Mausmodell: Forschende ermitteln, wie die Entwicklung des Verdauungssystems im Mutterleib ihren Anfang nimmt

Darstellung von Darmzotten. (© Juan Gärtner/stock.adobe.com; generiert mit KI)

US-Wissenschaftler haben nach eigener Auffassung entscheidende erste Schritte bei der Entwicklung des Verdauungssystems identifiziert – Kenntnisse, die für die Entwicklung von Interventionen zur Reparatur von Darmläsionen wichtig sein könnten.

Insbesondere erweitere die nun in „Cell“ veröffentlichte Studie die Kenntnisse darüber, wie Villi intestinalis gebildet werden, erklärt Dr. Ophir Klein, Geschäftsführer des Guerin Children’s Hospital am Cedars-Sinai Medical Center in Los Angeles (USA) und Mitautor der Studie. „Ein detailliertes Verständnis der Zottenbildung könnte zu neuen Therapien bei Darmerkrankungen führen“, ergänzt Klein. Mithilfe hochauflösender Mikroskopie beobachteten die Forschungsteams die Bildung des Darms in Mäuseföten. Die Forschenden züchteten Darmgewebe aus Mäuseembryonen in Laborschalen, um in Echtzeit zu untersuchen, wie Zellen mit der Bildung von Villi begannen. Die Forscher markierten Zellpopulationen mit fluoreszierenden Proteinen, um zu erkennen, welche am Gewebeaufbau beteiligt waren.

Dabei entdeckten die Wissenschaftler, dass sich Fibroblasten wie eine Wasserschicht verhalten, die in Tröpfchen zerfällt. Die Arbeitsgruppe bezeichnet diesen Mechanismus, der unter dem Mikroskop wie Regen auf einer Windschutzscheibe aussieht, als „Dewetting“ („Entnetzung“). Mithilfe eines mathematischen Modells fanden die Forscher heraus, dass Zellen den gleichen physikalischen Prinzipien wie Wasser folgen und tröpfchenartige Zellaggregate bilden, die Gewebe zu Darmzotten falten.

„Manche Menschen haben atrophierte Zotten, die aufgrund von Erkrankungen oder Schädigungen stumpf geworden oder völlig abgeflacht sind, was zu Malabsorption und anderen Verdauungsstörungen führt“, erläutert Tyler Huycke, Postdoktorand an der School of Pharmacy der University of California in San Francisco (UCSF) und einer der drei Co-Erstautoren der Studie. „Wenn wir Zellen zu diesem Aggregations- und Gewebefaltungsverhalten anregen können, das wir während der normalen Entwicklung beobachten, können wir möglicherweise mehr Zotten und eine größere Absorptionsoberfläche für Menschen mit Verdauungserkrankungen schaffen.“

Die Wissenschaftler planen, weitere Schritte der Zottenbildung zu untersuchen und möchten dabei auch herausfinden, wie sich das Gewebe weiter in seine endgültige Form ausdehnt und welche Zellsignale daran beteiligt sind. „Mit dem Mechanismus, den wir in diesem Artikel beschreiben, erzeugen Zellen eine strukturierte Krümmung in Geweben, sodass sich schließlich Zotten bilden“, erläutert Zev Gartner, Professor am Institut für Pharmazeutische Chemie an der University of California in San Francisco und Mitautor der Studie. „Wir möchten verstehen, ob dieser Mechanismus auch andere Körperteile beeinflusst. Diese Arbeit legt den Grundstein für die Entwicklung funktioneller menschlicher Gewebe für Anwendungen, die von der regenerativen Medizin bis hin zur Krankheitsmodellierung und Arzneimitteltests reichen.“