Nach Operationen: Schmerz schränkt Mobilität nicht ein30. August 2024 Schmerz und eingeschränkte Mobilität sind zwei voneinander unabhängige Aspekte der Genesung nach Operationen, so das Ergebnis einer Versorgungsforschungsstudie des Universitätsklinikums Jena. Foto: Anna Schroll/Universitätsklinikum Jena Oft ist die Beweglichkeit nach Operationen zunächst eingeschränkt, dazu kommen manchmal akute Schmerzen. Ein internationales Team hat den Zusammenhang von Aktivität und Schmerz nach chirurgischen Eingriffen untersucht: Es gibt keinen. Führen Schmerzen nach einer Operation zu weniger Bewegung? Sind Patientinnen und Patienten aktiv, obwohl es weh tut oder empfinden sie Mobilität gar als Hilfe bei der Schmerzbewältigung? Bisher gab es zu diesen Fragen wenige Daten und diese zeigten ein uneinheitliches Bild. Im Rahmen des europäischen Verbundprojektes IMI-Paincare suchte ein internationales Forschungsteam nach Antworten auf diese Fragen. Die Ergebnisse der Studie unter der Leitung der Schmerzforschung am Universitätsklinikum Jena wurden jetzt im European Journal of Pain veröffentlicht. An der Untersuchung in vier europäischen Universitätskliniken beteiligten sich knapp 300 Patientinnen und Patienten, die sich einer Brust- oder Endometrioseoperation unterzogen hatten, bei denen wegen eines Eingriffs der Brustkorb geöffnet worden war, oder die ein künstliches Kniegelenk erhalten hatten. Sie erhielten am Tag nach der Operation einen am Handgelenk zu tragbaren Schrittzähler ohne Anzeige, mit dem eine Woche lang ihre Mobilität erfasst wurde. Vor der OP und sieben Tage nach dem Eingriff beantworteten die Teilnehmenden zudem umfassende Fragebögen zum Schmerz. Wie erwartet war die Mobilität unmittelbar nach der Operation stark eingeschränkt. Sie verbesserte sich dann im Lauf in der ersten Tage beständig. „Überraschenderweise gab es aber eine Woche nach der Operation praktisch keinen Zusammenhang zwischen der Anzahl der Schritte der Patientinnen und Patienten und der von ihnen berichteten Schmerzstärke“, so der Leiter der Studie, Dr. Marcus Komann vom Universitätsklinikum Jena. „Wir hatten vermutet, dass Patienten mit starken Schmerzen sich weniger bewegen. Dem ist aber nicht so.“ Auch für verschiedene Teilaspekte konnte das Autorenteam keine signifikanten Korrelationen zur Mobilität feststellen: Bei keinem der vier verschiedenen Eingriffe fand sich ein Zusammenhang der Schrittzahl mit der Schmerzintensität in Ruhe und Bewegung, mit OP-spezifischen Schmerzen oder mit der Gabe von Schmerzmitteln. In Bezug auf die Aktivität ergab sich kein Unterschied, ob die frisch Operierten zusätzliche Medikamente zur Schmerzbehandlung wünschten oder nicht. Über die veröffentlichten Daten hinaus untersuchte das Studienteam zudem Alter und Body-Mass-Index, konnte aber auch dafür keinen Zusammenhang zur gemessenen Mobilität herstellen. Marcus Komann: „Unsere Studie zeigt, dass Schmerzen die Mobilität nach Operationen nicht einschränken. Starker Schmerz und eingeschränkte Beweglichkeit sind vielmehr zwei voneinander unabhängige Aspekte der Genesung.“ Zur Bewertung des Gesundheitszustandes von Patientinnen und Patienten nach chirurgischen Eingriffen sollten beide Parameter gemessen werden, um Probleme zu erkennen, rät er. Dies erlaube es, die Behandlung bei Bedarf anzupassen.
Mehr erfahren zu: "Weniger Verluste – Minister sieht Uniklinik Mainz auf gutem Weg" Weniger Verluste – Minister sieht Uniklinik Mainz auf gutem Weg Mit einem Bündel an Maßnahmen versucht die Uniklinik Mainz seit Jahren, aus den roten Zahlen zu kommen – und verbucht auch nach Meinung des Landes einen Teilerfolg.
Mehr erfahren zu: "EHDS und EU-HTA: Gesundheitsdaten und Arzneimittelbewertung vereinheitlichen" EHDS und EU-HTA: Gesundheitsdaten und Arzneimittelbewertung vereinheitlichen Die EU-Staaten rücken mit dem Start des Europäischen Gesundheitsdatenraums (EHDS) und des europäischen Nutzenbewertungsverfahrens (EU-HTA) zusammen. Experten diskutierten den Nutzen von EHDS und EU-HTA mit Blick auf den Datenschutz im […]
Mehr erfahren zu: "Neues Forschungsprojekt: Bessere Statistik für kleine Stichproben" Neues Forschungsprojekt: Bessere Statistik für kleine Stichproben Kleine Stichproben: Wie lassen sich trotzdem valide wissenschaftliche Ergebnisse gewinnen? Dieser Frage widmet sich das neue Projekt von Prof. Markus Neuhäuser, Professor für Statistik am Campus Remagen der Hochschule Koblenz.