Internationale Datenanalyse: Neue Erkenntnisse zu Darmkrebs aus Hunderten von Studien

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Eine kürzlich veröffentlichte Analyse von mehr als 100.000 Fällen von Kolorektalkrebs sowie von 154.000 gesunden Kontrollpersonen hat Hunderte von Signalen ergeben, die als neue Behandlungs- und Präventionsziele dienen könnten.

Nach Angaben der Studienautoren ist die aktuelle Untersuchung doppelt so umfangreich wie frühere genomweite Assoziationsstudien. Beteiligt an der Arbeite waren Wissenschaftler von Hunderten von Institutionen in Europa, Nordamerika und Asien.

„Dies ist ein großer Schritt zum Verständnis der Komplexität der genetischen Anfälligkeit für Darmkrebs“, erklärt Dr. Stephanie Schmit, stellvertretende Vorsitzende des Genomic Medicine Institute an der Cleveland Clinic (USA), die zu der Gruppe der Erstautoren der Studie gehört. Sie war außerdem für die ebenfalls in die Analyse aufgenommene Colorectal Transdisciplinary Study (CORECT) mitverantwortlich. „Die Daten lassen einige Wege erkennen, die Potenzial für die Prävention und Therapie der Erkrankung besitzen, und tragen weiter zur Erforschung beteiligter Mechanismen außerhalb des Kolons bei, wie zum Beispiel des Immunsystems.“

Die Autoren der Analyse verglichen genomische Daten von Menschen mit und ohne Darmkrebs, um genetische Assoziationen mit der Erkrankung zu ermitteln. Bei der Auswertung genomischer, transkriptomischer und methylomischer Daten konnten 250 unabhängige Risikoassoziationen identifiziert werden, von denen 50 zuvor nicht bekannt waren. Die Wissenschaftler fand in ihren Analysen auch 155 hochgradig zuverlässige Effektorgene, die für Moleküle kodieren, die die biologische Aktivität beeinflussen.

Das „Gesamtbild“ von Darmkrebs verstehen

Nach der Identifizierung der Gene konnten die Forschenden dann untersuchen, welche risikoassoziierten Gene Veränderungen in anderen Geweben außerhalb der Dickdarmschleimhaut verursachen, in der sich kanzeröse Polypen entwickeln. Die Ergebnisse zeigten, dass mehr als ein Drittel der Effektorgene höchstwahrscheinlich außerhalb der Mukosa des Kolons wirken.

Die Studie ergab auch, dass das Darmkrebsrisiko von einer Veränderung der normalen Darmfunktion auf molekularer Ebene herrührt: Die Autoren nennen in diesem Zusammenhang Homöostase, Proliferation, Zelladhäsion, Migration, Immunität und mikrobielle Interaktionen.

Laut den Forschenden zeigen die Ergebnisse, dass die identifizierten Gene mehrere Systeme beeinflussen könnten, darunter Herz-Kreislauf-, Nerven- und Immunfunktionen. Die Studie belege auch, dass Darmmikrobiom ebenfalls ein potenzielles Interessengebiet für zukünftige Forschung auf diesem Gebiet darstellt. Die neue Analyse und die fortgesetzte Zusammenarbeit der Forschenden sei ein „Sprungbrett“ für weitere Forschungsanstrengungen, die in die klinische Praxis umgesetzt werden könnten, erklärt Schmit. „Diese Forschungsbemühungen helfen zu bestätigen, welche Wege in der Darmkrebsforschung weiter beschritten werden sollten“, ergänzt die Wissenschaftlerin. „Die zusätzlichen Daten zu biologischen Signalwegen liefern Informationen zur Identifizierung des genetischen Risikos für Darmkrebs und dazu, wie diese Erkenntnisse möglicherweise für ein risikostratifiziertes Screening und für die Entwicklung neuer Präventions- und Behandlungsansätze genutzt werden könnten.“