Neue Studien liefern Daten zur Erstbesiedlung des Babys durch Mikroben

Auch durch den Kontakt zum Vater erhalten Neugeborene Darmmikroben. (Foto: © Louis-Foto – stock.adobe.com)

Die Zusammensetzung der Mikroorganismen im Darm hat großen Einfluss auf die Gesundheit des Menschen. Vor der Geburt leben noch keine Mikroorganismen auf der Haut oder im Darm von Babys. Erst ab der Geburt werden sie nach und nach durch Mikroben besiedelt. Zwei aktuelle Studien untersuchten Aspekte, die zu der Übertragung von Mikroben auf Neugeborene, dem sogenannten Seeding, beitragen.

Bislang bekannt ist, dass die ersten Mikroben, die den Darm eines Babys nach der Geburt besiedeln, hauptsächlich von der Mutter auf das Kind übertragen werden. Ergebnisse eines Forschungsteams um den niederländischen Wissenschaftler Willem de Vos zeigen nun aber, dass auch der Kontakt zum Vater eine Rolle spielt. Darüber hinaus untersuchte sein Team, inwieweit eine mütterliche fäkale Mikrobiom-Transplantation (FMT) dazu beitragen kann, die Mikrobiom-Übertragung von Mutter auf Kind zu unterstützen.1

Denn die mikrobielle Besiedlung des Neugeborenen kann durch einen Kaiserschnitt oder eine Antibiotikagabe während der Geburt gestört werden. Bei einem Kaiserschnitt passiert das Baby nicht den Geburtskanal, wodurch die Übertragung von Mikroben ausbleibt. Die Gabe von Antibiotika während der Geburt eliminiert nicht nur krankheitserregende, sondern auch nützliche Bakterien. Bei der FMT erhält das Baby deshalb nach der Geburt einen Mix aus gereinigten Darmmikroben der Mutter zusätzlich zur Muttermilch. Eine erste Machbarkeitsstudie veröffentlichten die Forschenden im Jahr 2020 mit sieben Mutter-Kind-Paaren.3 Das Mikrobiom der durch Kaiserschnitt geborenen Babys, die eine FMT erhielten, wurde bis drei Monate nach Geburt ausgewertet.

Für die aktuelle Studie wurde die Entwicklung derselben sieben Paare nun zwölf Monate lang nach Geburt beobachtet. Daraus leitet das Forschungsteam ab, dass FMT das Potenzial hat, mögliche Abweichungen in der Mikrobiom-Übertragung auszugleichen. Darüber hinaus verglichen die Forschenden das Darmmikrobiom von 53 Familien (Mutter, Vater, Kind), in denen das Kind vaginal geboren wurde, mit 21 Familien, in denen das Kind per Kaiserschnitt zur Welt gebracht wurde. Aus den Daten wird laut der Autorinnen und Autoren deutlich, dass Mikroben auch durch den Kontakt zum Vater auf das Kind übertragen werden – das mütterliche Seeding wird also teilweise durch das väterliche Seeding ergänzt.

In der zweiten Studie analysierte eine spanisch-italienische Forschungsgruppe den Einfluss verschiedener Geburtsumgebungen und der Geburtsmethode auf die Mikrobiom-Übertragung.2 Die Forschenden untersuchten dafür das Mikrobiom von im Krankenhaus vaginal oder per Kaiserschnitt geborenen und zu Hause vaginal geborenen Säuglingen und ihre Mütter. Das Ergebnis: Während die Entbindungsart in erster Linie die Unterschiede in der anfänglichen Zusammensetzung erkläre, beeinflusse der Geburtsort den Zeitpunkt und die Dauer der Übertragung. Darüber hinaus spielt das Stillen des Babys eine entscheidende Rolle – vor allem für das dauerhafte Ansiedeln der übertragenen Mikroben im Darm.