Kolorektalkarzinom: Rolle von Übergewicht bislang unterschätzt14. Januar 2025 Übergewicht ist laut einer neuen Analyse der DACH-Studie nicht für zehn, sondern etwa für 20 Prozent des Darmkrebsrisikos verantwortlich. (Foto: © Vadym/stock.adobe.com) Übergewicht erhöht das Darmkrebsrisiko – das Ausmaß ist jedoch laut Forschenden am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) bislang deutlich unterschätzt worden. Die Wissenschaftler haben einen großen Datenpool neu analysiert und kommen zu dem Schluss, dass Übergewicht für mehr als 20 Prozent der Darmkrebserkrankungen verantwortlich ist. Der Epidemiologie Prof. Hermann Brenner vom DKFZ vermutete schon lange, dass die bisherigen Schätzungen von runde zehn Prozent zu niedrig angesetzt sind. „Wir haben deshalb die Daten unserer großen DACHS-Studie, einer der weltweit größten Darmkrebs-Studien, noch einmal unter die Lupe genommen – mit Blick auf mögliche Verzerrungen, die in anderen Studien nicht ausreichend berücksichtigt wurden.“ Die genannte bevölkerungsbasierte Fall-Kontroll-Studie des DKFZ trägt den Titel „Darmkrebs: Chancen der Verhütung durch Screening“ und war 2003 gestartet. Gegenstand der Untersuchung waren Darmkrebspatienten sowie zufällig Kontrollpersonen ohne Darmkrebs, die über einen Zeitraum von zehn Jahren bezüglich ihres Krankheitsverlaufes nachbeobachtet wurden. Im Mittelpunkt standen Fragen zum optimalen Alter bei der ersten Vorsorgeuntersuchung, zu idealen Zeitintervallen für das Screening (insbesondere die Koloskopie) und die Notwendigkeit und Art und Weise einer Differenzierung solcher Intervalle. Ziel der DACHS-Studie war es aber auch zu ermitteln, wie stark weitere mit Darmkrebsprävention und -entstehung in Verbindung gebrachte Faktoren das Erkrankungsrisiko beeinflussen. Die aktuelle Analyse basiert auf Daten von 7098 Männern und Frauen mit Kolorektalkarzinom sowie 5757 nicht erkrankten Kontrollpersonen vergleichbaren Alters und Geschlechts aus der DACHS-Studie. Auch die Wohnorte der Probanden stimmen weitgehend überein. Von allen Studienteilnehmern wurden umfangreiche Informationen zu potenziellen Darmkrebs-Risikofaktoren einschließlich des Körpergewichts in verschiedenen Lebensphasen erhoben. Drei bisher nicht ausreichend untersuchte Fragestellungen Wie Marko Mandic, Erstautor der DKFZ-Studie, erläutert, hat man bislang bei Standardanalysen drei relevante Fragen nicht ausreichend berücksichtigt. Dazu gehört die danach, ob die Studienteilnehmer als Folge der Krebserkrankung womöglich schon vor der Diagnose abgenommen haben. Denn: Gewichtsverlust vor der Diagnose komme bei Darmkrebspatienten häufig vor. In älteren Studien zum Body-Mass-Index (BMI) und dem Auftreten von Darmkrebs sei deshalb wahrscheinlich das Ausmaß des Zusammenhangs unterschätzt worden. Auch müsse geprüft werden, ob die Studienteilnehmer mit erhöhtem Risiko sich schon vorher schon einmal einer Koloskopie unterzogen hatten. Das ist relevant, weil bei der Entdeckung von Krebsvorstufen im Rahmen einer zurückliegenden Koloskopie diese aller Wahrscheinlichkeit nach entfernt worden sind – was die Wahrscheinlichkeit für Darmkrebs senkt. Drittens stellt sich laut den DKFZ-Forschenden die Frage, ob das Darmkrebsrisiko möglicherweise schon unterhalb eines BMI, ab dem man von Übergewicht spricht (25 kg/m2, ansteigt. Da als biologischer Mechanismus hinter der Entwicklung von Kolorektalskarzinomen die kontinuierliche Freisetzung von Wachstumsfaktoren, Hormonen und entzündungsfördernden Substanzen durch das Fettgewebe vermutet wird, ist es laut den Wissenschaftlern möglich, dass auch bei Personen mit einem BMI unter diesem Grenzwert das Darmkrebsrisiko bereits zunimmt. (Ge)wichtiger Risikofaktor Nur wer die richtigen Fragen stellt, kann die richtigen Antworten bekommen, befanden die DKFZ-Forschenden und führten deshalb zwei verschiedene Analysen des DACHS-Datenpools durch. „Im ersten Durchlauf sind wir so vorgegangen, wie es in bisherigen epidemiologischen Studien üblich war”, berichtet Mandic. „Im zweiten Durchlauf dagegen haben wir mögliche Verzerrungen durch die drei Aspekte – Gewichtsverlust vor Diagnose, Darmspieglung im Vorfeld und Risikoanstieg bereits bei einem BMI unter 25 – sorgfältig herausgerechnet.”Bei der konventionellen Analyse im ersten Durchlauf kam heraus: 11,5 Prozent der Darmkrebserkrankungen sind Übergewicht zuzurechnen, was landläufigen Schätzungen entspricht. Im zweiten Durchlauf – nach den sorgfältigen ergänzenden Korrekturen – stieg die Bedeutung dieses Risikofaktors auf 23,4 Prozent. Großes Potenzial für Prävention „Unsere Ergebnisse legen nahe, dass das Übergewicht einen circa doppelt so großen Anteil an der Darmkrebsentstehung hat als bislang angenommen”, fasst Brenner zusammen. „Wir gehen davon aus, dass die Bedeutung des Übergewichts als Risikofaktor nicht nur mit Blick auf Darmkrebs bislang massiv unterschätzt wurde.” Übergewicht gilt auch als gesicherter Risikofaktor für andere Krebsarten wie zum Beispiel Brustkrebs. Angesichts der steigenden Zahlen von Übergewicht in der Bevölkerung unterstreicht Brenner die Notwendigkeit effektiver Präventionsstrategien. „Wir sprechen hier von hohen vermeidbaren Risiken und sollten die großen und bislang deutlich unterschätzten Potenziale der Krebsprävention in Zukunft viel mehr nutzen.”
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