Infektiös sowie alters- und stressbedingt: Zwei molekulare Subtypen des Morbus Crohn22. Oktober 2024 Histologische Aufnahmen von aus Patientenstammzellen gewonnenen Darmorganoiden: gesund (li.), M. Crohn vom SF2CD-Subtyp (Mi.) und vom IDICD-Subtyp (re.). Quelle: © UC San Diego Health Sciences In Untersuchungen an Organoiden, die sie aus adulten Stammzellen des Darmgewebes von Morbus-Crohn-Patienten generiert hatten, haben US-Forscher entdeckt, dass es zwei molekulare Subtypen der Erkrankung gibt. Die kürzlich in „Cell Reports Medicine“ veröffentlichten Ergebnisse könnten den Grundstein für eine bessere Diagnostik und die Entwicklung personalisierter Behandlungsmöglichkeiten legen, je nachdem, an welchem Subtyp ein Patient leidet. Die Forscher entnahmen während routinemäßiger Koloskopien im Inflammatory Bowel Disease Center der UC San Diego Health (USA) Darmgewebeproben von 53 M.-Crohn-Patienten, die wiederum nicht miteinander verwandt waren und eine Vielzahl klinischer Symptome aufwiesen. Wissenschaftler des UC San Diego HUMANOID Center of Research Excellence an der UC San Diego School of Medicine unter der Leitung der Direktorin und Erstautorin der Studie, Courtney Tindle, erstellten anschließend eine Art Biobank mit Organoidkulturen der Patienten. Organoide aus adulten Stammzellen In älteren Studien zu M. Crohn wurden Organoide aus pluripotenten Stammzellen gewonnen, die zu Darmzellen umprogrammiert wurden. Die Entwicklung der Organoide aus adulten Stammzellen im Darmgewebe repliziere die Merkmale der Erkrankung jedoch genauer, erklärt die leitende Studienautorin Prof. Pradipta Ghosh, Zell- und Molekularmedizinerin sowie Geschäftsführerin des HUMANOID Center. „Die pluripotenten Stammzellen – ob aus Blut- oder Hautzellen gewonnen – tragen die genetischen Merkmale des Patienten, können aber die entzündete Umgebung im Darm des Patienten nicht kennen“, erläutert Ghosh. Im Gegensatz dazu behalten die adulten Stammzellen ein epigenetisches Gedächtnis der Darmumgebung, das in den genetischen Hintergrund eingeprägt ist – einschließlich einer Vorgeschichte bakterieller Besiedlung, Entzündung und verändertem Sauerstoff- sowie pH-Wert. „Wir zeigen hier, dass aus adulten Stammzellen gewonnene Organoide den entzündeten Darm genau nachahmen, die pluripotenten Zellen jedoch versagen.“ Bei der Analyse stellten die Forschenden zu ihrer Überraschung fest, dass die Organoide – egal, wie viele klinisch unterschiedliche Patienten die Wissenschaftler rekrutierten – durchgängig auf einen von nur zwei verschiedenen molekularen Subtypen entfielen, jeder mit einzigartigen Mustern von Genmutation, Genexpression und zellulären Phänotype. Zwei Subtypen: IDICD und S2FCD Der erste Subtyp – der immundefiziente infektiöse M. Crohn (IDICD) – ist demnach gekennzeichnet durch Probleme bei der Beseitigung von Krankheitserregern und eine unzureichende Zytokinreaktion des Immunsystems. Diese Patienten neigen zur Bildung eitriger Fisteln. Der andere Subtyp ist der stress- und altersbedingte fibrostenotische M. Crohn (S2FCD). Dessen Merkmale sind Zellalterung und Stress. Die von diesem Subtyp betroffenen Patienten neigen zur Entwicklung einer Fibrosierung des Darmepithelgewebes, was zu Strikturen führen kann. Ghosh glaubt, dass die Entdeckung dieser beiden unterschiedlichen molekularen Subtypen zu einer Veränderung des traditionellen Verständnisses des M. Crohn führen wird. Anstatt Patienten anhand einer großen Bandbreite klinischer Symptome zu klassifizieren, könnte die Kategorisierung nach einem der beiden molekularen Subtypen die Tür zu individuelleren und wirksameren Behandlungsstrategien öffnen. „Derzeit erhalten sie alle aufgrund mangelnden Verständnisses dieser grundlegend unterschiedlichen Subtypen dieselbe Behandlung – eine Therapie nach Schema F“, sagte Ghosh. „Diese Kombination entzündungshemmender Medikamente hilft einem Teil der Patienten, aber nur vorübergehend.“ Die Studie ergab, dass Patienten mit dem IDICD-Subtyp möglicherweise besser Therapien erhalten sollten, die stattdessen die bakterielle Infektion beseitigen. Im Gegensatz dazu sind für Patienten mit dem S2FCD-Subtyp laut Ghosh Medikamente erforderlich, die die Zellalterung angreifen oder umkehren – zellbasierte und stammzellbasierte Therapien, die die Zellalterung bremsen. Das Testen verschiedener Medikamente an Organoiden von Patienten wird Ghosh zufolge dabei helfen, herauszufinden, welche Medikamente für den jeweiligen molekularen Subtyp am wirksamsten sind. Die Medizinerin ergänzt, dass derzeit an der Genotypisierung der beiden Subtypen gearbeitet werde. Das Ziel: Die Entwicklung eines einfachen Tests, mit dem sich schnell feststellen lässt, an welchen Subtyp ein Patient leidet. „Ich hoffe, dass Morbus Crohn nach Abschluss der genetischen Untersuchungen als zwei molekulare Subtypen betrachtet wird, die auf zwei völlig unterschiedliche Arten behandelt werden sollten.“ Zukünftige Behandlungsstrategien könnten eines Tages personalisierte Zelltherapien umfassen, darunter Gen-Editing und RNA-basierte Behandlungen. „Traditionell behandeln wir diese Krankheit mit entzündungshemmenden Medikamenten – ein Ansatz, der mit dem Löschen von Bränden verglichen werden kann. Mit dieser Studie – der ersten von vielen, die auf der laufenden Arbeit und den Bemühungen basieren, dies in die Klinik zu übertragen – hoffen wir, den Brandstifter ins Visier zu nehmen, der in erster Linie für das Feuer verantwortlich ist.“
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