Nervenverletzung als Ursache für unklare chronische Schmerzen nach Knie-OP

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Nach einer Knie-OP leiden PatientInnen immer wieder an heftigen chronischen Schmerzen. Deren Ursache wird zwar in der Schädigung von kleinen Nerven vermutet, jedoch war dies bist jetzt nicht mit Bildgebung nachweisbar

Im Rahmen zweier Studien gelang es nun einem interdisziplinären Forschungsteam um den Radiologen Georg Riegler von der Universitätsklinik für Radiologie und Nuklearmedizin der MedUni Wien, diese kleinsten sensiblen Hautnerven am vorderen und inneren Oberschenkel und im Kniebereich mittels hochauflösender Ultraschall-Bildgebung darzustellen. Damit können Therapien nun gezielt angewandt werden.

Nach einer Knie-OP kann es, trotz erfolgreicher Operation, immer wieder zu monatelangen, chronischen (und unklaren) Schmerzen kommen. Bei einem Großteil der PatientInnen bleiben diese in erträglichem Maß und verschwinden schließlich von alleine wieder. Fünf bis zehn Prozent leiden jedoch ein- bis eineinhalb Jahre später immer noch an teils starken neuropathischen Schmerzen. Diese wirken sich natürlich negativ auf die Lebensqualität aus. Wenn keine anderen objektiven Ursachen feststellbar sind, ist dies der erste Hinweis, dass eine Nervenverletzung die Ursache sein könnte.

Bei chirurgischen Eingriffen sind Verletzungen von Gewebe und Nerven im operierten Areal nicht zu vermeiden. Meistens bleiben diese Schädigungen jedoch ohne weitere Folgen und die normalen, durch die Knie-OP bedingten Schmerzen klingen nach einigen Wochen wieder ab. Wenn ein Nerv allerdings so geschädigt ist, dass die Schmerzen auch Monate nach der Knie-OP noch anhalten oder sogar stärker werden, sollte so rasch wie möglich mit einer gezielten Schmerztherapie begonnen werden, um eine Chronifizierung des Schmerzes zu verhindern. Ist diese einmal eingetreten, dann ist es meist viel schwieriger, jemals wieder vollkommen schmerzfrei zu werden.

Bisher war es allerdings nicht möglich, die weniger als einen Millimeter dünnen Hautnerven um das Knie und deren Verästelungen in bildgebenden Verfahren sichtbar zu machen. Somit konnte eine Nervenverletzung immer nur vermutet und auf Verdacht behandelt werden. Ist die Vermutung aber falsch, kann so eine Therapie eher schaden als nützen. Nun konnte das Team um Riegler von der Universitätsklinik für Radiologie und Nuklearmedizin der MedUni Wien, in Kooperation mit dem PUC – Private Ultrasound Center– sowie  der Klinischen Abteilung für Plastische und Rekonstruktive Chirurgie und dem Zentrum für Anatomie und Zellbiologie der MedUni Wien, diese kleinen Hautnerven am Knie erstmals mittels hochauflösendem Ultraschall sichtbar machen.

In der ersten Studie des Teams gelang es, den Ramus infrapatellaris (ein sensibler Nervenast vor und unterhalb der Kniescheibe) über seinen gesamten Verlauf mit Hilfe des hochauflösenden Ultraschalls darzustellen. In der zweiten Studie konnten die verzweigten vorderen Hautäste des Oberschenkelnervs Nervus femoralis dargestellt werden. Es konnte auch gezeigt werden, dass diese Nervenbahnen hoch variabel sind und bei jedem Menschen anders verlaufen. Es ist also unerlässlich, die genaue Position der verletzten Nervenfasern zu bestimmen, bevor eine gezielte Therapie gegen diese Nervenschmerzen angewandt werden kann.

Für die genaue Eingrenzung der Schmerz verursachenden Nervenäste ist es laut Riegler unbedingt erforderlich, eine sogenannte „diagnostische Blockade“ vorzunehmen: „Da die Nervenversorgung so variabel ist, muss zuerst sichergestellt werden, welcher dieser winzigen Nerven die Schmerzen verursacht. Dies kann nur durch eine selektive vorübergehende Betäubung, also einer Blockade des verdächtigten Nervs, mit maximal einem Milliliter Betäubungsmittel erreicht werden. Wenn der Schmerz sich direkt nach erfolgter Blockade deutlich reduziert und nach Abklingen der Betäubung zurückkehrt, dann ist das Problem lokalisiert,” so Riegler.

Ist ein Nerv Ursache für die Schmerzen, gibt es verschiedene therapeutische Möglichkeiten, die nun zum Einsatz kommen können. Zuerst versucht man eine lokale Therapie mittels Schmerzpflastern oder eine Physiotherapie. Die nächste Stufe wäre eine ultraschallgezielte Therapie, bei der in einigen Sitzungen der betroffene Nerv mehrmals mittels Anästhetikums blockiert wird und somit der Schmerz gehemmt wird. Außerdem sind Cortison-Gaben und eine Radiofrequenzablation anzudenken. Erst als letzte Option werden chirurgische Verfahren wie die Freilegung oder Durchtrennung des Nervs durchgeführt. Dies gelingt aber bereits mit guten Erfolgen.

Riegler: „Es ist sehr wichtig, so rasch wie möglich eine richtige Diagnose zu haben und nicht zu lang zu warten. Die Schmerzen können sich sonst in das ‚Schmerzgedächtnis einbrennen‘ und chronisch werden“. Künftig kann also vielen PatientInnen mit Nervenverletzungen nach Knieoperationen noch besser geholfen werden.