Neue S3-Leitlinie zu Fieber bei Kindern und Jugendlichen

Kinder leiden häufig unter Fieber. Eine neue Leitlinie soll Eltern im Umgang damit unterstützen. (Foto: © Irina Schmidt – stock.adobe.com)

Mit der neuen S3-Leitlinie „Fiebermanagement bei Kindern und Jugendlichen“ liegt erstmals ein evidenzbasiertes Regelwerk zum Umgang mit Fieber im Kindes- und Jugendalter vor. Es richtet sich auch an Eltern und Betreuungspersonen und soll alltagstaugliche Antworten auf die häufigsten Fragen im Umgang mit Fieber geben.

Die unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e.V. (DGKJ) entstandene Leitlinie will Ärzten, Pflegefachpersonen und Gesundheitsberufen klare, differenzierte Empfehlungen für das ambulante Setting geben und berücksichtigt zugleich die wichtige Rolle von Eltern und Bezugspersonen im häuslichen Fiebermanagement.

Fieber: Meist Abwehrreaktion und kein Notfall

„Die neue Leitlinie betont ein grundlegend verändertes Verständnis von Fieber: Es wird nicht als vorrangig behandlungsbedürftiges Symptom betrachtet, sondern als physiologische und in der Regel hilfreiche Abwehrreaktion des Körpers“, resümiert Prof. Tim Niehues, Leitlinienbeauftragter der DGKJ.

Familien und Bezugspersonen eines Neugeborenen sollen daher frühzeitig – idealerweise bereits bei der ersten Impfung – und verständlich über die Bedeutung und den Umgang mit Fieber informiert werden. Dabei solle neben dem Gespräch zusätzlich auf weitere Informationsmaterialien wie die parallel zur S3-Leitlinie erschienene „Elternleitlinie“ gesetzt werden.

Pädiatrisches Dreieck und Ampelsystem

Die Leitlinie geht auch auf Algorithmen wie ein Ampelsystem oder das sogenannte ‚Pädiatrische Dreieck‘ ein, die die ärztliche Risikoeinschätzung für eine schwere Erkrankung bei fiebernden Kindern und Jugendlichen unterstützen sollen. Allerdings seien beide Systeme noch nicht darauf validiert, ab wann sich ein krankes Kind in einem bedrohlichen Zustand mit der Gefahr bleibender Schäden befindet, betont Niehues.

Fiebersenkung nur bei Beschwerden

Ein zentrales Novum der Leitlinie: Fieber soll nicht aufgrund seiner Höhe gesenkt werden, sondern nur, wenn das Kind sichtbar unter dem Fieber leidet. Paracetamol oder Ibuprofen können bei beeinträchtigten Kindern zum Einsatz kommen – jedoch nur in alters- und gewichtsentsprechender Dosierung und begrenzter Dauer.

Wichtig: Fiebersenkende Medikamente verhindern keine Fieberkrämpfe und sollen nicht prophylaktisch – etwa bei Impfungen – gegeben werden. Eine Ausnahme bildet die STIKO-Empfehlung zur Meningokokken-B-Impfung, auf die in der Leitlinie hingewiesen wird.

Sonderfall und Ausnahme: Vorerkrankungen und sehr junges Lebensalter

Bei bestimmten Risikoerkrankungen besteht eine höhere Prävalenz für Fieber. Daneben wird das Alter als Risikofaktor bestimmt: Für Frühgeborene, Neugeborene und Säuglinge gelten besondere Empfehlungen. Kinder unter drei Monaten mit Fieber ≥38 °C (rektal) sollten ärztlich abgeklärt werden, denn auch bei subfebrilen Temperaturen kann in dieser Altersgruppe eine schwere bakterielle Infektion vorliegen. Eine Urinuntersuchung ist sinnvoll bei jedem Säugling jünger als drei Monate mit Fieber, hält die Leitlinie fest.

Antibiotikagebrauch streng indikationsbezogen

Weiterhin spricht sich die Leitlinie deutlich für eine rationale und zurückhaltende Antibiotikatherapie aus – Fieber allein sei hierfür keine Indikation, denn „die Mehrheit der fieberhaften Infekte bei Kindern ist viral bedingt; unnötige Antibiotikagaben können Nebenwirkungen, Resistenzbildungen und Schäden des Mikrobioms verursachen“, betont Niehues.

Erholungszeit im Blick

Ein weiterer Punkt der Empfehlung ist die Rekonvaleszenz: Kinder und Jugendliche sollten mindestens einen vollen Tag fieberfrei und wieder belastbar sein, bevor sie wieder eine Gemeinschaftseinrichtung besuchen. Bezugspersonen sollen aktiv zur Einhaltung dieser Erholungszeit beraten werden.

Wissenschaftliche Evidenz für Fachkreise und auch für Eltern

„Wir möchten Eltern mit dieser Leitlinie zum einen ermutigen, dem natürlichen Heilungsprozess zu vertrauen, und gleichzeitig sehr gut informiert und vorbereitet zu sein, ab wann ärztlicher Rat wichtig ist“, erklärte Prof. David Martin, Koordinator der Leitlinie. Die Leitlinie räume zudem mit veralteten Empfehlungen auf und richte sich gezielt an Eltern, Großeltern und Betreuungspersonen, denen sie verständliche, alltagstaugliche Antworten auf die häufigsten Fragen im Umgang mit Fieber gebe.