Kolonkarzinom: Forschende identifizieren Schlüsselgene für deren Entwicklung

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Obwohl manche der mit Darmkrebs assoziierten molekularen Veränderungen bekannt sind, ist ihr Beitrag zur Krebsentstehung noch nicht genau geklärt.

In einer kürzlich im „Journal of Clinical Investigation“ veröffentlichten Studie haben Forschende anhand von Mausmodellen und Untersuchungen von Darmkrebsgewebe darlegen können, dass der Verlust des SOX9-Gens eine Tumorprogression fördert und der von ihm regulierte Signalweg ein potenzielles Ziel für zukünftige Behandlungen sein könnte. Eric Fearon, Professor für Innere Medizin an der University of Michigan und Direktor des Rogel Cancer Center (USA) erklärt dazu: „In älteren Studien unseres und anderer Labore ist die Rolle von SOX9 bei Darmtumoren untersucht worden. Während in manchen Studien gezeigt wurde, dass SOX9 zu Darmkrebs beitragen kann, berichteten andere, dass eine reduzierte oder fehlende SOX9-Expression ein Faktor sein könnte, der zur Tumorentstehung beiträgt.“

Deaktivierung von SOX9 trägt zur Tumorprogression bei

Um die Rolle von SOX9 besser zu verstehen, wandte sich das Team Mausmodellen zu. Die Wissenschaftler deaktivierten nicht nur das SOX9-Gen im Kolongewebe, sondern auch das Tumorsuppressorgen APC, das bei 80 Prozent aller kolorektalen Karzinome deaktiviert ist.
Das Forschungsteam stellte fest, dass die kombinierte Inaktivierung von SOX9 und APC zu mehr invasiven Tumoren führte als die alleinige Inaktivierung von APC. Darüber hinaus hatte die Inaktivierung von SOX9 allein keine tumorfördernden Effekte.

„Obwohl unsere Ergebnisse nicht darauf hindeuten, dass SOX9 bei jedem Patienten mit kolorektalem Karzinom ein Tumorsuppressorgen ist, belegt unsere Arbeit, dass die Inaktivierung von SOX9 zur Tumorprogression beiträgt“, erklärt Fearon.

Die Forschenden entdeckten außerdem, dass der invasive Phänotyp bei kolorektalen Karzinomen mit niedrigem oder fehlendem SOX9 durch epithelial-mesenchymale Transition ermöglicht wird. Während dieser Veränderung erlangen Zellen, die normalerweise ortsfest an der Oberfläche des Dickdarms sind, die Fähigkeit zu wandern und sich in umliegendes Gewebe zu bewegen. „Diese Zellen weisen bestimmte Eigenschaften auf, die ihnen die Metastasierung in andere Körperregionen wie Leber, Lunge und Lymphknoten erleichtern“, erläutert Fearon.

Die Ergebnisse der Mausmodelle stimmten auch mit klinischen Daten von fast 400 Patienten aus der Datenbank der TCGA Colon and Rectal Cancer Cohort überein. Die Arbeitsgruppe stellte fest, dass bei 20 Prozent aller Krebserkrankungen SOX9 erniedrigt war oder völlig fehlte. Das Gesamtüberleben war bei Patienten mit niedrigeren SOX9-Werten kürzer, was die Rolle des Gens als Tumorsuppressor stützt.

Die Forscher arbeiten nun daran, das Zusammenspiel zwischen APC und SOX9 zu verstehen. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass noch viel zu tun ist“, sagt Fearon. „Wenn wir verstehen, warum die gezielte Behandlung beider Gene einen so deutlich anderen Effekt hat als die Behandlung jedes einzelnen Gens, können wir besser verstehen, warum die Untergruppe der Kolonkarzinome ohne SOX9 eine so schlechte Prognose hat.“