Kaiserschnittgeburt: Antibiotika können die Gesundheit Neugeborener nachhaltig beeinflussen11. Mai 2022 In vielen Geburtskliniken kommen per Kaiserschnitt entbundene Kinder schon vor der Geburt mit Antibiotika in Kontakt. (Foto: ©Irina Schmidt – stock.adobe.com) Eine beim Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) durchgeführte Studie hat die Auswirkung des Zeitpunkts antimikrobieller Infektions-Prophylaxe der Mütter bei Kaiserschnittentbindungen auf die Entwicklung der Darmflora in Neugeborenen untersucht. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass der Kontakt mit Antibiotika vor der Geburt die Gesundheit der Kinder nachhaltig beeinflussen kann. Weltweit nimmt die Zahl der Geburten durch Kaiserschnitt zu; alleine in Deutschland wurde im Jahr 2019 fast jedes dritte Kind (31 %) durch Kaiserschnitt entbunden. Um Infektionen bei den Müttern zu vermeiden, ist in den Geburtskliniken eine antimikrobielle Prophylaxe bei der Operation Standard. Internationale Leitlinien empfehlen die Gabe der antimikrobiellen Prophylaxe 30 bis 120 Minuten vor dem Eingriff, was zur Folge hat, dass die Neugeborenen noch im Mutterleib mit Antibiotika in Kontakt kommen. Tierstudien haben gezeigt, dass der Kontakt mit Antibiotika vor oder während der Geburt einen deutlichen Einfluss auf die Zusammensetzung des Darm-Mikrobioms – die Gesamtheit der Mikroorganismen im Darm – mit potenziellen langfristigen Konsequenzen in den Nachkommen hat; dazu gehören ein erhöhtes Risiko für Kindheitsasthma, Allergien und Fettleibigkeit. In einer im Rahmen des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) durchgeführten Studie hat ein Forschungsteam aus Lübeck, Kiel und Würzburg nun untersucht, inwiefern der Zeitpunkt der Antibiotika-Gabe bei Kaiserschnitt-Entbindung – vor dem Öffnen der Bauchdecke oder nach Abklemmen der Nabelschnur – die mikrobielle Besiedlung des Darms von Neugeborenen sowie die Entwicklung antimikrobieller Resistenzen beeinflusst. Dazu verglichen sie die Zusammensetzung der mikrobiellen Flora in Stuhlproben (Mekonium sowie im Alter von einem Monat und einem Jahr entnommene Proben) von Säuglingen, deren Mütter entweder direkt vor der Kaiserschnitt-Operation oder erst nach Abklemmen der Nabelschnur Antibiotika erhalten hatten. Mittels Gensequenzierung bestimmten die Wissenschaftler die mikrobielle Zusammensetzung der verschiedenen Stuhlproben und entwickelten Vorhersagemodelle für die sich daraus ergebenden metabolischen Unterschiede der Darmfloren. „Unsere Studie zeigt, dass der Zeitpunkt der prophylaktischen Antibiotika-Gabe die Entwicklung der Darmflora – insbesondere das Vorherrschen bestimmter Bakteriengattungen und Stoffwechselwege – in Kindern im ersten Lebensjahr signifikant beeinflussen kann,“ erklärt Studienleiter Prof. Christoph Härtel. Darüber hinaus entdeckten die Forschenden, dass Gene für Antibiotikaresistenzen bereits in den ersten Lebenstagen erworben wurden. Im Rahmen der Studie, die als Pilotstudie mit einer geringen Anzahl von insgesamt 40 Probanden durchgeführt wurde, konnte allerdings kein deutlicher Zusammenhang des Vorhandenseins von Resistenzgenen mit vorgeburtlichem Kontakt mit Antibiotika festgestellt werden. „Das Vorhandensein von Resistenzgenen schon in den ersten Lebenstagen ist ein Warnsignal und weist darauf hin, dass ein früher Kontakt mit Antibiotika soweit als möglich vermieden werden sollte, um später notwendige antimikrobielle Therapien nicht durch bereits vorhandene Resistenzen zu gefährden,“ betont Co-Studienleiter Prof. Jan Rupp, DZIF-Wissenschaftler und Direktor der Klinik für Infektiologie und Mikrobiologie am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein/Universität zu Lübeck.
Mehr erfahren zu: "Arbeitszeitgesetz: Marburger Bund sieht drohende Aufweichung" Arbeitszeitgesetz: Marburger Bund sieht drohende Aufweichung Der Marburger Bund (MB) lehnt die im Koalitionsvertrag angekündigte Reform des Arbeitszeitgesetzes entschieden ab. In einem Positionspapier weist er auf bestehende Möglichkeiten hin, schon jetzt flexible Modelle „in ausreichendem Maße“ […]
Mehr erfahren zu: "Cochrane Review: Hautkontakt nach der Geburt wirkt positiv" Cochrane Review: Hautkontakt nach der Geburt wirkt positiv Wird ein gesundes Neugeborenes innerhalb der ersten Stunde nach der Geburt auf die unbedeckte Brust seiner Mutter gelegt, verschafft ihm dies wahrscheinlich einen besseren Start ins Leben: So lässt sich […]
Mehr erfahren zu: "Polio-Impfung bleibt unverzichtbar" Polio-Impfung bleibt unverzichtbar Der 24. Oktober ist Welt-Polio-Tag. Die Impfung gegen Kinderlähmung gilt als eine der größten Errungenschaften der Prävention. Eine aktuelle Studie unter Beteiligung von Wissenschaftlern der Universität Bielefeld zeigt nun: Trotz […]