MHH-Forscher suchen neue Strategien gegen Nierentransplantat-Verlust durch BK-Viren21. Juli 2025 BK-Viren (grün) können die Niere attackieren und nach einer Transplantation das Organ zerstören. Copyright: pixabay, Karin Kaiser/MHH Forschende der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) suchen in dem aktuellen Projekt stopBKV nach Biomarkern für Diagnose und Vorhersage von schweren Nierenentzündungen. Derzeit gibt es keine wirksamen Biomarker, um das Risiko für eine Nierenentzündung durch das BK-Virus (BKV) festzustellen und diese zu überwachen. Die Behandlungen einer BKV-Nephropathie konzentrieren sich hauptsächlich darauf, die Immunsuppression anzupassen. Ein Forschungsteam der MHH will nun Vorhersagemodelle für das individuelle Risiko einer BKV-Nephropathie entwickeln, Biomarker für bessere Diagnostik und Überwachung der Infektion finden und mit neuen zellulären Therapien das Virus direkt bekämpfen. Biomarker im Urin messen Das Forschungsteam nutzt dafür molekulare Techniken in Kombination mit neuesten Ansätzen der Bioinformatik und Datenwissenschaft. Grundlage ist das Nierenregister der MHH, das klinische Daten, Nierengewebe-, Blut- und Urinproben von mehr als 1800 Patienten bereitstellt, die an der MHH eine Nierentransplantation erhielten. „Weil zwar fast alle Transplantierten das BK-Virus im Körper haben, aber nur ein Teil von ihnen eine schwere Niereninfektion entwickelt, suchen wir zunächst nach Biomarkern für die verschiedenen Krankheitsverläufe“, erklärt Prof. Wilfried Gwinner. Im zweiten Schritt machen sich die Forschenden auf die Suche nach Gewebe-Biomarkern, die speziell von BK-Viren verursachte Transplantatschädigung erkennen und von anderen Schädigungsursachen wie etwa einer Abstoßungsreaktion unterscheiden. „Wir konzentrieren uns dabei auf Biomarker, die wir ganz einfach im Urin messen können“, erklärt Prof. Christian Hinze. Mit Hilfe von Spatial Transcriptomics, die Einzelzell-RNA-Sequenzierung mit bioinformatischer Geweberekonstruktion kombiniert, lässt sich wie in einem Puzzle feststellen, an welcher Stelle in der Niere die gemessene Schädigung auftritt. „So ersparen wir den Patienten belastende Gewebeentnahmen, die eine BK-Virusinfektion in einem Teil der Fälle nicht einmal sicher entdecken können“, sagt der Oberarzt. Zelluläre Immunität übertragen Außerdem will das Forschungsteam herausfinden, welche Transplantatempfänger in der Lage sind, trotz ihres heruntergefahrenen Immunsystems die BK-Viren selbst zu beseitigen und welche nicht. Dabei richten Prof. Britta Eiz-Vesper vom Institut für Transfusionsmedizin und Transplantat Engineering und Prof. Britta Maecker-Kolhoff aus der Klinik für Pädiatrische Hämatologie und Onkologie den Blick auf die BKV-spezifischen T-Zellen. „Patienten mit schwachen T-Zell-Reaktionen und einer beträchtlichen BKV-bedingten Nierenschädigung könnte eine sogenannte adoptive T-Zelltherapie eine neue Behandlungsmöglichkeit bieten“, stellt Oberärztin Prof. Maecker-Kolhoff fest. Bei diesem Verfahren werden lebende Immunzellen von Gesunden isoliert und dann dem Patienten mit Hilfe einer Transfusion verabreicht. T-Zellen sind vielversprechende Kandidaten, da sie die krankmachenden Antigene passgenau erkennen und ihre Zielzellen töten können, erklären die Forscher. Auf diese Weise soll eine spezifische zelluläre Immunität von gesunden Menschen auf Kranke übertragen werden. T-Zell-Therapie bereits erfolgreich angewendet Das Verfahren haben die beiden Wissenschaftlerinnen bereits erfolgreich bei schweren Infektionen mit dem Epstein-Barr-Virus angewendet. Die Immunzellen stammen aus dem T-Zell-Spenderregister alloCELL der MHH. Dies besteht seit 2013 und führt inzwischen mehr als 4.500 potenzielle Spender. „Dank unserer Erfahrung sind wir in der Lage, die T-Zellen innerhalb weniger Tage herzustellen“, sagt Eiz-Vesper. Das gelingt so zügig, weil im alloCELL-Register nicht nur die für die Wirksamkeit und Verträglichkeit wichtigen HLA-Gewebemerkmale der Blutzellen gespeichert sind, sondern gleichzeitig auch die Anzahl spezifischer T-Gedächtniszellen gegen die unterschiedlichen Viren. „So können wir für eine Zelltherapie sehr schnell wirksame und verträgliche T-Zellen von Spendern verwenden, auch wenn sie mit den potenziellen Empfängern nicht verwandt sind.“ Personalisierte Diagnose und Behandlung Das Forschungsteam will nun untersuchen, welche viralen Antigene und welche HLA-Marker ausgewählt werden müssen, um eine wissenschaftlich nachgewiesene, optimale Spenderauswahl für die personalisierte T-Zell-Therapie von Nierentransplantierten mit schwacher BK-Virusabwehr zu ermöglichen. Gesamtziel des Projektes ist es, ein genau auf die jeweiligen Patienten zugeschnittenes klinisches Diagnose- und Behandlungsschema zu entwickeln. „Dieser Ansatz der personalisierten Medizin soll für die klinische Praxis geeignet sein und kann dann in einer zukünftigen klinischen Studie getestet werden“, so Hinze. Das Projekt „stopBKV“ wird im Rahmen des Förderprogramms zum Ausbau der personalisierten Medizin vom Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur und der VolkswagenStiftung über vier Jahre mit rund einer Million Euro unterstützt.
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