Kolonkarzinom: „Boostern“ des Darmmikrobioms mit Helicobacter hepaticus stärkt Antitumor-Immunität bei Mäusen

Tertiäre lymphoide Strukturen, die T-Helfer-Zellen, B-Zellen und natürliche Killerzellen enthalten, schaffen ein günstiges Umfeld für die Reifung der Immunzellen und zeigen an, dass Krebsbehandlungen erfolgreicher sind. (Abbildung: © Abigail Overacre-Delgoffe)

Ein im Darmmikrobiom von Mäusen häufig vorkommendes Bakterium kann das Immunsystem der Tiere aufrüsten, um Krebszellen im Dickdarm zu bekämpfen. wie Forschende der University of Pittsburgh School of Medicine (USA) berichten.

Die Studienergebnisse belegen, dass das Bakterium Helicobacter hepaticus im Mausmodell die adaptive Immunantwort verstärkt und eine selektive Aktivierung von T-Helfer-Zellen und Antikörper-produzierenden B-Zellen auslöst, wodurch Tumore im Kolon schrumpfen und das Überleben bei Mäusen verlängert wird. Die Untersuchung liefert damit den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zufolge starke Evidenz für die Nutzung der Darmmikrobiota zur Behandlung von fortgeschrittenen Kolonkarzinomen, die gegen konventionelle Medikamente und Immuntherapien resistent sind.

„Die Veränderung des Darmmikrobioms muss nicht auf Zufall beruhen, um einen therapeutischen Vorteil zu erzielen“, erklärt Prof. Timothy Hand, Assistenzprofessor für Immunologie an der University of Pittsburgh School of Medicine und korrespondierender Autor der Studie. „Anstatt Stuhltransplantate zu verwenden und zu hoffen, das man die richtige mikrobielle Zusammensetzung erhält, sind wir jetzt in einer viel besseren Position für die Entwicklung wirksamer Medikamente, die auf von nützlichen Bakterien produzierten Molekülen basieren.“

Krebserkrankungen des Kolons sprechen aufgrund der Fähigkeit des Tumors zu Veränderungen seiner Mikroumgebung und damit der Entdeckung durch das Immunsystem zu entgehen nicht ohne weiteres auf Immuntherapien an. Um davon betroffenen Patientinnen und Patienten zu helfen, muss man auf einfachere Behandlungsmethoden zurückgreifen – wie Operationen, Chemotherapie und Strahlentherapie. All diese Verfahren können jedoch zum Teil stark beeinträchtigende Nebenwirkungen haben. Einen Weg zu finden, um nicht auf eine Immuntherapie ansprechende Krebserkrankungen sensibel für dieses Verfahren zu machen, könnte eine bahnbrechende Entdeckung sein, schreibt die University of Pittsburgh in einer Mitteilung zur Veröffentlichung der genannten Studie. Interessanterweise seien die Behandlungsergebnisse bei einigen Betroffenen nach einer Kolorektalkrebstherapie besser als bei anderen, und das Darmmikrobiom könnte der Schlüssel zur Lösung dieses Rätsels sein.

Um zu testen, ob die Anti-Tumor-Immunität durch eine Modulation der Zusammensetzung der Bakterienpopulation im Dickdarm verbessert werden könnte, besiedelten die Forschenden den Darm von Mäusen, die an Dickdarmkrebs litten, mit H. hepaticus – einem Bakterium, das sich in der Darmschleimhaut ansiedelt und eine starke Immunreaktion hervorruft.

Reduktion der Anzahl und Größe von Tumoren nach Zugabe von H. hepaticus

Die Zugabe von H. hepaticus reduzierte die Anzahl und Größe von Tumoren signifikant und verlängerte die Lebensdauer der Tiere. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beobachteten eine erhöhte Infiltration von T-Helfer-Zellen, B-Zellen und natürlichen Killerzellen (NK) in die Tumorstelle sowie die Bildung hochorganisierter Strukturen, die eine günstige Umgebung für die Reifung der Immunzellen schaffen und darauf hindeuten, dass Krebstherapien wahrscheinlicher erfolgreich sind.

Die Forschenden konnten keine verstärkte Aktivierung zytotoxischer T-Zellen feststellen, was darauf hindeutet, dass die Strategie für Darmkrebs überdacht werden muss, damit stattdessen T-Helfer-Zellen begünstigt werden.

„Den Einfluss von Darmbakterien auf den Erfolg von Krebstherapien zu ignorieren, scheint ein massiver Fehler zu sein“, unterstreicht Hauptautorin Dr. Abigail Overacre-Delgoffe, Postdoktorandin in der Abteilung für Pädiatrie an der University of Pittsburgh School of Medicine. „Wir müssen alles im Blick haben, was die Patientinnen und Patienten täglich durchmachen und dazu führen kann, dass Therapien erfolgreich sind oder fehlschlagen. Wir können die Bakterien nicht mehr ignorieren – sie beeinflussen alles.“