Nahtheilung nach Darmoperation: Kann Kohlenstoffdioxid helfen?

Kohlenstoffdioxid (Abbildung: © immimagery/stock.adobe.com)

Wie kann man undichte Nähte nach einer Darmoperation verhindern beziehungsweise wieder verschließen? Dies erforscht Dr. Moritz J. Strowitzki vom Universitätsklinikum Gießen und Marburg (UKGM) am Standort Gießen.

Im Fokus von Strowitzkis neuer Emmy Noether-Nachwuchsgruppe steht dabei der Einfluss von Kohlenstoffdioxid auf die Nahtheilung nach einer Darmoperation. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert dieses Forschungsvorhaben im Rahmen ihres Emmy Noether-Programms ab August 2024 für sechs Jahre mit rund 1,68 Millionen Euro. Das Projekt ist in der Gießener Klinik für Allgemein-, Viszeral-, Thorax- und Transplantationschirurgie angesiedelt.

In Deutschland erkranken jedes Jahr rund 350.000 Menschen an Darmkrebs. Nach der Entfernung betroffener Darmabschnitte wird bei bis zu zwölf Prozent der Patientinnen und Patienten Anastomose undicht oder reißt auf: Die Folgen können schwere Komplikationen wie eine Bauchfellentzündung und eine Sepsis sein. Die Operation muss revidiert, in einigen Fällen vorübergehend ein künstlicher Darmausgang angelegt werden. Zudem kann sich eine notwendige Chemotherapie verzögern.

Weniger Nahtlecks nach minimalinvasiven Eingriffen

Die Heilung von Darmanastomosen kann vermutlich durch eine hohe Kohlenstoffdioxidkonzentration im Bauchraum günstig beeinflusst werden. So zeigen erste Daten, dass vergleichsweise weniger Patienten, deren Darmoperation minimalinvasiv durchgeführt wird, Probleme mit einer Anastomosen-Insuffizienz haben. Bei ihnen wird der Bauchraum vor der Operation durch Kohlenstoffdioxidgas aufgebläht, um optimale Operationsbedingungen und Sichtverhältnisse herzustellen.

„Wir wollen verstehen, wie Kohlenstoffdioxid die Heilungsprozesse an der Darmanastomose beeinflusst“, sagt Strowitzki. Andere Faktoren für Anastomosen-Insuffizienz, zum Beispiel eine schlechte Durchblutung und Sauerstoffmangel, seien bereits gut erforscht und verstanden. So wurden 2019 zwei US-amerikanische und ein britischer Wissenschaftler für ihre bahnbrechenden allgemeinen Erkenntnisse zur Sauerstoffmessung in Körperzellen und deren Reaktionen auf Konzentrationsschwankungen mit dem Medizinnobelpreis ausgezeichnet. „Viel weniger ist bekannt, wie Körperzellen Kohlenstoffdioxidkonzentrationen messen und auf deren Änderung reagieren“, erklärt Strowitzki.

Vor allem Makrophagen könnten hier eine wichtige Rolle spielen. Sie sind extrem wandlungsfähig und können ihre Zellstrukturen auf eine spezifische Weise ausrichten, man spricht hier von einer Polarisierung der Zelle. Je nachdem wie die Makrophagen polarisiert sind, können sie die Heilungsprozesse in der Darmwand unterstützen oder hemmen. „Sowohl die Konzentration von Kohlenstoffdioxid als auch von Sauerstoff können die Makrophagen entsprechend polarisieren“, sagt Strowitzki. „Mithilfe eines körpereigenen Enzyms kann diese Polarisierung der Zellen beeinflusst werden.“

Ein besseres Verständnis der Mechanismen für die Polarisierung der Immunzellen könnte eine Grundlage für die Entwicklung von Medikamenten sein, die eine Vorbeugung und Heilung von Darmanastomosen ermöglichen, vor allem bei schwer kranken Patientinnen und Patienten. In Gießen seien die Bedingungen für den erfolgreichen Aufbau seiner Nachwuchsgruppe exzellent, so Strowitzki. Daher hoffe er auch auf eine zügige Umsetzung der Forschungsergebnisse in die Praxis.