NASH: Forschende der Universitätsmedizin Mainz entwickeln Wirkstoff einer neuen Substanzklasse

Abbildung: © Kateryna_Kon/stock.adobe.com

Eine innovative Fettsäure hat sich in einer klinischen Studie in der Therapie der Nichtalkoholischen Steatohepatitis (NASH) als hochwirksam und gut verträglich erwiesen.

Wissenschaftler des Institutes für Translationale Immunologie der Universitätsmedizin Mainz haben ein neuartiges Medikament mitentwickelt, mit dem sich die NASH effektiv behandeln lassen könnte: die modifizierte Omega-3-Fettsäure Icosabutat. In der laufenden klinischen Phase 2b-Studie ICONA scheinen sich die positiven Ergebnisse zu bestätigen: Der Wirkstoff verhinderte die Entzündung und Vernarbung der Leber.

Weltweit leiden in den Industrieländern immer mehr Menschen an Stoffwechselerkrankungen wie beispielsweise Adipositas, gestörtem Fettstoffwechsel oder auch Typ-2-Diabetes. Viele dieser Patienten entwickeln eine Nichtalkoholische Fettleber (NAFL), allein in Deutschland etwa 30 Prozent der Bevölkerung. Bei rund jedem sechsten NAFL-Patient entwickelt sich eine NASH. Die bisherige Behandlung einer NAFL und einer NASH zielt zunächst darauf ab, die Ernährung der Betroffenen umzustellen und mehr körperliche Bewegung zu verordnen. Damit soll unter anderem eine Gewichtsabnahme erreicht werden. Diese kann die NASH verbessern. Wie auch bei der Behandlung von Adipositas gelingt die Gewichtsabnahme jedoch bei den meisten NASH-Patienten oft nur unzureichend. Eine medikamentöse Therapie steht aktuell nicht zur Verfügung. Zwar wird in der Forschung an zahlreichen Wirkstoffen gearbeitet, jedoch scheiterte deren Zulassung häufig an der unzureichenden Wirksamkeit oder weil sie unerwünschte Nebenwirkungen hervorriefen.

„Wir haben gemeinsam mit der Firma Northsea Therapeutics ein potenzielles Medikament gegen die NASH entwickelt und mit Hinblick auf seine Wirksamkeit ausgiebig in vitro und in vivo getestet: die strukturell-modifizierte Omega-3-Fettsäure Icosabutat”, berichtet Univ.-Prof. Detlef Schuppan, Direktor des Institutes für Translationale Immunologie an der Universitätsmedizin Mainz. „Dabei handelt es sich um eine völlig neue Substanzklasse. Durch Icosabutat verbesserten sich sowohl die Leberentzündung als auch die Leberfibrose. In einer ersten Studie mit Patienten, die ein hohes Risiko für NASH hatten, normalisierte eine tägliche Kapsel unseres Wirkstoffs Icosabutat erhöhte Blutwerte der Leberentzündung und der Leberfibrose sehr überzeugend und schnell. Basierend auf diesen vielversprechenden Ergebnissen konnte in den USA eine klinische Phase-2b-Studie (ICONA) initiiert werden, in der Betroffene mit schwerer NASH und Leberfibrose über einen Zeitraum von einem Jahr mit Icosabutat behandelt werden. Hier wird der Therapieerfolg zu Beginn und am Ende auch per Leberbiopsie beurteilt“, ergänzt Schuppan.

Für die Behandlung einer Nichtalkoholischen Fettleberhepatitis (NASH) haben Forschende der Universitätsmedizin Mainz die modifizierte Omega-3-Fettsäure Icosabutat entwickelt. Der innovative Wirkstoff hemmt die Entzündung und Vernarbung der Leber. (Abbildung:
© Universitätsmedizin Mainz)

Die Entwicklung des neuen Medikamentes basiert auf bekannten Substanzen aus Fischöl, den Omega-3-Fettsäuren. Neben der positiven Wirkung auf das Herz-Kreislauf-System sind Omega-3-Fettsäuren auch an mehreren Prozessen beteiligt, die die Entzündungen der Leber und die Fibrose regulieren können. Das diente als Ausgangspunkt für die Suche nach einem Arzneimittel, mit dem sich chronische Leberentzündungen behandeln lassen.

Die Herausforderung, aus Omega-3-Fettsäuren ein wirksames Medikament für NASH herzustellen, liegt darin, dass nahezu überall im Körper Omega-3-Fettsäuren für den allgemeinen Energiestoffwechsel benötigt werden. Auch die Leber nutzt die Fettsäuren, um Energie zu gewinnen und ihre Zellen aufzubauen. Dadurch werden die Omega-3-Fettsäuren schnell vom Körper verbraucht, weshalb sie nicht mehr über ausreichend Potenzial verfügen, die Leberentzündung zu hemmen. Die für eine klinische Wirksamkeit erforderlichen hohen Dosen von Omega-3-Fettsäuren werden schlecht vertragen und haben unerwünschte Nebenwirkungen.

„Bei unserer Substanz Icosabutat haben wir die Struktur der Omega-3-Fettsäure so verändert, dass dieser Wirkstoff nicht in die Leberzellen eingebaut oder als ‚Brennstoff‘ verbraucht werden kann”, erläutert Schuppan. „So liegt genügend unverbrauchte Icosabutat-Fettsäure in der Leber vor, um die Entzündung und die Fibrose zu dämpfen. Dabei wirkt die modifizierte Omega-3-Fettsäure Icosabutat 50-mal stärker als die natürliche Omega-3-Fettsäure. Wir sind optimistisch, dass der von uns entwickelte Wirkstoff zu einer ersten wirksamen Therapie mit klarem Nutzen für die vielen von NASH Betroffenen führen wird. Das wäre ein weiterer großer Erfolg für die translationale Entwicklung eines Medikamentes von der Grundlagenforschung in die klinische Anwendung – ein zentrales Ziel unseres Instituts für Translationale Immunologie.“