Magenkarzinom: Forschende ermitteln spezifische Formen der Mikrosatelliteninstabilität und molekulare Subgruppen7. April 2022 Klinischer Verlauf von Frauen und Männern mit und ohne MSI im Magenkarzinom: A) nach und B) ohne Behandlung mit Chemotherapie. (MSI-H: hohe Mikrosatelliteninstabilität; MSS: Mikrosatelliten-stabil; EBV (-): Epstein Barr Virus negativ). Abbildung: © Gisela Keller/Technische Universität München Magenkarzinome mit einer Mikrosatelliteninstabilität (MSI) repräsentieren eine distinkte molekulare Subgruppe dieser Tumoren. Eine MSI stellt einen wichtigen prädiktiven Faktor für die Anwendung neuer immunbasierter Therapien dar, während die Bedeutung für eine klassische Chemotherapie kontrovers diskutiert wird. Ein Forschungsteam der Technischen Universität (TU) München konnte nun mit Unterstützung der Wilhelm Sander-Stiftung neue Erkenntnisse zu geschlechtsspezifischen Unterschieden von Patienten mit einer MSI im Magenkarzinom nach Chemotherapie gewinnen. Zudem untersuchte das Team spezielle Formen von MSI und weitere molekulare Subgruppen auf deren potentiell klinische Bedeutung. Magenkarzinome werden oft erst relativ spät in einem bereits fortgeschrittenen Tumorstadium diagnostiziert und gehen daher häufig mit einer ungünstigen Prognose der Patienten einher. Sie werden standardmäßig meist mit einer prä-/perioperativen Chemotherapie behandelt, auf die jedoch nur ein Teil der Patienten gut anspricht. Relativ hohe Erwartungen knüpfen sich derzeit hingegen an die neuen Krebsimmuntherapien unter Verwendung von Immuncheckpoint-Inhibitoren, die in verschiedenen Tumorentitäten äußerst vielversprechende Erfolge zeigen. Einen prädiktiven Biomarker für ein gutes Ansprechen auf eine Therapie mit einem Immuncheckpoint-Inhibitor stellt eine MSI im Tumor dar – ein vermehrtes Auftreten von Fehlern in kurzen, sich wiederholenden DNA-Sequenzen, den Mikrosatellitensequenzen. Die Fehler werden normalerweise von einem speziellen DNA-Reparatursystem behoben. Liegen jedoch Defekte in diesem System vor, unterbleibt eine entsprechende Korrektur und eine MSI kann sich im Tumor manifestieren. Die Bedeutung einer MSI als prädiktiver Marker für eine klassische, prä-/perioperative Chemotherapie beim Magenkarzinom wird in der wissenschaftlichen Literatur kontrovers diskutiert: Zum einen wird über einen schlechteren Verlauf der Patienten mit einem MSI-positiven Magenkarzinom nach prä-/perioperativer Chemotherapie berichtet. Zum anderen gibt es Studien, die keinen Unterschied oder sogar einen günstigeren Verlauf feststellten. Hier knüpfen die Arbeiten von Prof. Gisela Keller am Institut für Pathologie der TU München an, die sich intensiv mit spezifischen Ausprägungen von MSI sowie mit weiteren molekularen Subgruppen beim Magenkarzinom und deren klinischer Bedeutung beschäftigt. Forschungsteam der Arbeitsgruppe Keller am Institut für Pathologie der TU München (v.l.): Theresa Hiltner, Gisela Keller, Meike Kohlruss, Anna-Lina Herz. Foto: © Gisela Keller/Technische Universität München Mit Unterstützung der Wilhelm Sander-Stiftung gingen Kellers Team und dessen klinischen Kooperationspartner zunächst der Frage nach, inwieweit geschlechtsspezifische Unterschiede beim Auftreten einer MSI im Tumor für die Prognose und das Ansprechen auf eine Chemotherapie relevant sind. In einer Analyse von mehr als 700 Patienten zeigte sich, dass eine MSI in Tumoren von Frauen im Vergleich zu einer MSI in Tumoren