Leberzirrhose: Lipoproteine als Prognosemarker für Krankheitsverlauf

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Grazer Wissenschaftler arbeiten bei der Leberzirrhose an einer Verbesserung der Prognoseabschätzung und setzen auf Lipoproteine.

Wissenschafter an der Med Uni Graz haben gemeinsam mit internationalen Kollegen entdeckt, dass mit dem High Density Lipoprotein (HDL)-Cholesterin assoziierte Biomarker exzellente Indikatoren für das Fortschreiten der Erkrankung und Überleben bei chronischem Leberversagen darstellen.

Die Leberzirrhose stellt ein weit fortgeschrittenes Stadium chronischer Lebererkrankungen dar und gilt als irreversibel. Die Erkrankung entwickelt sich typischerweise über Jahre bis Jahrzehnte, schnellere Verläufe innerhalb eines Jahres sind selten. In Europa zählen Alkoholmissbrauch, die nicht alkoholische Fettleber und chronische Virushepatitis zu den häufigsten Ursachen. Männer sind rund doppelt so häufig von einer Leberzirrhose betroffen als Frauen.

Entzündungen: Niedriger HDL-Cholesterinspiegel zerstört Schutzmechanismus

Bei Patienten, die an einer Leberzirrhose erkrankt sind, kann häufig ein niedriger Spiegel von Gesamtcholesterin und speziell des High-Density-Lipoprotein(HDL)-Cholesterins beobachtet werden. Auch das HDL-Cholesterin transportierende Apolipoprotein-A-I (ApoA-I) ist erniedrigt. „Die HDL-assoziierten Apoproteine nehmen bei zunehmender Schwere der Lebererkrankung weiter ab und sind bei der schwersten Form, dem akut-auf-chronischen Leberversagen, welches eine 90-Tage Mortalität von circa 50 Prozent aufweist, besonders niedrig“, fasst Rudolf Stauber von der Klinischen Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie der Medizinischen Universität Graz zusammen. HDL-assoziierte Apoproteine, aber auch bestimmte HDL-assoziierte Phospholipide haben eine entzündungshemmende Wirkung und schützen daher den Körper. Sinkt der HDL-Spiegel ab, geht dieser Schutzmechanismus verloren beziehungsweise funktioniert nicht mehr richtig. Dies erklärt beispielsweise, warum Patienten, die an Leberzirrhose leiden, häufiger von bakteriellen Infektionen betroffen sind.

Prognosetool: Lipoproteine als aussagekräftige Biomarker bei Leberversagen

Diese Beobachtung nahmen sich die Forscher rund um Stauber zum Anlass, um die Menge von HDL-assoziierten Lipoproteinen und ihre Funktion (Cholesterin-Efflux-Kapazität) als Biomarker bei Leberversagen und als Prognosetool zu untersuchen. „Sowohl das HDL-Cholesterin als auch ApoA-I können mittels Bluttest im Labor bestimmt werden und sind daher einfach zu ermittelnde Marker“, sagt Stauber.

Gemeinsam mit der Arbeitsgruppe um Gunther Marsche vom Lehrstuhl für Pharmakologie der Med Uni Graz und internationalen Kolleginnen und Kollegen untersuchte Stauber in einem vom Wissenschaftsfonds FWF unterstützten Forschungsprojekt die HDL-Cholesterinspiegel (HDL-C) inklusive deren Untergruppen HDL2-C und HDL3-C, ApoA-I, sowie die Cholesterin-Efflux-Kapazität, in einer Kohorte von insgesamt 508 Patienten mit Leberzirrhose unterschiedlicher Schweregrade. Dabei stellten die Wissenschafter fest, dass die Ausgangswerte von HDL-C und ApoA-I bereits bei stabiler Zirrhose signifikant niedriger waren als bei der gesunden Kontrollgruppe. „Sobald akute Komplikationen bei den Patientinnen und Patienten auftraten, verringerte sich der Spiegel noch einmal deutlich“, nennt Stauber ein Detail der Forschungsergebnisse. Dabei war ein HDL-C  ≤17 mg/dl bzw. ein ApoA-I ≤50 mg/dl mit einer Drei-Monats-Mortalität um 50 Prozent assoziiert.

Internationale Kohorte: Verbesserung der Prognoseschätzung bei Leberzirrhose

Interessanterweise lieferten sowohl HDL-C als auch ApoA-I als Einzelparameter eine ähnliche prognostische Information wie der MELD Score, welcher sich anhand einer komplexen Formel aus den Parametern Bilirubin, Creatinin und INR errechnet. Letzterer ist derzeit Standard für die Bewertung der Dringlichkeit einer Lebertransplantation. Die Forschergruppe plant in einem künftigen Projekt, den prognostischen Wert von HDL-Biomarkern in einer großen internationalen Kohorte zu validieren und mit den MELD-Parametern zu kombinieren, um die Prognose-Einschätzung bei Leberzirrhose weiter zu verbessern.