Magenkrebs im Frühstadium: Familienstand ist wahrscheinlich ein Schlüsselfaktor für die Vorhersage des Überlebens

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Der Familienstand ist laut einer aktuellen Studie wahrscheinlich ein wichtiger Faktor bei der Vorhersage des langfristigen Überlebens von Personen, bei denen Magenkrebs im Frühstadium diagnostiziert wird.

Nach Ansicht der Autoren sollte der Familienstand daher der Liste klinischer und individueller Variablen hinzugefügt werden, die für die Vorhersage des Überlebens nach der Diagnose verwendet werden.

Magenkrebs ist die fünfthäufigste Krebserkrankung und die dritthäufigste Krebstodesursache weltweit: Allein im Jahr 2018 wurden mehr als 1 Million Neuerkrankungen und 780.000 Todesfälle festgestellt. Die Krankheit ist bei Männern etwa doppelt so häufig wie bei Frauen, jedoch selten bei Personen im Alter unter 50 Jahren.

Wird die Erkrankung früh erkannt, erhöht das die Überlebenschancen deutlich. Während der prognostische Wert des Familienstandes bei Patienten mit Leber- und Lungenkrebs bereits anerkannt sei, stehe er nicht auf der Liste der prädiktiven Überlebensfaktoren für Magenkrebs im Frühstadium, merken die Verfasser der aktuellen Arbeit an. Die Forscher untersuchten daher, ob der Familienstand auch ein valider Faktor bei der Vorhersage der Langzeit-Outcomes in dieser Patientengruppe sein könnte.

Die Wissenschaftler stützten sich auf klinische Informationen für 3647 Personen aus der SEER-Datenbank (Surveillance, Epidemiology, and End Results), bei denen zwischen 2010 und 2015 Magenkrebs im Frühstadium diagnostiziert worden war.

Die Patienten wurden nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen eingeteilt: eine Trainingsgruppe von 2719 Personen, um ein Nomogramm zu erstellen, und eine Testgruppe von 928 Personen, um das Modell zu validieren.

Folgende Variablen wurden eingeschlossen: Alter bei Diagnose (in 10-Jahres-Blöcken von unter 40 Jahren bis 90–100 Jahren), ethnische Zugehörigkeit beziehungsweise Abstammung, Geschlecht, Lokalisation des Tumors, histologische Befunde, Grad und Stadium der Erkrankung, Operation, Lymphknotenresektion, Chemo- beziehungsweise Strahlentherapie, Tumorgröße, Krankenversicherung und Familienstand. Das Ziel war es zu verstehen, welche Faktoren die Zeit von der Diagnose bis zum Tod jeglicher Ursache zuverlässig vorhersagten.

Bei 1793 (49%) der eingeschlossenen Patienten handelte es sich um Männer, bei 1854 (51%) um Frauen. Die meisten (2231) waren weiß. Insgesamt waren 1957 verheiratet, 274 geschieden, 41 getrennt lebend, 630 verwitwet, 512 ledig, und bei 233 war der Familienstand nicht bekannt.

Insgesamt waren die Überlebenschancen bei Frauen besser als bei Männern und bei Verheirateten. In der Trainingsgruppe hatten Verheiratete die beste Prognose (durchschnittliche Wahrscheinlichkeit von 72%), während Witwen die schlechteste hatten (durchschnittliche Wahrscheinlichkeit von 60%). Auch unter Berücksichtigung des Geschlechtes waren die Überlebenschancen bei Verheirateten am höchsten (Männer durchschnittlich 69%; Frauen durchschnittlich 76%), während sie bei Verwitweten (Männer durchschnittlich 51%; Frauen durchschnittlich 61%) am niedrigsten waren. Auch das Überleben war bei geschiedenen Frauen signifikant besser als bei geschiedenen Männern.

Weitere Analysen zeigten, dass das Alter bei Diagnose sowie Geschlecht, Histologie, Stadium, Operation, Tumorgröße und Familienstand allesamt unabhängige prognostische Faktoren darstellten.

Basierend auf diesen Daten erstellten die Forscher ein Nomogramm zur Vorhersage der Drei- und Fünf-Jahres-Überlebensrate, in dem jede Variable entsprechend ihrem Beitrag zum Überleben mit 0–100 bewertet wurde. Die Wissenschaftler ordneten den Patienten ein hohes oder niedriges Risiko für ein Rezidiv oder Tod zu.

Das Nonogramm sagte zuverlässig das Überleben voraus und unterschied zwischen Patienten mit hohem und niedrigem Rezidiv- oder Todesrisiko. Der C-Index – ein statistischer Indikator für die Übereinstimmung zwischen dem tatsächlichen und dem vorhergesagten Ergebnis – betrug 0,791. Ein Wert über 0,7 gilt als gut.

Die Tumorgröße war der größte Faktor, der zum Sterbe- oder Rezidivrisiko beitrug. Dies ist laut den Forschenden nicht überraschend, da ein größerer Tumor aggressiver ist, während ein kaum sichtbarer langsam wächst.

Auch der Familienstand zeigte einen moderaten Einfluss auf das Überleben. Verheiratete hatten die beste Prognose, gefolgt von Alleinstehenden, während die Prognose von getrennt lebenden Patienten am schlechtesten war.

Dies könnte daran liegen, dass verheiratete Menschen in der Regel finanziell besser gestellt sind und von ihrem Ehepartner eher emotionale Unterstützung erhalten, vermuten die Wissenschaftler. Die beobachteten geschlechtsspezifischen Unterschiede könnten auch genetische und/oder Lebensstilunterschiede widerspiegeln, fügen sie hinzu.

Die Arbeitsgruppe betont, dass es sich bei ihrer Untersuchung um eine Modellstudie handelt und daher keine ursächlichen Zusammenhänge festgestellt werden konnten. Zudem wurden einige bekannte Risikofaktoren für Magenkrebs, wie Familienanamnese, Alkoholkonsum und Helicobacter-pylori-Infektionen, in der Studie nicht berücksichtigt.

Dennoch schlussfolgern die Forschenden: „Für alle Patienten, bei denen Magenkrebs im Frühstadium diagnostiziert wurde, kann unser Nomogramm verwendet werden, um das prognostische Risiko nach einer entsprechenden Behandlung einzuschätzen.“ Sie ergänzen: „Bei Hochrisikopatienten sollten die Häufigkeit der Nachuntersuchungen und die Dauer der Nachbeobachtungszeit erhöht werden. Die Patienten selbst sollten stärker auf Symptomschwankungen und Verbesserungen des Lebensstils achten.“ Außerdem sollte verwitweten oder alleinstehenden Personen, bei denen die Krankheit diagnostiziert wird, mehr soziale Hilfe und Pflege angeboten werden, fügen die Studienautoren hinzu.