Neue S3-Leitlinie zu Speicheldrüsentumoren des Kopfes: Patientenversorgung optimieren6. August 2025 Foto: Viacheslav Yakobchuk/stock.adobe.com Das Leitlinienprogramm Onkologie hat erstmals eine S3-Leitlinie zu Diagnostik und Therapie von Speicheldrüsentumoren des Kopfes veröffentlicht. Sie gibt Empfehlungen zur Diagnostik über die chirurgische Therapie bis hin zur molekularen Klassifizierung. Entstanden ist die neue S3-Leitlinie „Diagnostik und Therapie von Speicheldrüsentumoren des Kopfes“ unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie (DGHNOKHC) und der Deutschen Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (DGMKG) sowie unter Mitwirkung von 14 weiteren Fachgesellschaften und Organisationen. Finanziert wurde die Leitlinie von der Deutschen Krebshilfe im Rahmen des Leitlinienprogramms Onkologie. Die Inhalte der Leitlinie sind in die kostenfreie Leitlinien-App integriert. Speicheldrüsentumoren sind eine komplexe und vielfältige Erkrankungsgruppe. Laut epidemiologischen Studien liegt die Inzidenz aller Speicheldrüsentumoren bei 6 bis 8 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohnern im Jahr. Damit sind diese Tumoren keine seltene Entität. Bis zu 20 Prozent davon stellen sich in der pathohistologischen Begutachtung als bösartig heraus. Die meisten Speicheldrüsentumoren gehen von der Ohrspeicheldrüse aus. Eine schmerzlose Schwellung ist häufig das erste Symptom. Aktualisierung war „dringend notwendig“ – Fokus auf gut- und bösartige Tumoren Die neue S3-Leitlinie bietet erstmals umfassende, wissenschaftlich fundierte Handlungsempfehlungen für Ärzte, um eine präzisere Diagnostik, optimierte Therapieentscheidungen und eine interdisziplinäre Versorgung zu gewährleisten. „Nach beinahe 20 Jahren, in der nur eine S1-Leitlinie vorlag, war eine Aktualisierung dringend erforderlich, um die Versorgung von Patientinnen und Patienten mit Speicheldrüsentumoren des Kopfes auf den neuesten wissenschaftlichen Stand zu bringen“, betont Prof. Orlando Guntinas-Lichius vom Universitätsklinikum Jena. Gemeinsam mit Prof. Max Heiland, DGMKG-Vorstandsmitglied, von der Charité – Universitätsmedizin Berlin und Prof. Benedicta Beck-Broichsitter vom Klinikum Stuttgart koordinierte er die Erstellung der Leitlinie. Heiland ergänzt: „Besonders an der Leitlinie ist, dass wir sowohl gutartige als auch bösartige Tumoren thematisieren. Im klinischen Bild verhalten sich viele der bösartigen Tumoren sehr lange so wie gutartige. Zusätzlich ist die zuverlässige Abgrenzung durch einen Schnellschnitt während der Operation noch nicht möglich.“ Durch den Fokus auf Diagnostik und Therapie von gut- und bösartigen Tumoren trägt die Leitlinie dazu bei, bösartige Tumoren frühzeitig zu erkennen und die Übertherapien von gutartigen Tumoren zu vermeiden. Speicheldrüsentumoren: Herausforderung Heterogenität In der Diagnostik und Behandlung ist die Unterschiedlichkeit der Tumoren eine große Herausforderung: „Speicheldrüsentumoren sind extrem vielfältig – sie können sowohl in den drei großen Kopfspeicheldrüsen als auch in den zahlreichen kleinen Speicheldrüsen auftreten und umfassen allein 21 verschiedene maligne Tumortypen. Diese Heterogenität erschwert nicht nur die Diagnostik und Therapie, sondern führt auch dazu, dass nur wenige Studien mit großen Fallzahlen für einzelne Tumorarten vorliegen. Insbesondere mangelt es an prospektiven, randomisierten Studien, was die Ableitung evidenzbasierter Empfehlungen herausfordernd macht. Umso wichtiger ist es, dass durch die neue S3-Leitlinie den behandelnden Ärztinnen und Ärzte das vorhandene Wissen übersichtlich zur Verfügung steht“, erläutert Guntinas-Lichius. Chirurgie als Standard – molekulare Charakterisierung als Chance Die aktuelle Empfehlung für die kurative Therapie ist die operative Entfernung des Tumors. Abhängig vom Tumorstadium schließt sich häufig eine adjuvante Radio- oder Radiochemotherapie an. Eine alleinige Chemotherapie wird in der Leitlinie nur in der palliativen Situation empfohlen. Bei metastasierten Karzinomen soll eine molekulare Charakterisierung erfolgen, damit auf dieser Basis zielgerichtete Therapiekonzepte erarbeitet werden können. „Aktuell finden Antikörpertherapien von bösartigen Speicheldrüsentumoren nur im Rahmen klinischer Studien statt“, sagt Guntinas-Lichius. „Für die Tumorklassifikation gewinnt die Molekularpathologie jedoch immer mehr an Bedeutung. Durch das hierbei gewonnene Wissen haben wir zukünftig hoffentlich mehr Optionen, die Erkrankung zielgerichtet durch den Einsatz von Antikörpern zu behandeln.“
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