Lungenfibrose: Zuverlässige Prognose dank Radiomics15. Oktober 2021 Britta Maurer, Ordinaria für Rheumatologie, Klinikdirektorin und Chefärztin Universitätsklinik für Rheumatologie und Immunologie, Inselspital, Universitätsspital Bern. (Foto: © Insel Gruppe) Ein Forschungsteam aus den Universitäten beziehungsweise Universitätsspitälern Zürich, Bern (Schweiz) und Oslo (Norwegen) hat Resultate zur durch Künstliche Intelligenz (KI) gestützten Bildanalyse der Lungenfibrose publiziert, die bei der seltenen Systemischen Sklerose auftritt. Die Forschenden um die Studienleiterin Prof. Britta Maurer haben Methoden der Radiomics-Analyse angewendet und daraus überraschend klare Risikoprofile erstellt, die eine vielversprechende Grundlage für ein zukünftiges individualisiertes Patientenmanagement bieten. Radiomics ist die Bezeichnung für eine spezielle KI-Anwendung bei der Interpretation von Bildmaterial, zum Beispiel Computertomographien (CT). Ihr Einsatz war bislang auf die Onkologie beschränkt. Die vorliegende Studie wendet Radiomics nun auf das bisher unbearbeitete Feld der Interstitiellen Lungenkrankheiten (ILD) an. Die systemische Sklerose ist eine seltene Autoimmunerkrankung, bei der mehrere Organe betroffen sind. Eine Lungenbeteiligung ist die Haupttodesursache von Patienten mit systemischer Sklerose. Unbehandelt ist die Mortalität vergleichbar mit derjenigen einer Krebserkrankung. Die vorliegende Studie unternimmt den Versuch, mithilfe von Radiomics Patientenprofile mit gut definierten Prognosen zu finden, um so die klinische Risikobeurteilung und das Patientenmanagement zu verbessern. Radiomics findet zwei klar abgegrenzte Patientengruppen Die Analyse der jährlichen Routine-Verlaufs-CTs mittels Radiomics konnte zwei klar abgrenzbare Gruppen von Patientinnen und Patienten ermitteln. Die Gruppen wiesen unterschiedliche klinische Merkmale und verschiedene, gut definierte Risikoprofile für die Überlebenswahrscheinlichkeit mit und ohne Fortschreiten der ILD aus. Für die klinische Anwendung wurde in einem nächsten Schritt ein Risikoscore (Risikobeurteilung) entwickelt, der Personen nach dem Risiko eines Fortschreitens der Lungenerkrankung unterteilen konnte (hohes vs. niedriges Risiko). Dieser Score, der in einer unabhängigen zweiten Gruppe von Patientinnen und Patienten bestätigt wurde, ermöglichte im Vergleich zu bisher angewendeten klinischen oder funktionellen Parametern eine wesentlich zuverlässigere Erkennung von Risikopatienten. Die Erstautorin der Studie, Dr. Janine Schniering, ordnet das Ergebnis so ein: „Wenn sich diese Daten in einer prospektiven Studie bestätigen lassen, bietet dieser KI-Ansatz der Klinikerin und dem Kliniker künftig ein wissenschaftlich basiertes, funktionierendes Instrument zur Risikobeurteilung und damit zur individuellen Beratung und Behandlungsplanung.“ KI-Bildauswertung findet Entsprechung auf Gewebsebene Das Projekt ging in einem zweiten Teil noch einen bedeutenden Schritt weiter. Die Forschenden unternahmen den Versuch, im Tiermodell molekularbiologische Entsprechungen für die radiomisch ermittelten Risikogruppen zu finden. Dazu wurden Mäuse nach einer chemisch ausgelösten Lungenfibrose untersucht. Es zeigten sich vielversprechende Korrelationen zwischen den aus CT-Bildern gewonnenen Risikoprofilen und den Prozessen der Fibrosierung des Lungengewebes im Tiermodell. Ein aus der KI-Bildanalyse errechnetes, hohes Risiko für eine fortschreitende Lungenerkrankung stimmte mit der Aktivierung von Vorgängen überein, die zu einem Fortschreiten einer Fibrose im Gewebe führten. Forschende wählen innovative Herangehensweise Mit dem vorliegenden Projekt betreten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nach eigenen Angaben in mehrfacher Hinsicht methodisches Neuland. So bearbeitet es erstmals Bildmaterial von Patientinnen und Patienten mit Lungenfibrose infolge systemischer Sklerose mit den Methoden der Radiomics-Analyse. Weiter verbindet es speziesübergreifend Daten aus der computertomografischen Bildgebung mit molekularbiologischen Resultaten aus Gewebsanalysen. Studienleiterin Maurer betont einen weiteren Patientennutzen ihrer Forschung: „Dass mit CT-Bildanalysen spezifisch Vorgänge der Fibrosierung auf Gewebsebene korreliert werden können, stellt einen Durchbruch dar. Dieser gibt Anlass zur Hoffnung, eines Tages ganz auf der Basis nicht invasiver Bilder auf konkrete physiologische und pathophysiologische Prozesse schließen zu können. Damit würden Gewebsentnahmen mit invasiven Eingriffen wegfallen.“ Die Arbeit zeigt laut den Forschenden das große Potenzial von Radiomics bei der Analyse und Prognose von Lungenfibrose bei Systemischer Sklerose. Das Team möchte deshalb in enger Zusammenarbeit mit den Inselkliniken weitere Arten der fibrosierenden ILD zu untersuchen. Dabei soll Radiomics unter anderem Vorhersagen zum möglichen Erfolg von antifibrotischen Therapien ermöglichen. Dazu sind diverse nationale und internationale Kooperationen am Anlaufen oder in Planung.
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