Neue Prädiktoren der Metastasierung bei Pankreaskarzinomen im Frühstadium gefunden

Darstellung Pankreaskarzinom (Abbildung: © Matthieu/stock.adobe.com)

Anhand einer Untersuchung von Leberbiopsien haben Forschende zelluläre und molekulare Marker entdeckt, anhand derer sich potenziell vorhersagen lässt, ob ein Pankreaskarzinom in andere Organe metastasieren wird.

Nur etwa zehn Prozent aller Patienten mit Bauchspeicheldrüsenkrebs lebten nach der Erstdiagnose länger als zwei Jahre, heißt es in einer Mitteilung des Weill Cornell College of Medicine (USA), an dem ein Teil der für die Studie verantwortlichen Autorengruppe arbeitet. „Wenn wir den zeitlichen Verlauf und den Ort der Bildung von Metastasen vorhersagen könnten, wäre das ein echter ‚Game-Changer‘ in der Behandlung von Bauchspeicheldrüsenkrebs, insbesondere für Patienten mit einem hohen Metastasierungsrisiko“, betont Dr. David Lyden vom Weill Cornell College of Medicine, einer der Seniorautoren der aktuellen Arbeit. Im Jahr 2015 hatten Lyden und Kollegen entdeckt, dass Pankreaskarzinomzellen Faktoren absondern, die weiter entfernte Organe – meistens die Leber – erreichen, um dort eine prä-metastatische Nische zu etablieren, in der sich neue Tumore bilden können.

Um herauszufinden, wie diese Veränderungen ihre neue Umgebung für die Kolonisierung durch Krebszellen vorbereiten, arbeitete Lyden mit Dr. Linda Bojmar, Hauptautorin der Studie, zusammen. Sie arbeitet sowohl am Weill Cornell College of Medicine als auch an der Universität Linköping in Schweden. Zusammen mit Forschenden vom Memorial Sloan Kettering Cancer Center (USA) analysierten Lyden und Bojmar Leberbiopsien von 49 Patienten, die sich wegen Bauchspeicheldrüsenkrebs im Frühstadium hatten operieren lassen. Die Wissenschaftler sammelten außerdem Leberproben von 19 Personen, die sich einem vergleichbaren Eingriff aus anderen, nicht mit einer Krebserkrankung in Zusammenhang stehenden Gründen, unterzogen hatten – beispielsweise zur Entfernung benigner Pankreaszysten.

Frühe Anzeichen in Leberbiopsien für eine rasche Metastasierung

Die Wissenschaftler führten dann eine Reihe von molekularen, zellulären und metabolischen Analysen an diesen Proben durch. Das Ziel war es festzustellen, ob sich Kennzeichen identifizieren lassen, die einer nachfolgenden Metastasierung bei den Patienten vorangingen. Man fand, dass die Lebern von Überlebenden, die auch nach mindestens drei Jahren noch ohne Rezidiv waren, den Organen von Personen sehr ähnelten, die niemals an Krebs erkrankt waren.

Am anderen Ende des Spektrums befanden sich diejenigen Patienten, die innerhalb von sechs Monaten nach der Diagnose Bauchspeichelkrebs schon Lebermetastasen entwickelt hatten – eine Patientengruppe mit schlechter Prognose, für die es nur begrenzt Therapieoptionen gibt. Ihre Lebern waren durchsetzt mit NETs (Neutrophil Extracellular Traps). Da diese NETs stark mit der Bildung zukünftiger Metastasen assoziiert sind und sich früh im Krankheitsverlauf entwickeln, könnten sich durch ihre Entdeckung mittels radiologischer Bildgebung in naher Zukunft solche Patienten identifizieren lassen, bei denen die Gefahr für eine aggressiven Ausbreitung der Erkrankung besteht. „Diese Personen könnten dann eine vollständige Chemotherapie erhalten oder – falls zu erkennen ist, dass es sich um nur wenige Metastasen handelt – die sekundären Tumoren könnten möglicherweise operativ entfernt werden“, erläutert Lyden, der auch Mitglied des Sandra and Edward Meyer Cancer Center und des Gale and Ira Drukier Institute for Children’s Health am Weill Cornell Medicine ist. Darüber hinaus untersuchen er und seine Kollegen, ob Medikamente, die in der Lage sind die DNA abzubauen, die die NETs bildet, Lebermetastasen verhindern könnten.

Immunreaktionen bei späteren Metastasen

Die Wissenschaftler identifizierten in ihrer Studie zwei weitere Patientenkategorien: diejenigen, die später Metastasen in der Leber entwickeln, und diejenigen, bei denen sich der Krebs auf andere Organe wie die Lunge ausbreitet. Patienten der letztgenannten Kategorie zeigten eine starke Immunreaktion im Kampf gegen den Krebs – schützende T-Zellen und natürliche Killerzellen hatten die Leber der Betroffenen infiltriert, und es kam zur Aktivierung vieler immunregulierender Gene. Diese Patienten, die anfällig für die Entwicklung von Metastasen außerhalb der Leber sind, können laut den Forschenden von einer Immuntherapie profitieren, um ihre anhaltende Anti-Tumor-Immunreaktion zu stärken.

Auf der anderen Seite sammelten sich bei denjenigen, deren Leber später von Metastasen betroffen waren, ebenfalls Immunzellen an – die Zellen zeigten jedoch Anzeichen einer metabolischen Erschöpfung. „Es ist, als ob die Leber versucht hätte, sich selbst zu schützen, aber am Ende den Kampf verloren hätte“, formuliert Bojmar.

Die Wissenschaftler planen, ihre Ergebnisse an einer größeren Kohorte von Patienten mit Pankreaskarzinom zu validieren und zu untersuchen, ob dieser Ansatz bei anderen neu diagnostizierten Krebsarten von Nutzen sein könnte. „Wir hoffen, ein Instrument entwickeln zu können, mit dem sich anhand der zellulären, molekularen und metabolischen Profile der Leberbiopsien vorhersagen lässt, bei welchen Patienten mit Kolorektalkrebs später Lebermetastasen auftreten werden“, erklärt Co-Seniorautor Dr. Robert Schwartz, außerordentlicher Professor für Medizin an der Weill Cornell Medicine.