Kein gehäuftes Vorkommen unklarer schwerer Hepatitis im Kindesalter in Deutschland

Foto: © tashatuvango – stock.adobe.com

Bislang gibt es in Deutschland keine Häufung von Fällen unklarer oder adenovirus-assoziierter Hepatitis. Das geht aus einer Umfrage der Gesellschaft für Pädiatrische Gastroenterologie und Ernährung (GPGE)  in allen von ihr zertifizierten Behandlungszentren Deutschlands hervor.

Anfang April dieses Jahres wurde aus einer Region in Schottland ein gehäuftes Vorkommen von Hepatitiden bei Kindern gemeldet. Dabei ging es um zehn Fälle von Kindern unter sechs Jahren mit Hepatitis, wobei keine der herkömmlichen Hepatitis Viren A, B, C, D oder E festgestellt wurden. Aufgrund dieser Häufung von Fällen wurde die Suche ausgeweitet. Bis zum 8. April wurden in Großbritannien insgesamt 74 Kinder mit dieser Erkrankung diagnostiziert. Eine Ausweitung der Suche durch das European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) ergab bis zum 27. April etwa 191 Fälle, die Mehrzahl aus Großbritannien. Aus Deutschland wurde bisher ein Fall berichtet. Viele dieser als „unklare Hepatitis“ bezeichneten Erkrankungen wurden auf ein bekanntes Virus, das Adenovirus, positiv getestet. Ein direkter Zusammenhang zu Infektionen mit Sars-CoV-2 oder zu einer vorherigen Impfung gegen Sars-CoV-2 konnte ausgeschlossen werden.

Die Gesellschaft für Pädiatrische Gastroenterologie und Ernährung (GPGE) hat eine Umfrage in allen von ihr zertifizierten Behandlungszentren Deutschlands durchgeführt. Aus keinem der 41 GPGE-Zentren wurde bislang eine Häufung von Fällen unklarer oder adenovirus-assoziierter Hepatitis gemeldet. Kinder mit einer Gelbsucht und Leberentzündung sollten zur weiteren Abklärung am besten an einem für Lebererkrankungen im Kindesalter spezialisierten Zentrum vorgestellt werden.

Prof. Patrick Gerner, Vorstandsmitglied der GPGE, und leitender Oberarzt der Klinik für Allgemeine Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Freiburg, erklärt hierzu: „In unseren Behandlungszentren können wir derzeit keine Häufung unklarer oder adenovirus-assoziierter Hepatitis feststellen. Wir gehen daher nicht davon aus, dass aktuell eine besondere Verbreitung dieses Krankheitsbildes bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland vorliegt. Wir behalten die Situation aber im Blick und raten dazu, in Verdachtsfällen unbedingt ein spezialisiertes Zentrum aufzusuchen.“

Aufgrund der in vielen Fällen diagnostizierten Adenoviren handelt es sich nur bei einem Teil der berichteten Fälle tatsächlich um eine „unklare Hepatitis“. Eine Hepatitis kann durch zahlreiche verschiedene Viren verursacht werden und verläuft häufig mild. Aktuell werden die Fälle wissenschaftlich weiter untersucht, um zu verstehen, weshalb es zu diesen schweren Verläufen im Rahmen der Adenovirusinfektion gekommen ist.

Außerdem müsse berücksichtigt werden, dass das Erkrankungsbild „unklare Hepatitis“ im Kindesalter seit langem bekannt ist. Es sei für auf Lebererkrankungen spezialisierte Kinderärzte nicht ungewöhnlich, dass in etwa der Hälfte der Fälle keine Ursache für die Leberentzündung gefunden werden könne. Dies treffe gerade bei schweren Hepatitiden zu, erklärte die GPGE.

Dennoch bedürfe es Aufmerksamkeit, um eine mögliche Häufung von Fällen mit Hepatitis frühzeitig zu erkennen.

Die GPGE steht hierzu in engem Austausch mit dem RKI und beteiligt sich an der vom RKI und den Gesundheitsämtern begonnenen Initiative zur Fallmeldung. Zudem wirken Mitglieder der GPGE an verschiedenen Netzwerken wie dem European Reference Network for Hepatological Diseases (ERN RARE-Liver) und an wissenschaftlichen Publikationen mit. Ziel dieser Initiativen ist, eine wissenschaftlich fundierte Grundlage zu schaffen, um zu klären, ob es tatsächlich eine signifikante Häufung dieses Erkrankungsbildes gibt. Nach Einschätzung der GPGE kann dies derzeit für Deutschland verneint werden.