Neue Einblicke in die Mechanismen bei Niemann-Pick Typ C9. Dezember 2024 Foto: © melita – stock.adobe.com Forschende des DZNE und des LMU Klinikums München präsentieren im Fachjournal Science Translational Medicine neue Erkenntnisse zu den Mechanismen von Niemann-Pick Typ C (NPC). Sie unterstreichen die Rolle von Entzündungsprozessen bei dieser Erkrankung. „Normalerweise verbinden wir Demenz mit älteren Menschen. Es gibt jedoch auch Demenzerkrankungen, die sich bereits bei Kindern bemerkbar machen und zum Tod führen, und zwar schon im Alter von 30 Jahren oder sogar früher, wie etwa Niemann-Pick Typ C“, erläutert Dr. Sabina Tahirovic, Neurowissenschaftlerin am DZNE-Standort München. In Deutschland sind schätzungsweise etwa 150 Menschen von dieser seltenen neurodegenerativen Erkrankung betroffen. Sie weisen Mutationen in einem von zwei spezifischen Genen auf, die den Fettstoffwechsel regulieren. In der Folge kommt es zu einer schädlichen Anhäufung von Lipiden im Gehirn und in anderen Organen. Dies wiederum kann Bewegungsstörungen sowie schwere psychiatrische und neurologische Symptome auslösen – einschließlich Demenz. Biomarker gefragt „Oft vergehen Jahre, bis NPC diagnostiziert wird und es sind zahlreiche Arztbesuche nötig. Die maßgeblichen Mutationen sind leicht nachzuweisen, aber oft wird NPC anfangs nicht in Betracht gezogen, weil die Erkrankung so selten ist“, erklärt Tahirovic. Bestimmte Medikamente, die auf den Fettstoffwechsel wirken, können die Symptome lindern. Bisher gibt es jedoch keine Therapien, die die Krankheit dauerhaft aufhalten können. „Wir kennen zwar die genetischen Ursachen von NPC, aber die Mechanismen der Krankheitsentwicklung sind noch wenig verstanden. Unsere Befunde unterstreichen nun, dass Neuroinflammation ein entscheidender Faktor ist. Außerdem haben wir mit TSPO einen potenziellen Biomarker für die Verlaufskontrolle und die Wirkung von Behandlungsmaßnahmen identifiziert“, berichtet die Neurowissenschaftlerin. „Angesichts der Entwicklung neuer Therapeutika für NPC benötigen wir dringend solche Messgrößen, um klinische Nutzen und Krankheitsverlauf zu erfassen.“ Eine pathologische Kaskade Ausgehend von den Ergebnissen früherer Studien widmeten sich Tahirovic und ihre Kolleginnen und Kollegen den Mikroglia: Diese Zellen gehören zum Immunsystem des Gehirns und sind daher auf die Bekämpfung von Krankheitserregern und anderen Bedrohungen spezialisiert. Bei NPC scheinen sie jedoch mehr zu schaden als zu nützen. „Wir konnten zeigen, dass die Mikroglia aktiv zur NPC-Pathologie beitragen, indem sie im Gehirn eine schädliche neuroinflammatorische Reaktion auslösen“, erklärt Tahirovic. „Wir sehen diese Immunzellen als Teil einer pathologischen Kaskade, an der auch andere Gehirnzellen beteiligt sind und die letztlich Nervenzellen beschädigt. Aktuelle Behandlungsmethoden für NPC zielen darauf ab, die Menge an Lipiden in den Zellen zu reduzieren, da diese Anhäufung pathologisch ist. Unsere Ergebnisse unterstreichen nun die Bedeutung von Entzündungen bei NPC. Die Kombination von lipidsenkenden Strategien mit Immunmodulation ist daher aus meiner Sicht ein vielversprechender Ansatz für künftige Therapien.“ Ein möglicher Biomarker Für das aktuelle Forschungsprojekt wurden Studien an Mäusen und Zellkulturen mit der Analyse von Blutproben und PET-Scans von NPC-Patienten kombiniert. Möglich wurde dies durch eine Zusammenarbeit mit der Klinik für Nuklearmedizin und der Klinik für Neurologie am LMU Klinikum. „Das sogenannte Translokator-Protein, kurz TSPO, ist ein gängiger Entzündungsmarker bei verschiedenen Gehirnerkrankungen. Bisher wurde TSPO jedoch nicht mit der Aktivierung von Mikroglia und dem Verlauf von NPC in Verbindung gebracht. Wir haben nun festgestellt, dass die Hyperaktivität der Mikroglia, wie man sie bei NPC beobachtet, sich in einem deutlichen Anstieg der TSPO-Werte widerspiegelt. Dieses Molekül ist in den Kraftwerken aller Zellen vorhanden und kommt offenbar ins Spiel, wenn der Energiebedarf der Mikroglia ansteigt“, erklärt Tahirovic. „TSPO ist daher ein möglicher Marker, um das Krankheitsstadium einzuschätzen und den Krankheitsverlauf vorherzusagen.“ Auch zur Beurteilung der Therapiewirkung könnte TSPO nützlich sein. „Wir schließen dies aus Daten von Patienten, die mit einem Medikament behandelt wurden, das die Symptome von NPC lindern kann. Dieses Mittel, namens N-Acetyl-L-Leucin, wurde in den USA kürzlich für die Behandlung von NPC zugelassen“, sagt Tahirovic. „Meiner Meinung nach wäre TSPO eine wertvolle Ergänzung zu den Biomarkern, die derzeit bei anderen, häufigeren neurodegenerativen Erkrankungen verwendet werden. Es wäre sinnvoll, diese Marker zu kombinieren und ihren Nutzen in klinischen Studien über NPC zu untersuchen.“ PET und Blut TSPO lässt sich im Gehirn mithilfe der Positronen-Emissionstomogrphie (PET) erfassen, einem Verfahren, das in spezialisierten Kliniken und Einrichtungen für molekulare Bildgebung verfügbar ist. „TSPO könnte sowohl für klinische Studien zu NPC als auch für die klinische Routine von Bedeutung sein. Die PET-Bildgebung könnte bei jungen Patienten schwierig sein, da sie im Scanner ruhig bleiben müssen. Wir haben jedoch gezeigt, dass die Untersuchung bei älteren Personen mit NPC möglich ist“, erklärt Prof. Matthias Brendel, Experte für Neurobildgebung am LMU Klinikum. Darüber hinaus deuten Befunde aus der aktuellen und früheren Studien darauf hin, dass bestimmte Blutzellen Eigenschaften der Mikroglia widerspiegeln. „Makrophagen aus dem Blut könnten auch eine Möglichkeit sein, TSPO zu erfassen. Unsere aktuellen Tests zur Messung von TSPO sind für den klinischen Alltag vielleicht noch zu aufwendig, aber es gibt sicherlich Raum für Weiterentwicklung“, erklärt Tahirovic. „Zusammengefasst werfen unsere Befunde nicht nur neues Licht auf grundlegende Krankheitsmechanismen, sie könnten auch praktische Folgen für NPC-Patienten haben.“
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