Leberschäden im frühen Erwachsenenalter: Wenig körperliche Aktivität in der Kindheit kann ein Verursacher sein

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Kinder, die am Tag mehr als sechs Stunden im körperlich nicht aktiv sind und Zeit im Sitzen verbringen, besitzen ein signifikant erhöhtes Risiko dafür, als junge Erwachsene an einer schweren Fettlebererkrankung und Leberzirrhose zu leiden, wie eine neue Untersuchung zeigt.

Entsprechende Forschungsergebnisse hat Dr. Andrew Agbaje von der Universität Ost-Finnland in Kuopio (Finnland) auf dem diesjährigen Kongress der Endocrine Society in Boston (USA) vorgestellt und in „npj Gut and Liver“ publiziert. „Wir stellten fest, dass dieser Zusammenhang zwischen viel im Sitzen verbrachter Zeit und Leberschäden wahrscheinlich kausal ist“, erklärte der alleinige Verfasser der Arbeit. „Die Allgemeinheit muss sich dieser Gefahr durch einen sitzenden Lebensstil für die Gesundheit von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen bewusst sein“, ergänzte Agbaje, der auch mit der Universität Exeter (Großbritannien) assoziiert ist. Er unterstrich, dass fortgeschrittenen Fettlebererkrankungen und Leberzirrhose das Risiko für Leberkrebs in der Zukunft und die Notwendigkeit einer Lebertransplantation erhöhen können.

Für die nun vorgestellte Untersuchung analysiert man Daten aus einer Langzeitstudie an einer großen britischen Geburtenkohorte, der Avon Longitudonal Study of Parents and Children (ALSPAC; auch bekannt als „Children of the 90s“). Eingeschlossen in diese Studie waren 2684 Kinder, deren körperliche Aktivität im Alter zwischen elf und 24 Jahren immer wieder mit einem Akzelerometer gemessen wurden. Im Alter von 17 und 24 Jahren unterzogen sich die Teilnehmenden einer Leberuntersuchung mittels Ultraschall, mit dem Ziel, Hinweise auf eine Fettleber oder eine Vernarbung der Leber zu finden. Außerdem wurden an diesen beiden Zeitpunkten auch Leberenzymwerte im Blut gemessen.

Die Kinder in der Studie verbrachten im Mittel sechs Stunden am Tag im Sitzen beziehungsweise waren körperlich inaktiv, während es später im jungen Erwachsenenalter schon neun Stunden waren. In der Kindheit wendeten die Untersuchten sechs Stunden pro Tag für körperliche Aktivität geringer Intensität auf, was den negativen Effekt der sechs Stunden im Sitzen verbrachter Zeit neutralisierte.

Für jede halbe Stunde, die über sechs Stunden im Sitzen verbrachter Zeit hinausging, errechnete man ein um 15 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung einer Fettlebererkrankung noch vor dem 25. Lebensjahr. Jeder Anstieg der Zeit ohne körperliche Aktivität am Tag über sechs Stunden hinaus resultierte in einer korrespondierenden Abnahme der Zeit (3 Stunden weniger) unter körperlicher Aktivität von geringer Intensität bis zum jungen Erwachsenenalter. Jede zusätzliche halbe Stunde mit geringfügiger körperlicher Aktivität über drei Stunden am Tag hinaus jedoch minderte die Wahrscheinlichkeit für eine schwere Fettlebererkrankung um 33 Prozent. „Wir glauben, dass diese Veränderung im Hinblick auf im Sitzen verbrachten Zeit im Vergleich zu Zeit mit körperlicher Aktivität von geringer Intensität den Weg dafür bereitet, dass sich die Erkrankung entwickelt und voranschreitet“, fasst Agbaje zusammen.

In der genannten Studie lag die Prävalenz der Stoffwechsel-assoziierten steatotischen Lebererkrankung (MASLD) bei 2,5 Prozent (1 von 40 Personen) im Alter von 17 Jahren und bei 20 Prozent (1 von 5 Personen) im Alter von 24 Jahren. Laut Agbaie ist dieses Ergebnis überraschend, weil sich das MASLD-Risiko innerhalb von nur sieben Jahren um das Achtfache erhöht und weil eine Prävalenz der Erkrankung von 20 Prozent normalerweise nicht vor der Mitte der vierten Lebensdekade zu beobachten ist.

Die Hälfte der 24-Jährigen in der Untersuchung, die an einer MASLD litten, hatte eine schwere Erkrankung oder einen signifikant hohen Anteil überschüssigen Fetts in der Leber. Einer von 40 jungen Erwachsenen zeigte bereits Anzeichen einer Vernarbung des Organs, wobei drei von 1000 dieser Teilnehmenden die Diagnosekriterien für eine Leberzirrhose erfüllten.

„Das wirksamste Gegenmittel gegen die verheerenden gesundheitlichen Auswirkungen von Bewegungsmangel in der Kindheit ist nicht die vielgepriesene moderate bis intensive körperliche Aktivität für 60 Minuten pro Tag“, sagte Agbaje. „Es ist vielmehr die bisher wenig beachtete leichte körperliche Aktivität mit einer Dauer von drei bis vier Stunden pro Tag.“ Als Beispiele für leichte körperliche Aktivität nennen die Autoren Spielen im Freien beziehungsweise auf dem Spielplatz, Spaziergänge mit dem Hund, Besorgungen für die Eltern erledigen oder zu Fuß gehen und Radfahren.