Medizinforschungsgesetz: BÄK warnt vor politischer Einflussnahme auf medizinische Forschung26. Februar 2024 Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer. Foto: © Die Hoffotografen Mit der im Medizinforschungsgesetz vorgesehenen Einrichtung einer Bundes-Ethik-Kommission sieht die Bundesärztekammer (BÄK) die Unabhängigkeit der medizinischen Forschung gefährdet. Das schade dem Vertrauen in medizinische Forschung. „Es ist ein wichtiges Signal, dass die Bundesregierung den Standort Deutschland für die medizinische Forschung attraktiver machen will. Oberste Priorität müssen aber immer die Sicherheit und der Schutz von Studienteilnehmenden haben. Die von der Bundesregierung mit dem Medizinforschungsgesetz geplante Errichtung einer sogenannten Bundes-Ethik-Kommission wird dieser Maßgabe leider in keiner Weise gerecht. In der jetzigen Form untergräbt das Gesetz die Unabhängigkeit der Bewertung klinischer Studien und schadet so dem Vertrauen der Menschen in die Medizinische Forschung insgesamt“, kommentierte BÄK-Präsident Dr. Klaus Reinhardt den aktuellen Referentenentwurf der Bundesgesundheitsministeriums (BMG) für das Medizinforschungsgesetz. Die Ansiedlung der Bundes-Ethik-Kommission beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, das dem BMG weisungsabhängig nachgeordnet ist, berge die große Gefahr politisch-administrativer Einflussnahme, so die Kritik der BÄK. Wenn zukünftig neben der Arzneimittelzulassung und -überwachung auch die Bewertung klinischer Studien einer Bundesoberbehörde zugeordnet würde, könnten mögliche Interessenkonflikte nicht sicher ausgeschlossen werden. Dazu trage auch die vorgesehene Berufung der Kommissionsmitglieder durch das Bundesgesundheitsministerium sowie die erforderliche Zustimmung des Ministeriums zu deren Geschäftsordnung bei, heißt es weiter in einer Mitteilung der BÄK. „Die unabhängige ethische Bewertung der Forschung am Menschen stellt gerade im Lichte der Erfahrungen aus der NS-Zeit einen wesentlichen Eckpfeiler des Patienten- und Probandenschutzes dar“, erklärte Reinhardt. Eine Aufweichung der nach dem Krieg in der Deklaration von Helsinki im Interesse des Patienten- und Probandenschutzes verankerten ethischen Grundprinzipien zur medizinischen Forschung am Menschen würde einen Dammbruch gleichkommen und habe das Potenzial, der gesellschaftlichen Akzeptanz der medizinischen Forschung erheblichen Schaden zufügen. Durch die im Referentenentwurf angelegten Strukturänderungen wird nach Auffassung der BÄK der Eindruck erweckt, das bewährte System der nach Landesrecht eingerichteten Ethik-Kommissionen in Deutschland sei grundlegend in Frage zu stellen. „Warum jedoch – ohne Not – derart in Kompetenzen der Länder eingegriffen sowie eine Zentralisierung der Funktionen und Kompetenzen im Geschäftsbereich des Bundesgesundheitsministeriums verfolgt wird, erschließt sich nicht“, heißt es in der schriftlichen Stellungnahme der BÄK zu dem Entwurf des Medizinforschungsgesetzes. Zudem sei das Optimierungspotenzial im bestehenden System der nach Landesrecht errichteten Ethik-Kommissionen nicht ausgeschöpft. Mit ihrer Kritik an der Bundes-Ethik-Kommission steht die BÄK nicht allein da. So hatte kürzlich die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) die Einrichtung der einer Bundes-Ethik-Kommission kritisiert. Die BÄK weist zudem darauf hin, dass sie sich seit Bekanntwerden der Pläne der Bundesregierung für ein Medizinforschungsgesetz gemeinsam mit Wissenschaftsinstitutionen, der Industrie und den nach Landesrecht eingerichteten Ethik-Kommissionen in der eigens mit Blick auf das geplante Medizinforschungsgesetz eingerichteten „Initiative Studienstandort Deutschland (ISD)“ engagiert. Auch die ISD lehnt die Errichtung einer Bundes-Ethik-Kommission ab. Sie spricht sich stattdessen für Optimierungen im bestehenden System aus und unterbreitet diesbezüglich konkrete Vorschläge. Anstelle einer Bundes-Ethik-Kommission könnten aus den bereits registrierten Ethik-Kommissionen „für besonders dringliche und anspruchsvolle Verfahren wenige spezialisierte Ethikkommissionen auf Basis bestehender, langjährig erworbener Kompetenzen ausgewählt werden“, wie es in der ISD-Stellungnahme heißt. Auch sei eine Spezialisierung der Ethik-Kommissionen nur im Hinblick auf Studientypen sinnvoll. Eine Spezialisierung nach Indikationen zu schaffen, wie es der Referentenentwurf zum Medizinforschungsgesetz vorsehe, sei hingegen „nicht praktikabel“, so die ISD. „Angesichts der erheblichen Risiken bei der Umsetzung der im Referentenentwurf angelegten grundlegenden Strukturänderungen“ appelliert die Bundesärztekammer an die Verantwortlichen, „mit Augenmaß vorzugehen und Ansätze für eine Weiterentwicklung im bestehenden System zu verfolgen“. (BÄK/ja)
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