Neue Erkenntnisse zur Therapie von KRAS-mutiertem Darmkrebs

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Aktuell im Fachjournal „EMBO Molecular Medicine“ publizierte Ergebnisse stellen eine bisher wenig beachtete Strategie bei KRAS-mutiertem Darmkrebs zur Diskussion: die gezielte Blockade des EGFR-Signalwegs.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass EGFR, ein Rezeptor auf der Zelloberfläche, auch bei KRAS-mutierten Tumoren eine aktive Rolle spielt – und zwar anders als bisher angenommen“, erklärt Erstautorin Dana Krauß vom Zentrum für Krebsforschung der Medizinischen Universität Wien und Comprehensive Cancer Center Vienna von MedUni Wien und AKH Wien. „Diese Erkenntnis widerspricht der bisher gültigen Annahme, dass dieser Rezeptor bei KRAS-Mutationen keine therapeutische Relevanz hat.“

Mithilfe von Organoiden – Mini-Tumoren aus Darmkrebszellen, die aus spezifischen Mausmodellen isoliert wurden – konnte das Forschungsteam nachweisen, dass die Entfernung von EGFR tiefgreifende Auswirkungen auf den Stoffwechsel der Krebszellen hat. Die Zellen verarbeiteten Zucker und Aminosäuren auf völlig andere Weise – ein Hinweis auf neue Schwachstellen in KRAS-mutierten Tumoren. Zudem aktivierte die EGFR-Blockade eine spezifische Genaktivität, die mit einer längeren Überlebenszeit von Patienten mit KRAS-Mutation verbunden ist.

Gen könnte zentrale Rolle spielen

EGFR galt bisher als kaum wirksames Therapieziel bei KRAS-mutierten Tumoren. Doch metabolische Analysen zeigten nun, dass die EGFR-Blockade in den Organoiden die Glykolyse drosselt und die Tumorzellen stattdessen auf Glutamin ausweichen – ein grundlegender Umbau des Zellstoffwechsels. Gleichzeitig wurden zentrale Wachstumssignalwege deutlich abgeschwächt.

Überraschend waren auch die beobachtete Reduktion der Zellgröße sowie die Aktivierung der Stammzellsignatur und des für die Zellentwicklung bekannten Wnt-Signalweges – ein Hinweis darauf, dass die Tumorzellen auf die EGFR-Blockade mit einem alternativen Entwicklungsprogramm reagieren.

Dabei rückte das Gen Smoc2 in den Fokus: Es scheint eine Schlüsselfunktion beim Umbau des Zellstoffwechsels und der Aktivierung neuer Signalnetzwerke zu übernehmen. Durch die Analyse umfangreicher Patientendatensätze konnten die Forscher zudem zeigen, dass die identifizierte Gen-Signatur bei Menschen mit KRAS-mutiertem Darmkrebs mit einem besseren Überleben einhergeht.

Bisherige Praxis infrage gestellt

Diese Ergebnisse liefern eine mechanistische Erklärung dafür, warum EGFR auch in KRAS-mutierten Tumoren eine Rolle spielt, und stellen die bisherige Praxis infrage, Patienten mit solchen Tumoren grundsätzlich von EGFR-gerichteten Therapien auszuschließen. Zugleich wird der Ansatz gestärkt, in Zukunft Kombinationstherapien zu entwickeln, die sowohl EGFR als auch KRAS blockieren.

Auch wenn klinische Studien noch ausstehen, zeigen die Daten: KRAS-mutierter Darmkrebs ist womöglich doch besser behandelbar als lange angenommen. „Diese Forschung zeigt, wie wichtig es ist, Annahmen kritisch zu hinterfragen – insbesondere bei Erkrankungen, für die es bislang kaum wirksame Therapien gibt“, betont Studienleiterin Prof. Maria Sibilia, Leiterin des Zentrums für Krebsforschung der MedUni Wien.