Mikroorganismen im Darm verändern Merkmale einer Norovirus-Infektion

Eine neue Studie, die von Forschern an der Washington University School of Medicine in St. Louis durchgeführt wurde, enthüllt Einzelheiten darüber, wie Darmmikroben mit Norovirus-Infektionen im Mäusedarm interagieren. Darmmikroben können die Schwere einer Norovirus-Infektion verringern oder verstärken, je nachdem, wo sich das Virus im Darm befindet. Die aktuelle Arbeit eröffnet den Autoren zufolge neue Möglichkeiten, über mögliche Therapien für diese Darminfektion nachzudenken. Dargestellt sind Norovirus-Partikel. (Foto: © CDC/Charles D. Humphrey)

Das hoch ansteckende Norovirus ist dafür bekannt, dass es sich rasch dort ausbreitet, wo viele Menschen auf begrenztem Raum zusammenkommen – wie in Pflegeheimen, Schulen oder Kindertagesstätten sowie auf Kreuzfahrtschiffen. Jedes Jahr sind rund 200.000 Todesfälle zu beklagen, vor allem in Entwicklungsländern. Jetzt hat eine neue Studie US-amerikanischer Wissenschaftler gezeigt, dass Darmmikroben die Schwere einer Norovirus-Infektion verringern oder steigern können, je nachdem, wo sich das Virus im Darm festsetzt.

Die Studie schlägt auch neue Wege für mögliche Therapien bei Norovirus-Infektionen vor. „Derzeit gibt es keine Behandlung bei Norovirus-Infektionen, die sich sehr leicht durch fäkal-orale Übertragung verbreiten lassen“, erklärt Co-Seniorautorin Dr. Megan T. Baldridge, Dozentin für Medizin an der Washington University. „Das Norovirus ist besonders gefährlich bei kleinen Kindern, älteren Erwachsenen und Menschen mit geschwächtem Immunsystem. Wir versuchen zu verstehen, wie die Mikroorganismen im Darm mit dem Norovirus interagieren, um daraus neue Therapiestrategien ableiten zu können.“

In diesen Untersuchungen an Mäusen stellten die Forscher fest, dass normale Darmbakterien die Schwere der Virusinfektion im unteren Dünndarm verstärken, was mit früheren Arbeiten auf diesem Gebiet übereinstimmt. Gleichzeitig blockierten oder hemmten normale Darmbakterien die Virusinfektion im oberen Dünndarm. Mit anderen Worten: Darmmikroben können in Abhängigkeit von der Position der Infektion entlang der Länge des Darms völlig entgegengesetzte Auswirkungen auf die Norovirus-Infektion haben.“Diese Ergebnisse haben uns sehr überrascht“, berichtete Baldridge. „Wir haben gezeigt, dass verschiedene Teile des Darms dramatisch unterschiedliche Reaktionen auf diese Art von Infektion zeigen können. Unsere Untersuchungen haben ergeben, dass wir den Darm nicht als homogenen Schlauch betrachten können, der auf eine Infektion auf einheitliche Weise reagiert.“

Baldridge und ihre Kollegen stellten fest, dass der Unterschied in der Reaktion auf Gallensäuren zurückzuführen ist, die hauptsächlich für ihre Rolle bei der Verdauung bekannt sind. „Gallensäuren werden durch Bakterien im gesamten Darm stark reguliert“, sagte Baldridge. „Aber es gab keine Erkenntnisse, dass diese Gallensäuren den Darm dazu anregen könnten, eine Immunantwort gegen Darmviren zu entwickeln.“

In der neuen Studie zeigten die Forscher, dass Gallensäuren im oberen Dünndarm – aber nicht im unteren – das Immunsystem stimulieren, auf die Infektion zu reagieren. Die Forscher stellten fest, dass Gallensäuren in dieser Darmregion Typ-III-Interferon triggerten und aktivierten.

Baldridge stellte fest, dass diese Komplexität der Wechselwirkungen zwischen Darmmikroben und Gallensäuren einige der bei Norovirus-Infektionen beobachteten Variabilität erklären könnte. Manche Menschen erkranken extrem schwer unter Einfluss des Virus, während andere überhaupt keine Symptome entwickeln. „Die unterschiedlichen Reaktionen von Menschen auf Virusinfektionen könnten mit ihrem individuellen Darmmikrobiom zusammenhängen“, sagt Baldridge. „Der Schweregrad einer Infektion hängt möglicherweise davon ab, wo genau im Darm man eine Infektion bekommt, und dies kann durch das individuelle Mikrobiom gesteuert werden. Geringe Unterschiede im Darm können dramatische Auswirkungen darauf haben, wie der Darm das Virus wahrnimmt und darauf reagiert.“

Baldridge erklärt auch, dass dies die Art und Weise verändere, in der Forscher Strategien zum Schutz vor oder zur Behandlung von Norovirus-Infektionen entwickeln könnten. Man könne nach Wegen suchen, um das Interferon-Signal, das sie nur im oberen Dünndarm beobachten, so zu erweitern, dass es sich beispielsweise über die gesamte Länge des Darms erstreckt. Baldridge und ihre Kollegen planen weitere Studien, um zu untersuchen, ob es Möglichkeiten gibt, die Darmumgebung durch Gallensäuren oder das Mikrobiom selbst zu manipulieren, um das Immunsystem auf eine Weise zu stimulieren, die eine Norovirus-Infektion unterbinden könnte.