Molekulare „Landkarte“ der Krebsarten im Kindesalter5. März 2018 Die Vielfalt kindlicher Krebsarten (Quelle: Susanne Gröbner, KiTZ) Forschern unter der Leitung von Prof. Stefan Pfister vom „Hopp-Kindertumorzentrum am NCT Heidelberg“ (KiTZ) ist es gelungen, eine besonders detaillierte molekulare „Landkarte“ kindlicher Krebserkrankungen zu zeichnen. In der Kinderkrebsmedizin sind umfassende molekulargenetische Datenanalysen wegen der relativ kleinen Patientenzahlen bisher eher selten. Um die Chancen krebskranker Kinder weiter zu verbessern, würden sie allerdings dringend gebraucht. Noch immer überleben rund 20 Prozent der jungen Patienten ihre Krankheit nicht. Hinzu kommt, dass sich Erkenntnisse über die Tumoren Erwachsener nicht ohne weiteres auf Kinder und Jugendliche übertragen lassen. Das genetische Repertoire kindlicher Krebserkrankungen aufgezeichnet Mit dem Ziel, neue Diagnose- und Therapieansätze für krebskranke Kinder zu identifizieren, haben Heidelberger Wissenschaftler vom KiTZ gemeinsam mit Kollegen aus DKFZ, DKTK, Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) und Universitätsklinikum Heidelberg zusammen mit spezialisierten Forscherteams der Gesellschaft für Pädiatrische Hämatologie und Onkologie (GPOH) das genetische Repertoire kindlicher Tumoren untersucht: Sowohl punktuelle DNA-Mutationen als auch größere strukturelle Veränderungen nahmen die Forscher mit Hilfe modernster DNA-Sequenzierungstechnologie und umfassenden Datenanalysen unter die Lupe – und das bei insgesamt 961 Gewebeproben von 24 unterschiedlichen Krebsarten. „Es stellte sich heraus, dass etwa in der Hälfte der Patienten genetische Abweichungen die Krebszellen so verändern, dass sie potenzielle Angriffspunkte für sogenannte zielgerichtete Krebsmedikamente sind“, erklärte Marc Zapatka, Gruppenleiter der Bioinformatik in der Abteilung Molekulare Genetik des DKFZ. Und Pfister, Wissenschaftler am DKFZ, Oberarzt am Universitätsklinikum Heidelberg, ergänzte: „Das ist ein ermutigendes Ergebnis, da es bedeutet, dass es eventuell bereits Wirkstoffe gibt, die an diesen Stellen ansetzen und damit neue Behandlungsoptionen für die betroffenen Patienten darstellen könnten.“ Allerdings seien die meisten dieser Medikamente bisher nicht an Kindern geprüft worden. Ob sie auch bei jungen Patienten sicher und effektiv wirken, müsse sich daher erst noch zeigen, fügte der Direktor des Präklinischen Programmes am KiTZ hinzu. In etwa sieben Prozent aller Fälle fanden die Wissenschaftler erbliche Veränderungen, die vermutlich zur Tumorentstehung bei diesen Patienten beigetragen haben. Diese sogenannten Keimbahnmutationen wurden entweder von einem Elternteil weitergegeben oder entstanden bereits ganz am Anfang der Embryonalentwicklung und kommen deshalb in jeder einzelnen Körperzelle des Patienten vor. Sie werden an die Folgegeneration weitervererbt. Patienten mit erblichen Krebserkrankungen benötigen eine besondere Aufmerksamkeit, weil sie häufig anders behandelt werden müssen als Patienten mit derselben Krebsart, die keine erbliche Veranlagung haben. „Verglichen mit Tumoren im Erwachsenenalter zeigten die Untersuchungen große Unterschiede in der Art und Häufigkeit der mutierten Gene“, erklärte Lukas Chavez, ehemaliger KiTZ-Mitarbeiter und Gruppenleiter in der Abteilung Pädiatrische Neuroonkologie des DKFZ. „Dies bestätigt einmal mehr, dass die Tumorentwicklung bei Kindern grundlegend anders verläuft als bei Erwachsenen“, so Pfister. „Und es zeigt uns darüber hinaus, dass wir auch bei der Entwicklung zielgerichteter Therapien bei Kindern anders vorgehen müssen als bei Erwachsenen. Wir bräuchten in vielen Fällen sicher auch eigens für Kinder entwickelte Medikamente.“ Die Daten sind frei zugänglich Kollegen des St. Jude Children’s Research Hospital in Memphis, USA, veröffentlichten weitere molekulare Daten zu kindlichen Krebsarten gleichzeitig mit der Heidelberger Studie in “Nature”. Daten beider Studien sind auf dem St Jude PeCan Portal (https://pecan.stjude.org/home) zugänglich. „Die beiden Studien, die in enger Zusammenarbeit aller Forscherteams entstanden, ergänzen sich und bilden gemeinsam die molekulare Vielfalt kindlicher Krebserkrankungen nahezu komplett ab“, erklärte Pfister. „Wir denken, dass die Daten eine wertvolle Quelle für die kinderonkologische Forschung darstellen und dazu beitragen können, die Heilungschancen junger Krebspatienten zu verbessern.“ Originalpublikationen: Gröbner et al.: Nature, 28. Februar 2018 Ma et al.: Nature, 28. Februar 2018
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