Markteinführung von Alzheimer-Medikament steht bevor29. August 2025 3D-Illustration von Amyloid-Plaques bei Morbus Alzheimer. (Foto: © Dr_Microbe – stock.adobe.com) Ab dem 1. September wird das Alzheimer-Medikament Lecanemab in Deutschland erhältlich sein, nachdem es bereits im April dieses Jahres von der Europäischen Kommission zugelassen wurde. Damit ist Deutschland das zweite Land in der EU, in dem der Antikörper zum Einsatz kommt. Bereits vor mehr als zwei Jahren, im Januar 2023, wurde der monoklonale Anti-Amyloid-Antikörper Lecanemab, der unter dem Handelsnamen Leqembi® vertrieben wird, von der US-Arzneimittelbehörde FDA zur Behandlung von Alzheimer im Frühstadium zugelassen. Seither hofften Fachleute, behandelnde Ärzte sowie Betroffene in Europa auch auf eine baldige Einführung. Doch die Zulassung war umstritten und der Zulassungsprozess zäh und langwierig. Die klinischen Studien zeigten nur für eine sehr begrenzte Patientengruppe im frühen Stadium von Alzheimer einen klinischen Nutzen. „Da das Medikament nur in den ganz frühen Stadien einer Alzheimer-Demenz wirkt, müssen die Betroffenen erst identifiziert werden. Dies macht eine neuropsychologische Testung, die zerebrale Bildgebung mit Magnetresonanztomografie (MRT) sowie den Nachweis der Alzheimer-Pathologie durch Nervenwasseruntersuchung erforderlich. Auf der anderen Seite müssen Betroffene, die ein erhöhtes Nebenwirkungsrisiko haben, identifiziert werden. Hierfür ist eine genetische Diagnostik und eine Analyse von Gefäßrisikofaktoren erforderlich“, erklärt Prof. Peter Berlit, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) die Aufgaben, die mit der Markteinführung des Antikörpers auf Kliniken und Praxen zukommen. Hürden der Behandlungseinführung Auf diese logistischen Herausforderungen der Lecanemab-Einführung sieht Berlit die Gedächtnisambulanzen in Deutschland gut vorbereitet. „Um wirklich alle Betroffenen zu versorgen und das Medikament in der Breite einsetzen zu können, werden jedoch auch neurologische Praxen miteinbezogen werden müssen“, erklärte Berlit. Hierfür sei eine adäquate Vergütung der Diagnostik, der Durchführung der Therapie und der erforderlichen Überwachung im Verlauf dringend erforderlich. Diese sei bislang jedoch nur bei Privatpatienten möglich. „Damit Arztpraxen und Gedächtnisambulanzen, die Kassenpatienten behandeln, die Therapie auch angemessen vergütet bekommen, benötigt es eine Richtlinie für eine ambulante spezialärztliche Versorgung (ASV). Anträge zu dieser Indikation sind entsprechend eingereicht“, berichtet der DGN-Generalsekretär. Auch Prof. Frank Jessen, Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie und Leiter der Arbeitsgruppe Klinische Demenzforschung an der Uniklinik Köln, sieht die Krankenhausambulanzen gut aufgestellt, um kommende Woche mit der Lecanemab-Therapie zu beginnen. „Wie umfassend das in den einzelnen Ambulanzen umgesetzt werden wird, ist abhängig von den Kapazitäten der einzelnen Zentren. Für die Diagnostik und Behandlung müssen ausreichend Magnetresonanztomografie- und Infusionsplätze sowie Personal zur Verfügung stehen und das ist in jedem Zentrum unterschiedlich. Wenn ein Zentrum allerdings gut aufgestellt ist, gibt es keine Schwierigkeiten“, ist der Leiter der Kooperations-Einheit Köln des Deutschen Zentrums für neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) optimistisch. Register erfasst Risiken der Behandlung Da die Behandelten einem Risiko für im Einzelfall schwere Nebenwirkungen (Amyloid-Related Imaging Abnormalities, ARIA) durch die Therapie ausgesetzt sind, werden mithilfe eines EU-weiten Registers alle mit dem Antikörper behandelten Patienten erfasst und eine Sicherheitsstudie durchgeführt. „Patienten, die Lecanemab erhalten, müssen verpflichtend in einem Register der Herstellerfirma eingetragen werden. Jeder, der in Deutschland die Therapie durchführt, kann grundsätzlich daran teilnehmen. Dazu gehören also neben den klinischen Gedächtnisambulanzen auch neurologische Praxen. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) wird allerdings vermutlich festgelegen, dass die Behandlung nur von Ärzten durchgeführt werden darf, die in der Behandlung von Alzheimer erfahren sind – also nicht der Hausarzt“, erklärt Jessen. AMNOG-Verfahren steht noch aus Mit Markteinführung des Medikamentes wird nun auch das AMNOG-Verfahren anlaufen, durch das im kommenden Jahr der abschließende Preis festgelegt werden wird. Bis dahin werde die Finanzierung einer ambulanten Infusionstherapie in einer klinischen Gedächtnisambulanz bei Kassenpatienten im Regelfall über Ambulanzpauschalen abgerechnet, die individuell verhandelt werden müssen, erklärte Jessen. „Wenn nach dem AMNOG-Verfahren nächstes Jahr ein endgültiger Preis feststeht, müssen die Kliniken einen Weg finden, wie sie die Behandlung abrechnen können, so dass es für sie auch ökonomisch tragfähig wird, die Therapie anzubieten.“ (ej)
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