Konsultationsfassung der S3-Leitlinie Reizdarmsyndrom: Zahlreiche Neuerungen

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Aktuell steht die S3-Leitlinie „Reizdarmsyndrom” (RDS) als Konsultationsfassung zur Verfügung. Kommentare können bis zum 30. Juni abgegeben werden. Über die Neuerungen der Leitlinie berichtete anlässlich der Jahrespresskonferenz der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) PD Dr. Viola Andresen, Leiterin des Ernährungsteams im Viszeral-Medizinischen Zentrum des Israelitischen Krankenhauses Hamburg.

So sei eine Vielzahl neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse zur Pathophysiologie des RDS in die Leitlinie eingearbeitet worden, führte die Medizinerin aus. Im Bereich der Diagnostik liege der Schwerpunkt weniger auf Diagnoseverfahren, sondern eher auf wichtigen Differenzialdiagnosen, die in Abhängigkeit der vorherrschenden Symptome ausgeschlossen werden müssten. Der Bereich der Diagnostik ist nun unterteilt in die allgemeine Diagnostik und die spezielle Diagnostik. Letztere betrifft unter anderem die Ernährung: Hier sei die neue Version der Leitlinien deutlich umfangreicher als die letzte, betonte Andresen. Unter anderem seien die Themen „Gluten-Sensitivität“ und „Histamin-Intoleranz“ aufgenommen worden sowie eine negative Empfehlung für wissenschaftlich nicht etablierte Immunglobulin G (IgG)-basierte Tests für Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten. Vor unnötigen beziehungsweise problematischen Eliminationsdiäten werde gewarnt. Bei der speziellen Diagnostik für das Mikrobiom gebe es unter anderem eine negative Empfehlung für eine Stuhlanalyse auf Dysbiose. Des Weiteren enthält der Teil „spezielle Diagnostik“ auch einen die Psyche betreffenden Teil.

Die Therapie, so referierte Andresen, sei aufgeteilt in allgemeine, symptomunabhängige Therapieverfahren sowie in symptomorientierte medikamentöse Behandlungen. Unter die symptomunabhängigen Therapieverfahren fallen Allgemeinmaßnahmen und Erläuterung zur Ernährung in der Therapie des Reizdarmsyndroms. Dieser letztgenannte Teil sei deutlich umfangreicher als in der letzten Leitlinie, unterstrich Andresen, eine Low-FODMAP-Diät werde als mögliche Therapieoption empfohlen. Zudem wird die Psyche in der Therapie des RDS ausführlicher thematisiert als zuvor.

Beim Management des Mikrobioms in der Therapie des Reizdarmsyndroms gibt es eine positive Empfehlung für Präbiotika und Probiotika sowie eine Aktualisierung der Studienlage dazu. Neu bei der Nennung der Antibiotika ist Empfehlung für Rifaximin in anderweitig therapierefraktären Fällen des nicht obstipierten RDS. Der fäkale Mikrobiomtransfer wurde neu in die Leitlinie aufgenommen (keine Empfehlung). Genannt wird auch die nicht symptomspezifische medikamentöse Therapie (keine positiven Empfehlungen), die komplementäre Therapie (deutlich umfangreicher als in der letzten Leitlinie) und die chirurgische Therapie.

Weitere Kapitel der Leitlinie widmen sich medikamentösen symptomorientierten Therapien. Neu aufgenommen für die Diarrhoe wurden Colesevalam und Eluxadolin, zudem werden 5-HT3-Antagonisten nun stärker empfohlen. Eine stärkere Empfehlung als zuvor für die Therapie der Obstipation hat Makrogol erhalten; außerdem gibt es hier eine positive Empfehlung für Prucaloprid und Linaclotid. Für die Therapie von Schmerzen findet sich in der neuen Leitlinie eine: stärkere Empfehlung für Spasmolytika und eine spezifische Nennung von Pfefferminzöl. Bei den Antidepressiva: gibt es vor allem eine positive Empfehlung für trizyklische Antidepressiva – SSRI sind eher bei psychischer Begleitproblematik vorgesehen.

Weitere Neuerungen der Leitlinie bestehen laut Andresen in einem gänzlich separaten Kapitel zum RDS im Kindesalter und einer Aufstellung von Wirksamkeitstabellen zur Effektivität der Therapieverfahren bei den jeweiligen RDS-Subtypen und in einer Auflistung wichtiger Informationen wie Nebenwirkungen, Zulassungsstatus, oder ähnlichem. Neu sind auch Kommentare zu RDS-Schweregraden und Versorgungsstrukturen sowie die Aufnahme der Rom-IV-Kriterien in den Appendix.