Krankhaftes Schnarchen und Schlafapnoe – Chance Telemedizin19. Juni 2020 Foto: ©BVDC / Adobe Stock In Deutschland nutzen eine Million Schlafapnoe-Patienten die nächtliche Überdrucktherapie. Über ein integriertes Telemedizin-Modul können moderne CAP-Geräte Daten an den Patienten und den betreuenden Arzt senden. Chancen und Möglichkeiten von telemedizinischen Ansätzen haben in der Corona-Pandemie an Bedeutung gewonnen. Die Deutsche Geseschaft für Schlafmedizin (DGSM) befürwortet die bereits bestehenden telemedizinischen Möglichkeiten in der schlafmedizinischen Patientenversorgung zu nutzen und auszubauen. Dazu äußerte sich die Gesellschaft am 19. Juni in einer Online-Pressekonferenz. Ungefähr 44 Prozent der Männer und 28 Prozent der Frauen zwischen 30 und 60 Jahren gehören zu den chronischen Schnarchern. Dabei können Lautstärken entwickelt werden, die 90 Dezibel erreichen und einem durch das Schlafzimmer fahrendem LKW gleichkommen bzw. Werte von Lärmschutzverordnungen am Arbeitsplatz überschreiten. Beim krankhaften Schnarchen kommt es zusätzlich im Schlaf zu wiederholten Atemaussetzern mit resultierenden kurzen Weckreaktionen. Die durch diese Schlafapnoe bedingten Aktivierungen des Stressnervensystems führen zu Blutdruck- und Herzfrequenzanstiegen, die das Herz-Kreislauf-System belasten. Das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen steigt: Bluthochdruck und Herzrhythmusstörungen können entstehen und das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall kann deutlich ansteigen. Die Lebenserwartung gilt bei schweren unbehandelten Fällen als verkürzt. Die atmungsbedingten Weckreaktionen zerstören zusätzlich die Schlafarchitektur. Tief- und Traumschlaf, die für die körperliche und geistige Erholung notwendigen Schlafstadien, werden nicht mehr ausreichend durchlebt. Die Folge sind Müdigkeit, Schlappheit, Sekundenschlaf, Antriebsmangel, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen, Depressionen und ein erhöhtes Risiko für Unfälle im Straßenverkehr oder am Arbeitsplatz. Studien konnten zeigen, dass das Unfallrisiko bei einer unbehandelten Schlafapnoe bis auf das 10-fache im Vergleich zu Schlafgesunden ansteigen kann. Viele Patienten leiden unter Libidoverlust und erektiler Dysfunktion (Potenzstörungen). Studien zufolge leiden bis zu 30 Prozent der Bundesdeutschen an einer behandlungsbedürftigen Schlafapnoe. Die Dunkelziffer ist daher sehr hoch – das bedeutet, dass viele der Betroffenen gar nicht wissen, dass sie an einer Schlafapnoe leiden. Dabei gibt es heutzutage wirksame Therapiemethoden: Bei leichter und mittelschwerer Schlafapnoe können bereits eine Gewichtsreduktion und Alkoholkarenz hilfreich sein. Die Wirksamkeit von Unterkiefer-vorverlagernden Schienen wurde in Studien positiv bewertet. In Einzelfällen helfen auch chirurgische Therapieverfahren. Den Goldstandard in der Behandlung der obstruktiven Schlafapnoe (OSA) stellt jedoch die nächtliche Überdrucktherapie dar. Diese Therapie wirkt auch bei schweren Fällen rasch und sicher. Bereits nach einer kurzen Behandlungsdauer können Patienten eine deutliche Verbesserung in ihrem Befinden und Leistungsvermögen feststellen, im Langzeitverlauf kann bei ausreichender Therapienutzung das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen reduziert werden. In Deutschland nutzen aktuell ca. 1 Million Patientinnen und Patienten mit Schlafapnoe diese Therapie. Über ein integriertes Telemedizin-Modul können moderne Überdrucktherapiegeräte heutzutage sogar täglich Therapiedaten an den Patienten und den betreuenden Arzt senden. Studien konnten zeigen, dass dadurch Probleme mit der Therapie frühzeitig erkannt und gelöst werden können und sich damit der Patient besser an seine Therapie gewöhnen kann. Natürlich geschieht dies alles nur nach Zustimmung des Patienten und unter Einhaltung der strengen europäischen Datenschutzrichtlinien. Die Chancen und Möglichkeiten von telemedizinischen Ansätzen haben sich insbesondere in der Coronavirus-Pandemie gezeigt. So betonte Prof. Chrisoph Schöbel auf der Pressekonferenz: “Corona hat das ganze Thema Telemedizin noch nach vorne gebracht.” Er sieht die Vorteile der Telemedizin vor allem bei der Möglichkeit Daten im häuslichen Umfeld zu erheben und langfristige und individuelle Messungen durchzuführen. Gerade solche Langzeitmessungen erlauben ein besseres Management von chronischen Patienten, so Schöbel. So wird aktuell die Möglichkeit einer telemedizinischen Versorgung auch immer stärker von Patienten selbst nachgefragt. Bei der Umsetzung dieser neuen Technologien kommt insbesondere den schlafmedizinischen Praxen und Klinik-Ambulanzen eine wichtige Bedeutung zu. Hier bringt sich die DGSM als wissenschaftliche Fachgesellschaft aktiv ein, wie die Vertreter der Fachgesellschaft betonten. Denn um die bereits bestehenden telemedizinischen Möglichkeiten in der Patientenversorgung nutzen und ausbauen zu können, ist die dringliche Kostenübernahme dieser Maßnahmen durch die Krankenkassen notwendig. (red/ja)
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