Morbus Crohn: Biomarker könnten Patienten mit mildem Verlauf Überbehandlung ersparen

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In einer neuen Studie haben Forschende spezifische biologische Signaturen bei Personen mit einer mild verlaufenden Form des Morbus Crohn entdeckt. Diese Signaturen könnten einer individuelleren und weniger aggressiven Therapie dienen.

Die Autoren verwendeten Multiomics-Daten, um die Biologie speziell des mild verlaufenden Morbus Crohn zu untersuchen. „Durch die Forschungsergebnisse kommen wir zu einem neuen Verständnis dieser großen, vernachlässigten Gruppe von Patienten“, sagt Prof. Ryan C. Ungaro von der Icahn School of Medicine (USA). Gegenstand der Forschung seien meist die mittelschweren bis schweren Verläufe. „Unsere Arbeit zeigt, dass die leicht ausgeprägte Form von M. Crohn nicht nur eine mildere Form einer schweren Erkrankung ist – sie unterscheidet sich tatsächlich in biologischer Hinsicht.

Auswertung von Daten aus zwei Patientenkohorten

Die Wissenschaftler hatten Daten aus zwei gut charakterisierten Patientenkohorten genutzt: das Mount Sinai Crohn’s and Colitis Registry und das Ocean State Crohn’s and Colitis Area Registry. Die Auswertung ließ erkennen, dass Patienten mit leicht ausgeprägtem M. Crohn eine verminderte Immunantwort und einen veränderten Sphingolipidstoffwechsel – ein zellulärer Prozess, der mit der Immunregulation zusammenhängt – aufwiesen. Diese molekularen Marker bilden eine Art biologischen Fingerabdruck, der mit einem geringeren Risiko für eine Progression verbunden ist. Diese Marker unterscheiden auch leichte von aggressiveren Formen.

Kurz nach der Diagnose wird bei vielen M.-Crohn-Patienten eine aggressive, oft kostspielige und lebenslange Therapie verordnet. Schwere Nebenwirkungen sind zwar selten, können aber vorkommen. Bei einer bestimmten Untergruppe von Patienten verstärken sich die Symptome nicht, und sie benötigen diese Therapien nie. Es ist jedoch noch nicht vollständig geklärt, welche Patienten schwerere Formen der Erkrankung entwickeln und daher von den Therapien profitieren. Die nun von der Arbeitsgruppe um Ungaro vorgelegte Studie stellt nach Ansicht ihrer Autoren einen wichtigen Schritt in der Erforschung dieser Nuancen und zur Entwicklung einer Präzisionsmedizin bei Chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) dar. Das Besondere: Die Behandlungsintensität wird an die der Erkrankung zugrunde liegende Biologie angepasst

Ziel: Weniger aufwendige Behandlung, wenn milder Verlauf vorhergesagt werden kann

„Wir hoffen, Instrumente entwickeln zu können, mithilfe derer sich vorhersagen lässt, bei welchen Patienten ein milder, stabiler Krankheitsverlauf wahrscheinlich ist“, fasst Dr. Jean-Frédéric Colombel, Direktor des Susan and Leonard Feinstein Inflammatory Bowel Disease Clinical Center der Icahn School of Medicine am Mount Sinai und Co-Autor dieser Arbeit, zusammen. „Auf diese Weise können wir unnötige Medikamente vermeiden, Nebenwirkungen reduzieren und die Kosten für Patienten und das Gesundheitssystem senken. Die Ergebnisse dieser Arbeit könnten dazu beitragen, die Prognose für Patienten mit leichtem M. Crohn zu verbessern.“

Die Ergebnisse könnten den zukünftigen Einsatz von Biomarkern stützen, mit denen sich Patienten identifizieren ließen, bei denen biologische Therapien risikofrei hinausgezögert oder gänzlich vermieden werden können. Für Patienten könnte eine personalisierte Betreuung weniger Nebenwirkungen, kürzere Medikamenteneinnahmezeiten und geringere Behandlungskosten bedeuten – insbesondere für Patienten mit leichterem Krankheitsverlauf.
Für die Zukunft planen die Forscher, diese Biomarker an größeren Patientengruppen zu validieren und klinisch anwendbare Instrumente zu entwickeln, die frühzeitige Behandlungsentscheidungen unterstützen.

Die Finanzierung der verwendeten Daten erfolgte durch die National Institutes of Health und Janssen Pharmaceuticals.

(ac)