KI-Modelle können schwere Leberkomplikationen präzise vorhersagen11. November 2025 Abbildung: © Aliaksandr Marko/stock.adobe.com Forschende der Medizinischen Universität (MedUni) Wien haben ein von ihnen zuvor entwickeltes, Bluttest-basiertes Machine-Learning-Modell auf seine prognostische Aussagekraft bei klinisch signifikanter portaler Hypertension (CSPH) hin überprüft – mit positivem Ergebnis. Die sogenannten Vienna 3P- beziehungsweise 5P-Modelle, die auf lediglich drei beziehungsweise fünf Routine-Laborparametern beruhen, können den Krankheitsverlauf bei Patienten mit fortgeschrittener chronischer Lebererkrankung vorhersagen. Invasive Verfahren oder spezielle Geräte sind dafür nicht notwendig. Test in unabhängigen Patientenkohorten Ursprünglich an der MedUni Wien (Österreich) entwickelt und 2023 im „Journal of Hepatology“ erstmals publiziert, dienen die Modelle der nicht invasiven Diagnose einer klinisch signifikanten CSPH. In der nun vorliegenden Folgestudie wurden die KI-Modelle erstmals in unabhängigen Patientenkohorten getestet. Dabei konnten sie das Auftreten schwerer leberbezogener Komplikationen – wie Aszites, Varizenblutung oder hepatische Enzephalopathie – präzise vorhersagen. Die Studie entstand in Zusammenarbeit mit der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Autoren kürzlich im Journal „JHEP Reports“. Im Mittelpunkt der Untersuchung standen Patienten mit kompensierter fortgeschrittener chronischer Lebererkrankung (cACLD). Das Forschungsteam um Dr. Georg Kramer und Prof. Thomas Reiberger von der Klinischen Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie der Universitätsklinik für Innere Medizin III der MedUni Wien und des AKH Wien analysierte Daten von 266 Patienten. Diese wurden im Wiener Labor für hepatische Hämodynamik untersucht. Anschließend validierten die Mediziner die Ergebnisse in einer unabhängigen externen Kohorte an der MHH, die 215 weitere Patienten umfasste. Bisherige Untersuchungen erfordern Spezialisierung Die portale Hypertension stellt einen zentralen Treiber für Komplikationen bei cACLD dar. Der hepatische Venendruckgradient (HVPG) gilt als Goldstandard zur Beurteilung dieses Drucks, erfordert jedoch einen invasiven, katheterbasierten Eingriff, der nur in spezialisierten Zentren durchgeführt wird. Elastographie-basierte Verfahren wie die Lebersteifigkeitsmessung (LSM) bieten zwar eine nicht invasive Alternative, benötigen jedoch teure Geräte und Expertise geschulten Personals, was ihren routinemäßigen Einsatz in vielen Gesundheitseinrichtungen einschränkt. Um diese Einschränkungen zu überwinden, entwickelte das Wiener Forschungsteam die Wiener 3P- und 5P-Modelle. Dabei handelt es sich um vollständig blutbasierte, durch Künstliche Intelligenz (KI) entwickelte Modelle, die den Schweregrad der portalen Hypertension sowie das Risiko für künftige Komplikationen allein auf Basis von Standardlaborwerten abschätzen. Die prognostische Genauigkeit dieser Modelle war in der Studie mit der des HVPG vergleichbar und übertraf die der bildgebenden Untersuchungsmethode Elastographie. „Unsere Modelle bieten eine einfache, kosteneffiziente und einfach wiederholbare Möglichkeit, den Schweregrad der portalen Hypertension zu bestimmen und – wie wir nun zeigen konnten – auch den weiteren Krankheitsverlauf vorherzusagen“, erklärt Erstautor Kramer. „Damit ermöglichen sie ein individuelles Risikomonitoring, auch außerhalb spezialisierter Zentren.“ Schritt in Richtung individualisierte Behandlung und Nachsorge Die Möglichkeit, die Progression einer Lebererkrankung ausschließlich über Bluttests zu beurteilen, stellt nach Auffassung der Autoren einen wichtigen Schritt hin zu einer individualisierten Betreuung von Patienten mit chronischer Lebererkrankung dar. Da die Wiener 3P- und 5P-Modelle problemlos im Rahmen von Routinekontrollen wiederholt werden können, ermöglichen sie ein kontinuierliches Tracking des Krankheitsverlaufs und eine dynamische Anpassung der Therapie- und Überwachungsstrategien. Dieser Ansatz könnte helfen, Patienten mit höherem Risiko gezielt zu erkennen, frühzeitig präventive Therapien einzuleiten und eine engmaschigere Betreuung zu ermöglichen – während bei anderen Betroffenen belastende und kostenintensive Untersuchungen reduziert werden können. Langfristig, so glaubt man an der MedUni Wien, könnten diese Modelle somit zu einer effizienteren Nutzung medizinischer Ressourcen beitragen. Potenzial sehen die Forschenden hier insbesondere in Regionen, in denen der Zugang zu spezialisierten diagnostischen Verfahren wie der invasiven HVPG-Messung oder Elastographie eingeschränkt ist.
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