Immunzellen des Gehirns sind für die Vernetzung des jugendlichen Gehirns entscheidend

In der Pubertät finden im frontalen Kortex wichtige Veränderungen statt. (Foto: © Matthieu – stock.adobe.c0m)

Die Mikroglia spielen eine Schlüsselrolle dabei, wie sich das Gehirn während der Pubertät an die Veränderungen im frontalen Kortex anpasst. Das berichten Forscher des Del Monte Institute for Neuroscience an der University of Rochester, USA, in „Nature Communications“.

Einen Smoothie zubereiten, einen Abendspaziergang machen oder Empathie für einen geliebten Menschen empfinden – all dies sind Beispiele für exekutive Funktionen, die vom frontalen Kortex des Gehirns gesteuert werden. Dieser Bereich des Gehirns durchläuft während der Pubertät tiefgreifende Veränderungen, und gerade in dieser Zeit können Anomalien in den reifenden Schaltkreisen den Grundstein für neurologische Entwicklungsstörungen wie Schizophrenie und ADHS legen. Forscher des Del Monte Institute for Neuroscience an der University of Rochester haben nun herausgefunden, dass die Immunzellen des Gehirns entscheidend dazu beitragen, wie sich das Gehirn während der Pubertät an die Veränderungen in diesem Bereich anpasst. Dies könnte den Forschenden zufolge die Behandlung von neurologischen Entwicklungsstörungen während dieser Phase und möglicherweise auch bis ins Erwachsenenalter hinein verändern.

„Ein besseres Verständnis der Möglichkeiten, wie wir Veränderungen in diesen Schaltkreisen vorantreiben können, bietet neue Ansatzpunkte für die Behandlung von Krankheiten“, erklärte Rianne Stowell, PhD, wissenschaftliche Mitarbeiterin für Neurowissenschaften am University of Rochester Medical Center und Erstautorin der Studie. „Dieser Bereich ist während der Pubertät ebenfalls anfällig für Veränderungen, sowohl positive als auch negative. Frühere Arbeiten in unserem Labor haben gezeigt, dass sowohl die direkte Aktivierung der frontalen Dopamin-Schaltkreise als auch belohnendes Verhalten die Plastizität der dopaminergen Verbindungen zum frontalen Kortex während der Pubertät, nicht jedoch im Erwachsenenalter, fördern.“

Immunzellen unterstützen die Verbindung der Schaltkreise

Die dopaminergen Schaltkreise im Gehirn bestehen aus Netzwerken von Neuronen, die Dopamin zur Übertragung von Informationen nutzen. Diese Schaltkreise sind für die Regulierung von Gehirnfunktionen wie Bewegung, Motivation und Kognition von entscheidender Bedeutung. Bewegung oder Laufradtraining für Mäuse ist eine natürliche, belohnende Erfahrung, die den frontalen Dopamin-Kreislauf aktiviert. Anhand dieses Modells und mithilfe der Optogenetik beobachteten die Forscher, dass Mikroglia im lebenden Gehirn in den frontalen dopaminergen Kreislauf jugendlicher Mäuse einbezogen werden. Die Immunzellen reagierten auf die dopaminerge Aktivierung, indem sie Kontakt zu den Axonen herstellten, woraufhin sich entlang dieser Axone neue Endknöpfchen bildeten. Laut Stowell zeigt dies, dass Mikroglia einen direkten Einfluss auf die erhöhte Konnektivität des dopaminergen Kreislaufs haben. Grundsätzlich scheinen die Immunzellen des Gehirns eine Schlüsselrolle bei der Stärkung des Kommunikationsnetzwerks des Gehirns zu spielen.

„Wir waren überrascht zu sehen, dass der Kontakt der Mikroglia mit dem Axon vor der Bildung neuer Endknöpfchen stattfindet“, erklärte Stowell. „Diese Forschung legt nahe, dass Mikroglia sehr empfindlich auf Veränderungen der Dopaminaktivität reagieren und dass es einen zwingenden Zusammenhang zwischen dem Kontakt der Mikroglia und strukturellen Veränderungen am Axon gibt.“

Ein Ziel im erwachsenen Gehirn finden

Untersuchungen im Wang-Labor zeigten weiterhin, dass die Verabreichung des Dopamin-D2-Rezeptoragonisten Quinpirol die Plastizität im Jugendalter blockierte. Umgekehrt stellte die Verabreichung eines D2-Antagonisten, dem Antipsychotikum Eticloprid, an erwachsene Mäuse die Mikroglia-Rekrutierung zu Axonen wieder her und förderte die Bildung neuer Endknöpfchen. Stowell zufolge müssen zukünftig erforscht werden, ob die Kombination von pharmakologischen Therapien mit Dopaminstimulation, beispielsweise durch Bewegung, zur Behandlung von psychiatrischen Störungen beitragen könnte, die durch Defizite in diesem Bereich des Gehirns beeinflusst werden.

„Wir wollen nun auf molekularer Ebene bestimmen, was genau Mikroglia innerhalb des Kreislaufs tun. Zum Beispiel, wie sie das Wachstum von Endknöpfchen beeinflussen“, erklärte die Forscherin. „Wir werden pharmakologische Manipulationen spezifischer Mikroglia-Signalsysteme sowie Einzelzell-Sequenzierung einsetzen, um zu erforschen, was diesen Kreislauf während der Adoleszenz, aber nicht im Erwachsenenalter formbar macht.“ (ej)