Neue Messmethoden zur Bestimmung der auditiven Kognition

Ab sofort nutzen Studierende der HSHL, hier Mai-Britt Haumersen, die Softwarelösung für ihre Abschlussarbeiten und erstellen Messungen mit gesunden Personen, um Standards zu etablieren. Foto: HSHL

Eine neue Software soll Prozesse der auditiven Wahrnehmung detailliert erfassen und analysieren und könnte beispielsweise helfen die Therapie demenzerkrankter oder -gefährdeter Menschen – mit verminderten Hörvermögen – zu unterstützen.

Entwickelt wurde die Software von Forschenden der Hochschule Hamm-Lippstadt (HSHL), die ab sofort damit arbeitet. Da das Hören nicht ausschließlich durch die Ohren erfolgt, sondern ein komplexer kognitiver Vorgang ist, bilden herkömmliche Verfahren, wie eine Messung mittels Audiometrie, ihn nur in Teilen ab. Vielmehr findet das eigentliche Verstehen der gehörten Information im Gehirn statt. Die neue Software ermöglicht es, diesen Prozess der auditiven Wahrnehmung detailliert zu erfassen und zu analysieren und kann beispielsweise dabei helfen, die Therapie demenzerkrankter oder -gefährdeter Personen – solchen mit vermindertem Hörvermögen – zu unterstützen.

Komplexe Interaktionen messen und auswerten

„Ein besonderer Fokus liegt auf der Erkenntnis, dass Menschen mit beiden Ohren hören. Das Gehirn verarbeitet kontinuierlich die akustischen Signale beider Ohren, um eine genaue Wahrnehmung der Umgebung zu ermöglichen“, erklärt Prof. Gregor Hohenberg, der an der HSHL gemeinsam mit seinem Kollegen Daniel Kientopf für die Einführung der neuen Technologie verantwortlich ist. Durch die neue Software werde es möglich, diese komplexe Interaktion exakt zu messen und für Forschungszwecke auszuwerten. „Das Besondere an dieser Software ist, dass sie wie ein Spiel auf einem Tablet wirkt. Mit dieser Anwendung kann die auditive Wahrnehmung gezielt über geeignete Kopfhörer getestet werden.“

Ab sofort nutzen Studierende der HSHL die Softwarelösung für ihre Abschlussarbeiten und erstellen Messungen mit gesunden Personen, um Standards zu etablieren. In zukünftigen Phasen sollen Tests mit Personen mit Hörminderungen durchgeführt werden, die ein erhöhtes Risiko für Demenz haben, um frühzeitig zu erkennen, wann ein Hörgerät notwendig ist.

Gehirn kann Hören wieder lernen: Software als Basis für digitale Trainingsprogramme

„Wenn das Gehirn das Hören verlernt, kann das schwerwiegende Folgen haben. Wenn Menschen mit Hörminderung einfach den Fernseher lauter stellen, mag das den Schall verstärken, aber das Gehirn verliert die Fähigkeit, zum Beispiel Sprache aus einem Störgeräusch zu verstehen. Diese auditive Fähigkeit zu verlieren, erhöht das Risiko, auch weitere kognitive Fähigkeiten zu verlieren – was zu Demenz führen kann. Studien zeigen, dass durch eine frühzeitige Intervention bis zu acht Prozent der Demenzfälle verhindert werden könnten“, erläuterte Hohenberg.

Die gute Nachricht dabei ist: Das Gehirn könne das Hören auch wieder erlernen. Durch spezielle Hörtrainings wird die auditive Fähigkeit trainiert. Hohenberg, an der HSHL Experte für digitale kognitive Therapiesysteme: „Die Software schafft eine solide Basis für die Entwicklung zielgerichteter digitaler Trainingsprogramme, die darauf abzielen, kognitive Fähigkeiten zu fördern und den Verlauf der Erkrankung positiv zu beeinflussen.“ Die Software, die jetzt an der HSHL genutzt wird, basiert auf dem Produkt Clever Fox der Firma KOG. KON. GmbH aus Mannheim. Mit der Firma hat die HSHL auch ein Projekt gestartet, um speziell angepasste Hörtrainings für Menschen mit Demenz zu entwickeln.