von Männern oder zu Mikrosatelliten-stabilen Tumoren beider Geschlechter, mit einer auffallend guten Prognose der Patientinnen, insbesondere nach einer präoperativen Chemotherapie einherging. Dieses Ergebnis impliziert, dass die biologischen Unterschiede zwischen Frauen und Männern für das Therapieansprechen auf eine Chemotherapie insbesondere bei Vorliegen einer MSI im Tumor relevant sind. Umso dringlicher ist es, künftig weitere Analysen sowie geschlechtsspezifische Aspekte bei der Klärung von Behandlungseffekten miteinzubeziehen. In weiteren Untersuchungen widmeten sich Keller und ihr Team einer speziellen Form von Instabilität, die bevorzugt an spezifischen Mikrosatellitensequenzen auftritt und als EMAST („elevated microsatellite alterations at selected tetranucleotide repeats“) bezeichnet wird. Dabei erforschten sie, inwieweit das Auftreten dieser speziellen Form mit der klassischen MSI einhergeht, spezifische MSI-Gruppen differenziert oder eine eigene, distinkte Sonderform darstellt, die mit charakteristischen Eigenschaften der Patienten assoziiert ist. Es zeigte sich, dass EMAST nahezu vollständig überlappend mit der bekannten, klassischen MSI vorkommt und bei alleiniger Betrachtung keine wesentliche prognostische oder prädiktive Bedeutung für das Magenkarzinom zeigte. In Anbetracht der Tatsache, dass MSI ein wichtiger prädiktiver Biomarker für eine Immuntherapie darstellt, lieferten diese Ergebnisse einen wertvollen Beitrag zur adäquaten Einordnung der klinischen Relevanz von MSI und EMAST beim Magenkarzinom. Weitere Analysen zur molekularen Klassifikation von Magenkarzinomen mit der Unterteilung in MSI-positive Tumoren, in Tumoren, die in Assoziation mit dem Epstein-Barr-Virus auftreten sowie in Tumoren, die durch eine hohe chromosomale Instabilität gekennzeichnet sind, wurden mit Unterstützung der Sander-Stiftung abgeschlossen. Hierbei zeigte sich, dass distinkte Grade an chromosomaler Instabilität eine unterschiedlich prognostische und prädiktive Relevanz aufweisen. Es ergaben sich somit wertvolle Ansatzpunkte, diese distinkten molekularen Subgruppen des Magenkarzinoms weiter zu erforschen und möglicherweise darauf basierend zu einer Optimierung individueller Therapiekonzepte beizutragen.
Mehr erfahren zu: "Netzwerktreffen in Köln als Impuls für junge Menschen mit Krebs" Netzwerktreffen in Köln als Impuls für junge Menschen mit Krebs Medizin, Forschung, Ehrenamt, Politik, Kultur und Wirtschaft an einem Tisch: Das Netzwerktreffen der Deutschen Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs und des neu gegründeten Krebs Kollektiv in Köln zeigte, wie […]
Mehr erfahren zu: "Sterblichkeit der Männer 2024 in allen Altersgruppen höher als bei Frauen" Sterblichkeit der Männer 2024 in allen Altersgruppen höher als bei Frauen Zum Weltmännertag am 3. November weist das Statistische Bundesamt (Destatis) darauf hin, dass die Sterblichkeit von Männern in allen Altersgruppen weiterhin höher ist als die von Frauen. Männer haben eine […]
Mehr erfahren zu: "Neues Anthrazyklin-Derivat zeigt enormes Potenzial zur Tumorbekämpfung" Neues Anthrazyklin-Derivat zeigt enormes Potenzial zur Tumorbekämpfung Ein österreichisch-ungarisches Team hat ein neues Chemotherapeutikum namens LiPyDau entwickelt, das in präklinischen Untersuchungen bemerkenswerte Wirksamkeit gegen verschiedene Tumorarten gezeigt hat. Die in „Molecular Cancer“ veröffentlichte Studie stellt eine vielversprechende […]