Kalorienarme Ernährung verändert Darmmikrobiom und Immunalterung22. April 2022 Darm mit Firmicutes und Bacteroidetes Bakterien. (Quelle: © CMFI/Leon Kokkoliadis) Eine kalorienreduzierte Ernährung kann nicht nur die Entstehung von Stoffwechselerkrankungen hinauszögern, sondern hat auch eine positive Wirkung auf das Immunsystem. Forschende konnten jetzt erstmals zeigen, dass dieser Effekt über ein verändertes Darmmikrobiom vermittelt wird, das die Immunseneszenz verlangsamt. Weltweit sind etwa zwei Milliarden Menschen übergewichtig. Adipositas erhöht das Risiko, an Bluthochdruck, Herzinfarkt oder Typ-2-Diabetes zu erkranken und kann Entzündungen im Körper verursachen, die das Immunsystem durch die Zunahme von bestimmten T- und B-Gedächtniszellen schwächen. Der Prozess wird als Immunseneszenz bezeichnet. Bei adipösen Menschen lässt sich die Entwicklung von Stoffwechselkrankheiten wie Typ-2-Diabetes durch eine Ernährung mit wenig Kalorien hinauszögern. Zudem wirkt sich eine solche Diät auch positiv auf das Immunsystem aus. Doch wie genau die positiven Effekte vermittelt werden und welche Rolle das Darmmikrobiom dabei spielt, ist bisher nicht bekannt. In einer aktuellen Studie haben Wissenschaftler jetzt die Wechselwirkungen zwischen kalorienreduzierter Ernährung, Mikrobiom, Stoffwechsel und dem Immunsystem untersucht. Kalorienreduzierte Ernährung verändert das Darmmikrobiom Dafür analysierten sie zunächst, wie sich eine sehr kalorienarme Ernährung (800 kcal/Tag über 8 Wochen) auf das Darmmikrobiom einer fettleibigen Frau auswirkt. Im nächsten Schritt transplantierten die Forschenden das Darmmikrobiom vor und nach der Diät in ein Modell, in dem keine Mikroorganismen vorhanden sind (gnotobiotisches Modell). „So konnten wir die alleinigen Effekte des diätgeprägten Darmmikrobioms auf den Stoffwechsel und das Immunsystem ermitteln“, erläutert Dr. Reiner Jumpertz-von Schwartzenberg, Letztautor der Studie und Wissenschaftler am Institut für Diabetesforschung und Metabolische Erkrankungen des Helmholtz Munich an der Universität Tübingen, einem Partner des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD). Er leitete gemeinsam mit Hans-Dieter Volk und Joachim Spranger von der Charité die Studie. Diätgeprägtes Mikrobiom verbessert den Stoffwechsel und verzögert Immunseneszenz Durch die Transplantation des diätgeprägten Mikrobioms verbesserte sich der Glukosestoffwechsel und die Fettablagerung wurde reduziert. Zudem konnte massenzytometrisch gezeigt werden, dass sich auch die Anzahl bestimmter T- und B-Gedächtniszellen reduzierte. „Das weist auf eine verzögerte Immunseneszenz hin“, erläutert Dr. Julia Sbierski-Kind, Erstautorin der Studie. „Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die positiven Auswirkungen einer kalorienarmen Ernährung auf den Stoffwechsel und das Immunsystem über das Darmmikrobiom vermittelt werden“, fasst Sbierski-Kind zusammen. Die Autoren der Studie betonen jedoch, dass die Untersuchung bislang nur mit dem Mikrobiom eines Menschen durchgeführt wurde und dass die Experimente mit weiteren Probanden wiederholt werden müssen, um die Ergebnisse zu bestätigen. Die neuen Erkenntnisse könnten langfristig auch für die medizinische Praxis interessant sein. „Ein verbessertes Verständnis des komplexen Zusammenspiels zwischen Ernährung, Mikrobiom und Immunsystem kann die Grundlagen für die Entwicklung neuartiger mikrobiombasierter, therapeutischer Optionen für die Behandlung von Stoffwechselkrankheiten und Immunkrankheiten legen“, betont Jumpertz-von Schwartzenberg. Ziel der Studie war es, die Wechselwirkungen zwischen kalorienreduzierter Ernährung, Mikrobiom und dem Immunsystem zu ermitteln. Dazu wurde ein menschlicher Ernährungsinterventionsversuch mit gnotobiotischen Experimenten kombiniert, bei denen die Immunphänotypisierung mittels multidimensionaler Einzelzell-Massenzytometrie bestimmt wurde. An den Untersuchungen waren folgende Institute und Forschungseinrichtungen beteiligt: Deutsches Zentrum für Diabetesforschung (DZD e. V.), Institut für Diabetesforschung und Metabolische Erkrankungen (IDM) des Helmholtz Munich an der Universität Tübingen, Abteilung für Innere Medizin IV des Universitätsklinikums Tübingen, Exzellenzcluster EXC 2124 „Controlling Microbes to Fight Infections“ (CMFI) an der Universität Tübingen, Institut für Medizinische Immunologie, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Abteilung für Endokrinologie und Stoffwechsel der Charité-Universitätsmedizin Berlin, Berliner Institut für Gesundheit der Charité – Universitätsmedizin Berlin, Flow & Mass Cytometry Core Facility, Berlin
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