Komplikationsrisiko bei Leberzirrhose: Neuer, einfach anzuwendender Algorithmus identifiziert Betroffene4. Oktober 2022 Thomas Reiberger, Benedikt Simbrunner, Oleksandr Petrenko, Jiří Reiniš, Stefan Kubicek (Foto: © Anna Yuwen, CeMM) Eine Forschergruppe aus Österreich hat einen Algorithmus entwickelt, der die Abschätzung des Risikos für schwere Komplikationen bei Patienten mit Leberzirrhose einfach und ohne invasive Eingriffe ermöglicht. Um das Risiko für Varizenblutungen und Aszites als Anzeichen einer dekompensierten Leberzirrhose festzustellen, ist es bisher erforderlich, eine invasive Messung des hepatovenösen Druckgradienten (HVPG) durchzuführen. Ab einem HVPG-Wert von 10 mmHg besteht prinzipiell ein Risiko für eine hepatische Dekompensation und ab einem HVPG-Wert von 16 mmHg steigt die Wahrscheinlichkeit dafür deutlich. Bis dato konnte dieses Risiko bei Patienten mit kompensierter Zirrhose nur durch die nicht überall verfügbare, invasive HVPG-Messung bestimmt werden. Wissenschaftler der Forschungsgruppe von PD Dr. Thomas Reiberger am CeMM Forschungszentrum für Molekulare Medizin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften sowie am Ludwig Boltzmann Institute for Rare and Undiagnosed Diseases (LBI-RUD) und an der Medizinischen Universität (MedUni) Wien sowie der Forschungsgruppe von Dr. Stefan Kubicek am CeMM haben nun einen Algorithmus entwickelt, der die Früherkennung des Risikos für eine hepatische Dekompensation schnell und einfach ermöglicht. In ihrer Studie trainierten die Erstautoren Jiří Reiniš (CeMM) und Oleksandr Petrenko (CeMM, LBI-RUD, MedUni Wien) Modelle für maschinelles Lernen auf Basis von Bluttestparameter von Patienten mit kompensierter Zirrhose, um HVPG-Werte von 10 mmHg oder mehr beziehungsweise 16 mmHg oder mehr zu erkennen und so diejenigen zu identifizieren, die prinzipiell ein Risiko beziehungsweise ein besonders hohes Risiko für die Entwicklung einer hepatischen Dekompensation haben. Identifikation der wichtigsten klinischen Parameter für Risiko-Prognose Die wichtigste Datenquelle für das Projekt war die laufende Wiener Zirrhose-Studie (Vienna Cirrhosis Study [VICIS]), die an der Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie der MedUni Wien und dem AKH Wien durchgeführt wird. Aus der Gesamtheit der klinischen Variablen wurden drei beziehungsweise fünf optimale Parameter für die Erkennung von Hochrisikopatienten rechnerisch ermittelt und ausgehend davon ein Drei- sowie ein Fünf-Parameter-Modell zur einfachen Bestimmung des Risikos für eine hepatische Dekompensation entwickelt. Studienleiter Reiberger erklärt: „Die Ergebnisse zeigen, dass mithilfe unseres entwickelten Algorithmus, durch eine simple Blutabnahme ganz einfach und schnell sowie ohne zusätzliche Belastung für PatientInnen eine präzisere Risikoabschätzung als mit anderen verfügbaren Methoden erreicht werden kann.“ Methode einfach durchführbar, Online-Rechner entwickelt Um die diagnostische Leistung des nichtinvasiven Drei- sowie des Fünf-Parameter-Modells zur Vorhersage eines HVPG von 10 mmHg oder mehr beziehungsweise von 16 mmHg oder mehr zu bewerten, wurden beide Modelle anhand eines multizentrischen Datensatzes von 1232 Patienten mit kompensierter Leberzirrhose aus acht europäischen klinischen Zentren validiert. „Der neuartige Ansatz erwies sich von ausgezeichnetem diagnostischem Wert. Nachdem der neue Test nur auf drei beziehungsweise fünf allgemein verfügbaren Parametern beruht, und keine spezielle und teure Ausrüstung erfordert, wie es zum Beispiel für die Messung der Lebersteifigkeit erforderlich wäre, und – im Gegensatz zur invasiven HVPG-Messung – auch kein Risiko für die PatientInnen birgt, ist er leicht und überall einsetzbar“, erklärt Reiberger. „Während eine HVPG-Messung zur genauen Verlaufskontrolle einer klinisch signifikanten oder schweren portalen Hypertension weiterhin erforderlich ist, könnte der neue, nichtinvasive Ansatz vor allem für die Risikofrüherkennung und somit Vermeidung einer Zirrhosedekompensation dienen oder auch für die Auswahl von PatientInnen, die von einer Teilnahme an klinischen Therapie-Studien besonders profitieren können.“ Aufgrund ihrer einfachen Anwendbarkeit kann die vorgeschlagene Methode bei Routineuntersuchungen ohne zusätzliche Kosten eingesetzt werden. Für den leichten und breiten Einsatz wurde ein Online-Rechner entwickelt, mit dem Kliniker die HVPG-Werte und das assoziierte Risiko für betroffene Patienten mit kompensierter Leberzirrhose berechnen können.
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