NAKO Gesundheitsstudie: MRT-Daten deuten auf Zusammenhang zwischen Straßenlärm und Körperfettverteilung hin

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Offenbar kann eine dauerhafte Belastung durch Verkehrslärm bei den Betroffenen mit einem höheren Anteil an Fettgewebe im Körper verbunden sein, wie eine Analyse im Rahmen der NAKO Gesundheitsstudie ergeben hat. Dadurch könnte auch das Risiko für assoziierte Erkrankungen steigen.

Forschende von Helmholtz Munich und der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) hatten eine mögliche Assoziation zwischen der Belastung durch Straßenverkehrslärm und dem Risiko für Stoffwechselerkrankungen untersucht. Hierfür nutzten sie die Bildgebungsdaten aus Magnetresonanztomographien (MRTs) von mehr als 11.000 Teilnehmenden der NAKO Gesundheitsstudie und kombinierten diese mit Straßenverkehrslärm-Daten in Deutschland.

Laut Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist Lärmbelastung nach Luftverschmutzung auf Platz zwei der schädlichsten Umweltrisikofaktoren. Ab 53 Dezibel (dB(A)) wird Lärm als erwiesen gesundheitsschädlich eingestuft „Ziel unserer Studie war es, die Assoziation zwischen Straßenverkehrslärmbelastung am Wohnort und dem Ausmaß von Fettdepots unter der Haut sowie um die Organe und in der Leber zu untersuchen”, berichtet Fiona Niedermayer, NAKO-Wissenschaftlerin am Helmholtz Munich und an der LMU.

Auswertung von MRT-Bildern mittels Künstlicher Intelligenz

Für die Auswertungen verwendeten die Forschenden Bildgebungsdaten von 11.101 NAKO-Teilnehmenden, die zwischen 2014 und 2016 im Rahmen der MRT-Basisuntersuchung aufgenommen wurden. Ein auf Künstliche Intelligenz (KI) gestützter Ansatz half dabei, die Fettdepots und das Fettgewebevolumen auf den MRT-Bildern zu erkennen und zu messen. Teilnehmende mit sehr hohem Leberfettgehalt und übermäßigem Alkoholkonsum oder einer bekannten Hepatitis-B- oder -C-Diagnose wurden von der Analyse ausgeschlossen.

Die MRT-Daten brachten die Wissenschaftler dann mit Informationen des Europäischen Umweltinformations- und Umweltbeobachtungsnetzes (EIONET) zur Lärmbelastung durch den Straßenverkehr in Deutschland für das Bezugsjahr 2017 in Verbindung. Neben der gemessenen Lärmbelastung und der Selbsteinschätzung durch die Teilnehmenden wurden zudem weitere Faktoren wie Alter der Teilnehmenden, individueller und regionaler sozioökonomischer Status, selbstberichtete Vorerkrankungen und Lebensstilfaktoren aber auch Umweltfaktoren wie Luftverschmutzung oder Grünflachen am Wohnort in den Analysen berücksichtigt.

Die Wissenschaftler beobachteten in ihrer Auswertung, dass ein Anstieg des Straßenverkehrslärms von zehn Dezibel (dB) mit einem höheren Fettgewebevolumen und einem höheren Leberfettgehalt bei Männern und Frauen assoziiert war. „Den Zusammenhang konnten wir teils auch beobachten, wenn die gemessene Lärmbelastung am Wohnort insgesamt unter 53 dB(A) lag, also im eigentlich noch unschädlichen Bereich,“ ergänzt Niedermayer. dB(A) ist die Maßeinheit für den Schalldruckpegel nach der Frequenzbewertungskurve A und bezieht sich auf die Wirkung der Quelle des Schalls auf die menschliche Wahrnehmung. „Die Lärmassoziationen blieben auch nach Aufnahme der zusätzlichen Faktoren wie Luftschadstoffen und Grünflächen in der Umgebung sowie Alter, sozioökonomischer Status, Vorerkrankungen oder Lebensstil in die Analyse konsistent. Das deutet darauf hin, dass ein unabhängiger Zusammenhang zwischen der Belastung durch Straßenverkehrslärm und den von uns analysierten Fettdepots zu bestehen scheint.“

Risikofaktoren für Erkrankungen von Herz und Kreislauf

Fettgewebedepots und ein erhöhter Leberfettgehalt sind frühe Risikofaktoren für die Entwicklung von kardiometabolischen Erkrankungen, wie beispielsweise Schlaganfall oder Bluthochdruck. „Eine Zunahme der Fettgewebedepots und des Leberfettgehalts zeigt, dass Lärm Stoffwechselprozesse initiiert, die das Risiko für Typ-2-Diabetes und Herzkreislauferkrankungen erhöhen“, berichtet Prof. Annette Peters, Direktorin des Institutes für Epidemiologie am Helmholtz Munich. „Frühere Studien haben Hinweise geliefert, dass insbesondere nächtliche Lärmbelastung die Qualität des Schlafs beeinflusst. Dies kann Stress und den Hormonhaushalt beeinflussen, was Auswirkungen auf das Körpergewicht haben kann. Daher sollten nicht nur verhaltensbedingte, sondern auch nichtverhaltensbedingte Risikofaktoren bei der Prävention von Übergewicht und der Vorbeugung von Folgeerkrankungen durch die Verringerung von Verkehrslärm erforscht werden.“

Die Wissenschaftler weisen einschränkend darauf hin, dass die Verkehrslärmdaten für Deutschland nicht flächendeckend erhoben wurden und werden. Für die aktuelle Analyse wurden die Verkehrslärmdaten für das Jahr 2017 verwendet und decken damit nicht den kompletten Untersuchungszeitraum der Teilnehmenden ab. Somit konnten Teilnehmende für deren Wohnort es keine Daten des EIONET gab, nur mittels eines niedrigen Lärmbelastungslimit von 40 dB(A) in die Analyse eingeschlossen werden, was möglicherweise zu einer Unterschätzung der Assoziationen geführt hat. Für zukünftige Forschungen zur Lärmbelastung empfehlen die Wissenschaftler flächendeckende und kontinuierliche Erfassungen von Verkehrslärm in Deutschland, insbesondere auch anderer Lärmquellen, und die Festlegung maximaler Belastungsgrenzen, ähnlich wie bei Luftschadstoffen.