Infektionen und Multiresistenzen: Fachverbände fordern eigenen Facharzt18. Dezember 2017 Foto: © sdecoret/Fotolia Patienten mit schweren Infektionen profitieren davon, wenn sie bereits früh von spezialisierten Fachärzten mitbehandelt werden. Dieser bereits mehrfach untersuchte Zusammenhang wird nun in einer aktuellen Studie italienischer Wissenschaftler erneut bestätigt. Der Studie zufolge war die Sterblichkeit älterer Patienten mit einer Blutvergiftung deutlich niedriger, wenn die Ärzte der Intensivstation von einem sogenannten „Sepsis-Team“ unterstützt wurden. Die Deutsche Gesellschaft für Infektiologie (DGI) nimmt die Studie zum Anlass, erneut auf den Mangel an infektiologisch weitergebildeten Ärzten in Deutschland hinzuweisen. Ihre Forderung nach einer eigenen Facharztausbildung wird auch von der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) unterstützt. Die Studie, die im Fachblatt „Clinical Infectious Diseases“ veröffentlicht wurde, basiert auf den Daten von insgesamt 382 Patienten, die mit schwerer Sepsis oder septischem Schock auf die Intensivstation kamen. Rund die Hälfte der Patienten wurde eingeliefert, bevor ein infektiologisch spezialisiertes Team auf der Station tätig war. Die andere Hälfte der Patienten wurde zu einem späteren Zeitpunkt und dann mit Unterstützung eines „Sepsis-Teams“ behandelt. Durch das rasche Hinzuziehen der Spezialisten – sie waren bereits binnen einer Stunde nach Einlieferung am Krankenbett – reduzierte sich der Anteil der Patienten, die innerhalb der ersten 14 Tage verstarben, von 39 auf 29 Prozent. Infektiologische Standards wie das Anlegen einer Blutkultur um geeignete Antibiotika zu identifizieren, die Messung der Laktatwerte im Blut und eine rasche Flüssigkeitstherapie waren unter Aufsicht der Infektiologen deutlich häufiger eingehalten worden, zeigte die Studie. „Diese Untersuchung zeigt einmal mehr, welche Bedeutung einer Beratung und Mitbehandlung durch Infektiologen, erst recht bei so schweren infektiologischen Erkrankungsbildern wie der Sepsis, zukommt“, sagt Prof. Gerd Fätkenheuer, Präsident der DGI und Leiter der Infektiologie am Universitätsklinikum Köln. Dieser Zusammenhang wurde bereits in der Vergangenheit mehrfach belegt: 2016 etwa hatten Wissenschaftler einer Reihe internationaler Studien gesichtet und deren Ergebnisse zusammengefasst: Hier zeigte sich, dass bei einer durch das Bakterium Staphylococcus aureus ausgelösten Blutstrominfektion die Behandlung durch einen Infektiologen die Sterblichkeit der Patienten um fast die Hälfte senken konnte. Drei Aspekte waren nach Aussage dieser Übersichtsarbeit für die Behandlungsergebnisse entscheidend: Dass ein ausgewiesener Infektiologe zu Rate gezogen wurde, dass dies früh geschah und dass sich dieser persönlich am Krankenbett ein Bild machte. Doch nach wie vor sind Spezialisten für Infektionskrankheiten im deutschen Gesundheitssystem nicht regelhaft vorgesehen: In den meisten Kliniken hierzulande sind keine Stellen für Infektiologen eingeplant, und gerade an kleinen Krankenhäusern stehen oft nicht einmal infektiologische Konsiliardienste zur Verfügung. Während in Ländern wie Schweden oder den USA auf eine Million Einwohner mehr als 20 auf Infektiologie spezialisierte Fachärzte kommen, sind es in Deutschland nur rund sieben. Angesichts der wachsenden Bedrohung durch multiresistente Keime und der zunehmenden Zahl von besonders gefährdeten älteren und immunsupprimierten Patienten sei dieser Zustand nicht länger hinnehmbar, so die Experten der DGI. Seit dem vergangenen Jahr fördert das Bundesgesundheitsministerium Weiterbildungen, mit denen Ärzte die Zusatzbezeichnung „Infektiologe“ erwerben können. „Das ist ein wichtiger Zwischenschritt, der jedoch nicht ausreichen wird, um die Versorgungssituation in der Infektionsmedizin langfristig zu sichern und die großen Herausforderungen, die sich uns stellen – gerade auch hinsichtlich der Reduktion von Krankenhausinfektionen und der Eindämmung von Infektionen mit multiresistente Erregern –, zu bewältigen“, sagt Fätkenheuer. Hierfür sei es nötig, die Infektiologie auf allen Ebenen deutlich zu stärken: Im Studium, in der ärztlichen Fort- und Weiterbildung und durch die Etablierung eines eigenen Facharztes. Die DGI setzt sich intensiv für die Schaffung eines Facharztes „Facharzt für Innere Medizin und Infektiologie“ ein. Sie wird darin von allen infektionsmedizinischen Fachgesellschaften und von der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM), die sämtliche internistische Schwerpunkte unter sich vereint, unterstützt. Literatur: Viale P et al. Clin Infect Dis. 2017 Oct 15;65(8):1253-1259. Rieg S, Küpper MF. Infection 2016; 44:159-66
Mehr erfahren zu: "Weniger Kassenabrechnungen: Praxen rechnen häufiger privat ab" Weniger Kassenabrechnungen: Praxen rechnen häufiger privat ab Privat oder Kasse? Der Anteil aus Kassenabrechnungen an Einnahmen in Arztpraxen ist 2023 gesunken, Praxen rechnen häufiger privat ab. Je nach Fachgebiet gibt es allerdings deutliche Unterschiede.
Mehr erfahren zu: "RSV-Immunisierung scheint vor Asthma zu schützen" RSV-Immunisierung scheint vor Asthma zu schützen Ein belgisch-dänisches Forscherteam hat Belege dafür gefunden, dass eine Infektion mit dem Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV) im frühen Kindesalter das Risiko für Asthma im Kindesalter deutlich erhöht. Entsprechend könnte die Immunisierung […]
Mehr erfahren zu: "Typ-2-Diabetes: Vergleichbare Auswirkungen mehrerer GLP-1-RA auf Herz und Nieren" Weiterlesen nach Anmeldung Typ-2-Diabetes: Vergleichbare Auswirkungen mehrerer GLP-1-RA auf Herz und Nieren Neue Studienergebnisse aus den USA legen nahe, dass die Glucagon-like Peptide-1-Rezeptoragonisten (GLP-1-RA) Liraglutid, Semaglutid und Dulaglutid gleichermaßen sichere Behandlungsoptionen für Patienten mit Typ-2-Diabetes darstellen können.