Mögliche Behandlungsoption von Leberschädigungen bei Alpha-1-Antitrypsin-Mangel gefunden

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Alpha-1-Antitrypsin-Mangel ist eine genetische Erkrankung, die oft zu schweren Beeinträchtigungen der Lunge und Leber führt. Für den Leberschaden der Betroffenen kannte man bislang weder die genauen Hintergründe noch eine Therapiemöglichkeit.

Nun haben Forschende die Leberbeteiligung bei Alpha-1-Antitrypsin-Mangel charakterisiert und haben die erste Behandlungsoption erforscht.

Auch wenn in der medizinischen Wissenschaft bereits bekannt war, dass Patienten mit einer bestimmten Ausprägung von Alpha-1-Antitrypsin-Mangel in vielen Fällen eine Leberzirrhose entwickeln, konnte das Risiko für diese Komplikation bisher nicht genau benannt werden. Die aktuellen Forschungen zeigen, dass jene Patienten, die zwei defekte Kopien („Z“-Kopien) des Alpha-1-Antitrypsin-Gens tragen, besonders gefährdet sind. Bei Trägern von nur einer „Z“-Kopie kommt es hingegen nur dann zu einer Leberzirrhose, wenn zudem weitere Lebererkrankungen vorliegen. Neben diesen Details identifizierte das Forschungsteam auch Risikofaktoren, die beeinflusst werden können. So zeigte sich zum Beispiel, dass Übergewicht den Verlauf der Lebererkrankung verschlechtert.

Bildung des fehlerhaften Enzyms unterdrücken

Das Enzym Alpha-1-Antitrypsin wird in der Leber gebildet und gelangt über den Blutkreislauf in die Lunge, wo es schützend auf das Gewebe wirkt. Bei Patienten, die einen angeborenen Alpha-1-Antitrypsin-Mangel aufweisen, wird eine fehlerhafte Version dieses Eiweißstoffes gebildet, die die Leberzelle nicht verlassen kann und somit die Lunge nicht erreicht. Da die Ansammlung des fehlerhaften Alpha-1-Antitrypsins in den Leberzellen ursächlich für den Leberschaden und die damit einhergehende Leberfibrose und -zirrhose ist, zielt der jetzt neu erforschte Therapieansatz darauf ab, dessen Bildung zu unterdrücken.

In einer kürzlich im „New England Journal of Medicine“ erschienen Studie wurde die Wirksamkeit einer Art Gentherapie (Fazirsiran) untersucht, die die Produktion von Alpha-1-Antitrypsin in den Leberzellen hemmt. Dabei stellte das internationale Forschungsteam fest, dass auf diese Weise nicht nur die Ansammlung des fehlerhaften Alpha-1-Antitrypsins und damit die Leberschädigung vermindert, sondern es kam mitunter auch zu einer Rückbildung der Leberfibrose.

„Sofern größere, placebokontrollierte Studien unsere vielversprechenden Ergebnisse bestätigen, könnte in Zukunft eine Therapie für die Leberbeteiligung bei schwerem Alpha-1-Antitrypsin-Mangel, also bei Patient:innen mit zwei ‚Z‘-Kopien, zur Verfügung stehen“, fasst PD Dr. Mattias Mandorfer von der Klinischen Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie der Universitätsklinik für Innere Medizin III der Medizinischen Universität (MedUni) Wien (Österreich) das Ergebnis der Therapiestudie zusammen. „Außerdem weisen die Resultate unserer Untersuchung darauf hin, dass eine Verminderung der Ansammlung des fehlerhaften Alpha-1-Antitrypsins auch beim weitaus häufigeren Träger:innenstatus (nur 1 ‚Z‘-Kopie) positive Effekte haben könnte, sofern bereits eine fortgeschrittene Lebererkrankung vorliegt“, ergänzt Dr. Lorenz Balcar von der Klinischen Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie der Universitätsklinik für Innere Medizin III der MedUni Wien.

Von der schweren Form (2 „Z“-Kopien) des Alpha-1-Antitrypsin-Mangel sind 0,05 Prozent der Bevölkerung betroffen. Da die damit verbundenen Komplikationen in Lunge und Leber im klinischen Alltag oft nicht mit dem Gendefekt in Zusammenhang gebracht werden, wird mit einer hohen Dunkelziffer gerechnet. Der Trägerstatus von nur einer „Z“-Kopie liegt bei etwa drei Prozent der Bevölkerung vor und ist bei Patienten mit fortgeschrittener Lebererkrankung sogar noch deutlich häufiger.