenzt, die die Medikamente ohne dokumentierten Grund einnahmen. Alte Verschreibungen wurden nicht automatisch fortgeführt und sowohl Patienten als auch deren behandelnden Ärzte über Alternativen aufgeklärt.

Die Forschenden testeten die Maßnahme im Rahmen einer bestimmten Versorgungsregion innerhalb des Veterans Health Administration System an rund 250.000 Patienten. Die Intervention führte insgesamt zu einer massiven Senkung des PPI-Gebrauchs beziehungsweise der Verschreibungen um fast 30 Prozent.

Allerdings, so berichten die Studienautoren, habe das Bestreben, den potenziell unnötigen PPI-Einsatz zu reduzieren, auch eine unbeabsichtigte Folge gehabt: nämlich einen Rückgang der Verschreibungen an solche Patienten, die eigentlich ständig PPI brauchen, weil die übrigen von ihnen eingenommenen Medikamente ein hohes Risiko für gastrointestinale Blutungen mit sich bringen. Dafür, dass PPIs zur Vorbeugung solche Blutungen wirksam sind, gebe es starke Evidenz, schreiben die Forschenden. Sie merken aber auch an, dass die Bemühungen zur Reduktion von PPI-Verschreibungen unabhängig vom Grund für deren Einnahme erfreulicherweise nicht zu einer Zunahme von Arztbesuchen mit gastrointestinalen Diagnosen führte. Auch kam es nicht zu einer Zunahme gastrointestinaler Blutungen bei Patienten mit einem hohen Risiko für solche Ereignisse – was darauf hindeute, dass die Maßnahme zum Absetzen von PPI an sich sicher war.

Interessanterweise, so stellten die Studienautoren fest, sei im Zusammenhang mit der Intervention die Rate vermeintlicher negativer PPI-Effekte in der getesteten Versorgungsregion im Vergleich zu anderen nicht gesunken – wie Nierenerkrankungen, Schlaganfall, Herzinfarkt oder Pneumonien. Hüftfrakturen – ein weiteres in früheren Untersuchungen mit PPI in Zusammenhang gebrachtes Risiko – gingen um nur einen geringen Prozentsatz zurück.

Dies untermauert nach Auffassung der Studienautoren Evidenz aus anderen hochwertigen Studien, laut denen PPIs einen Marker für solche Patienten darstellen könnten, bei denen das Risiko für bestimmte unerwünschte Folgeereignisse besteht, deren Ursache sie aber wahrscheinlich nicht sind.

Aus diesem Grund, so resümieren die Wissenschaftler, liegen die Hauptvorteile des Verzichts auf PPIs wohl eher in den Kosten und dem Aufwand, der mit der Einnahme weiterer Medikamente verbunden ist, als in der Senkung eines klinischen Risikos.

Die Autoren hatten für ihre Studie Daten aus mehreren Jahren vor und nach der Einführung des PPI-Verschreibungsprogramms im Veterans Health Administration System für die Versorgungsregion Texas sowie Teile der US-Bundesstaaten New Mexico und Oklahoma verwendet.

„Diese Intervention hat so gut funktioniert, weil sie bis zu einem gewissen Grad unfreiwillig war – das Ausstellen von Folgerezepten konnten bei Patienten ohne klare Indikation für das Medikament nicht mehr automatisch erfolgen“, erläutert Dr. Jacob Kurlander, Erstautor der Studie und Gastroenterologe an der Universitätsmedizin Michigan und am Lieutenant Colonel Charles S. Kettles VA Ann Arbor Medical Center (USA). „Gleichzeitig haben wir beobachtet, dass auch Patienten, die im Sinne einer Blutungsprävention von PPIs profitieren – was von Ärzten manchmal übersehen wird – von dieser Maßnahme auch betroffen waren.“ Dies zeige, dass man bei Bemühungen um eine Reduktion von Verschreibungen noch mehr Sorgfalt walten lassen muss, damit sichergestellt ist, dass man ein Medikament bei einem Patienten, der es wirklich benötigt, nicht versehentlich absetzt. „Unsere Ergebnisse deuten auch darauf hin, dass PPIs möglicherweise nicht so schädlich sind, wie manche befürchtet haben“, fügt der Mediziner hinzu.

Vor Beginn des hier beschriebenen Programms erhielten etwa 26 Prozent der Veteranen im ganzen Land, die über das Veterans Health Administration System grundversorgt wurden, innerhalb von sechs Monaten ein PPI. Am Ende des Studienzeitraumes im Jahr 2019 hatten nur etwa 15 Prozent der Veteranen in der getesteten Region ein PPI-Rezept erhalten, verglichen mit etwa 22 Prozent in den anderen Regionen. Damit gingen PPI-Verschreibungen innerhalb der Interventionsregion um 30 Prozent zurück und es kam bis zum Ende des Studienzeitraumes zu einem absoluten Rückgang der PPI-Verschreibungen von mehr als sieben Prozent zwischen der Interventionsregion und den übrigen Regionen. Die Wissenschaftler verknüpften sogar Daten der Betroffenen aus dem Veterans Health Administration System mit deren Medicare-Daten – für den Fall, dass sie außerhalb des Veteranen-Systems behandelt worden. Auch prüfte man Informationen aus Sterbeurkunden, um nach Ursachen für kardiovaskuläre Todesfälle zu suchen. Die Forschenden fanden keine Unterschiede zwischen der Region, in der die Intervention stattfand, und den übrigen Regionen.