Nekrotisierende Enterokolitis bei Frühgeborenen: Virenprofil im Darm als Frühwarnsignal26. April 2022 Foto: © ondrooo/stock.adobe.com Bei einer Untersuchung des Darmviroms von Säuglingen haben Forschende entdeckt, dass einige Frühgeborene kurz vor der Entwicklung einer nekrotisierenden Enterokolitis (NEC) deutliche Veränderungen des Virenprofils in ihrem Darm aufweisen. Laut den Studienautoren um Efrem Lim vom Biodesign Center for Fundamental and Applied Microbiomics der Arizona State University (USA) könnte die in dieser Studie beobachtete virale Signatur zusammen mit Veränderungen in der Zusammensetzung von Bakteriengemeinschaften im Darm ein Frühwarnsignal für ein NEC-Risiko bei Säuglingen sein und ein frühes Eingreifen ermöglichen. „Seit vielen Jahren schon gibt es Hinweise darauf, dass das Mikrobiom an dieser sich rasch entwickelnden Erkrankung beteiligt ist“, sagt Lim. „Studien haben gezeigt, dass Veränderungen im Mikrobiom des Darms bei diesen Frühgeborenen das Voranschreiten einer NEC vorherzusagen scheinen.“ Nach Aussage der Autoren ist die aktuelle Studie die erste, in der umfassend Veränderungen im viralen Mikrobiom untersucht wurden, die die Voraussetzungen für die Entwicklung einer NEC bei Frühgeborenen zu schaffen scheinen. Während NEC bei reifen Säuglingen selten auftritt, ist eines von 1000 Frühgeborenen davon betroffen. Eine NEC kann dazu führen, dass ein Säugling innerhalb weniger Stunden von einem scheinbar gesunden in einen Zustand schwerer Erkrankung übergeht. Eine NEC tritt in der Regel zwei bis sechs Wochen nach der Geburt auf und führt zu einer schweren Entzündung und schließlich Absterben des Darmgewebes. Es kann auch zu einer Darmperforation und einem Eindringen von Bakterien in den Bauchraum oder in den Blutkreislauf kommen. Neben Frühgeburtlichkeit werden als Risikofaktoren eine sehr frühe und längere Anwendung von Antibiotika und der Einsatz von Säuglingsnahrung angenommen. Ältere Studien deuten zwar darauf hin, dass Veränderungen im Darmmikrobiom stark an der Entwicklung der NEC beteiligt sind, jedoch wurde bisher keine einzelne Bakteriengattung durchgehend mit der Erkrankung in Verbindung gebracht. Babys, die die Erkrankung überwinden, können oft mit lebenslangen Gesundheitsproblemen konfrontiert sein, wie neurologische Entwicklungsstörungen und dem Kurzdarmsyndrom. In der aktuellen Studie wurden in den ersten elf Lebenswochen von 23 Frühgeborenen 138 Stuhlproben gesammelt. Neun der Säuglinge entwickelten eine NEC, während dies bei 14, die den NEC-Fällen bezüglich Gewicht und Gestationsalter entsprachen, nicht der Fall war. Mithilfe der Metagenomik bewerteten die Forschenden die Bakterienvielfalt und die mikrobielle Häufigkeit in verschiedenen Umgebungen. Das Sequenzierungsverfahren ermöglicht auch die detaillierte Untersuchung von Mikroorganismen, die im Labor nur schwer oder gar nicht zu kultivieren sind. Die Ergebnisse ergaben eine Konvergenz viraler und bakterieller Signaturen im Darmvirom bei den Säuglingen mit NEC. Bemerkenswerterweise wurde bei Babys mit NEC eine verminderte virale Beta-Diversität im Darm festgestellt, die über einen Zeitraum von zehn Tagen vor dem Ausbruch der NEC auftrat. Sie stellt daher nach Ansicht der Wissenschaftler einen potenziellen Biomarker dar, der auf ein bevorstehendes Risiko hinweisen könnte. Die so gewonnenen Erkenntnisse könnten den Forschenden zufolge nicht nur zu einer rascheren Diagnose und besseren Therapien der NEC führen, sondern auch für ein breites Spektrum von Erkrankungen nützlich sein, die durch das Mikrobiom vermittelt werden. Darüber hinaus könnten bestehende Therapien, die auf die Veränderung des Darmmikrobioms abzielen, beispielsweise die Stuhltransplantation, durch eine Bestandsaufnahme der viralen Komponente weiter verbessert werden.
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