Knorpeltransplantat: Von der Nase auf dem Weg zum Patienten-Knie12. Dezember 2025 Die Technische Angestellte Eva-Maria-Kaindl übergibt das Knorpeltransplantat im Reinraum der Kinderklinik. Foto: Kirstin Linkamp/UKW Im Rahmen der ENCANTO-Studie bringen Mediziner des Uniklinikums erstmals in Würzburg ein dort hergestelltes Knorpeltransplantat, gezüchtet aus Zellen aus der Nase, auf dem Weg zu einem Patienten. Sebastian Häusner, Leiter der Qualitätskontrolle in der Arbeitsgruppe von PD Dr. Oliver Pullig am Lehrstuhl für Funktionswerkstoffe der Medizin und der Zahnheilkunde des Universitätsklinikums Würzburg, brachten Mitte Dezember gemeinsam mit dem Würzburger Team den ersten im Rahmen der europäischen klinischen ENCANTO-Studie gezüchteten Knorpel aus der Nase eines Patienten zur Behandlung seiner Gonarthrose auf den Weg. Innerhalb von 24 Stunden wird das Knorpeltransplantat zu einer teilnehmenden Klinik innerhalb Europas in einen Patienten implantiert werden. ENCANTO steht für „Engineered Cartilage from Nose for the Treatment of Osteoarthritis” (künstlich hergestellter Knorpel aus der Nase zur Behandlung von degenerativem Gelenkverschleiß). Insgesamt sollen an elf klinischen Zentren in verschiedenen europäischen Ländern 150 Patientinnen und Patienten rekrutiert werden. Die Würzburger Arbeitsgruppe „GMP-konforme ATMP-Entwicklung“ stellt gemeinsam mit einem Team aus Basel die Implantate her. Dazu werden Knorpelzellen aus der Nasenscheidewand der Patienten entnommen, im Labor vermehrt und auf einer strukturgebenden Kollagenmatrix zu neuem Knorpelgewebe (N-TEC) gezüchtet. Dieses wird anschließend in das Kniegelenk eingesetzt, um den Knorpel zu regenerieren. Das Ziel besteht darin, die Schmerzen bei patellafemoraler Arthrose zu lindern, die Gelenkbeweglichkeit zu verbessern und eine gelenkerhaltende Therapie anstelle dauerhafter Gelenkprothesen zu ermöglichen. GMP-Herstellungseinrichtung am Uniklinikum Würzburg Gut vier Wochen lang wuchs der Knorpel in den Reinräumen Stammzelltransplantationszentrums unter der Leitung von Prof. Matthias Eyrich, das nach dem Regelwerk der Good Manufacturing Practice (GMP) arbeitet. „Man kann die Knorpelaktivität schon ganz gut in der Petrischale beurteilen, wenn sich das Gewebe zu allen Seiten verzieht. Aber wir brauchen natürlich einen handfesten Beweis“, erklärt Häusner. Das mikrobiologische Monitoring des künstlichen Knorpels unter der Leitung von PD Dr. Heike Claus am Institut für Hygiene und Mikrobiologie fiel bereits positiv aus. Das Knorpeltransplantat ist steril und frei von Kontaminationen und kann somit sicher dem Patienten implantiert werden. Doch wie haben sich die Zellen entwickelt? Knorpeltransplantat: Viabilität wird am Institut für Pathologie begutachtet Um dies zu prüfen, holen Häusner und die technische Angestellte Eva Baumann neben dem Transplantat auch eine Gewebeprobe im Reinraumlabor ab und bringen diese zum Institut für Pathologie der Universität (Leitung: Prof. Andreas Rosenwald). Dort wird die Probe mit dem Namen „Paula”, der alle Knorpeltransplantate der ENCANTO-Studie am UKW bezeichnet, in mehrere vier bis acht Mikrometer dünne Scheiben geschnitten. Die PD Dr. Elena Gerhard-Hartmann begutachtet einen der Schnitte mit Blick auf die Viabilität. Die Pathologin gibt grünes Licht. Letzte Qualitätskontrolle am Lehrstuhl für Funktionswerkstoffe der Medizin und Zahnheilkunde Doch noch kann das Transplantat nicht freigegeben werden. Weiter geht es mit dem Taxi von Grombühl zum Lehrstuhl für Funktionswerkstoffe der Medizin und Zahnheilkunde an den Röntgenring. Hier werden die Gewebearchitektur und die Zellmorphologie bewertet. Dazu färbt Baumann Proteoglykane im Knorpel an. Je intensiver die Probe rot gefärbt ist, desto mehr Proteoglykane sind vorhanden und desto besser ist die Knorpelqualität. Auch die Zellmorphologie wird geprüft. Als letzten Schritt begutachten Häusner und Baumann die Probe unabhängig voneinander. Nur ein hoher Modified-Bern-Score bedeutet, dass der Knorpel die strengen Qualitätsanforderungen von ENCANTO erfüllt. Danach können der Sponsor in Basel sowie der diensthabende Orthopäde im klinischen Zentrum des Patienten können benachrichtigt werden, dass das Transplantat auf den Weg gebracht wird. Knorpeltransplantat made in Würzburg „Der Erfolg des N-TEC beruht nicht nur auf der sehr guten internationalen Zusammenarbeit, sondern auch auf der exzellenten lokalen Zusammenarbeit vor Ort“, betont Pullig, der Leiter der Herstellungseinrichtung. „Von der Befundung des Gewebes durch die Pathologie, dem mikrobiologischen Monitoring durch die Hygiene bis hin zur Arbeit in den Reinräumen des GMP-Stammzelltransplantationszentrums – der hier hergestellte Knorpelersatz ist ein echtes Produkt ‚made in Würzburg‘. Gerade diese enge Vernetzung der klinischen und universitären Zentren bildet das Rückgrat des wissenschaftlichen und klinischen Fortschritts am UKW.“
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