Neues Zöliakie-Mausmodell zur Erforschung von Therapien

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Forscher der Universität von Chicago haben das erste wirklich exakte Mausmodell für Zöliakie entwickelt. Die Tiere haben die gleichen genetischen Eigenschaften und Merkmale das Immunsystem betreffend wie Menschen, die nach der Aufnahme von Gluten eine Zöliakie entwickeln. Die Wissenschaftler sehen darin ein wichtiges Instrument für die Entwicklung und Erprobung neuer Therapien bei Zöliakie.

„Basierend auf unserem Wissen um die Erkrankung beim Menschen konnten wir ein Mausmodell für Zöliakie entwickeln“, berichtet Dr. Bana Jabri, Forschungsdirektorin am Medicine Celiac Disease Center der Universität Chicago und Seniorautorin der neuen Studie. „Es ist das erste Modell, bei dem die Maus allein durch die Aufnahme von Gluten eine Schädigung des Dünndarms entwickelt, die sich später unter einer glutenfreien Ernährung von selbst zurückentwickelt.“

Selbst die vorsichtigsten Zöliakiepatienten können durch nicht angegebene Inhaltsstoffe in Fertiglebensmitteln oder Kreuzkontaminationen mit glutenhaltigen Lebensmitteln, die in der Nähe oder mit demselben Kochgeschirr zubereitet werden, versehentlich Gluten aufnehmen. Sogar bei einer streng glutenfreien Ernährung zeigen 40 Prozent der Zöliakiepatienten immer noch Anzeichen von Entzündung und Zottenatrophie oder Schädigung der Zotten. Daher sind Therapien, die die Krankheit rückgängig machen oder verhindern können, dringend erforderlich, um die Lebensqualität von Menschen mit Zöliakie zu verbessern.

Ein komplexes Zusammenspiel von Faktoren

Wissenschaftler kennen die genaue Ursache der Zöliakie nicht, doch es sind mehrere genetische, Immunsystem- und Umweltkomponenten identifiziert worden, die im Zusammenspiel miteinander die Krankheit auslösen. Allein das Vorliegen der Genvarianten HLA-DQ2 oder HLA-DQ8 reiche jedoch nicht aus, um an einer Zöliakie zu erkranken, betonen die Autoren der aktuellen Untersuchung.

Basierend auf Studien an Zöliakiepatienten vermuteten Jabri und ihre Kollegen, dass Anzeichen von Gewebestress, die mit hohen Konzentrationen des inflammatorischen Proteins IL-15 in der Mukosa des Dünndarms verbunden sind, erforderlich sind, um eine Zottenatrophie zu verursachen.

Bestimmte Umweltfaktoren können ebenfalls ins Spiel kommen. Im Jahr 2017 entdeckten Jabri und ihr Team beispielsweise, dass ein weit verbreitetes und relativ harmloses Virus das Immunsystem so verändern kann, dass die Voraussetzungen für eine Zöliakie geschaffen werden. Alle diese Faktoren wirken zusammen und lösen bei der Aufnahme von Gluten eine Autoimmunreaktion aus, die wiederum zu einer eine Zottenatrophie führt.

Alle Puzzleteile passen zusammen

Seit mehr als 20 Jahren versuchen Forscher, ein Mausmodell für Zöliakie zu entwickeln, das diese Bedingungen widerspiegelt. Keines dieser Modelle führte jedoch zu Mäusen mit einer der HLA-Genvarianten, bei dem die Tiere als Reaktion auf Gluten auch eine villöse Atrophie entwickelten. „Bei Zöliakie ist das Hauptmerkmal die Gewebezerstörung der Dünndarmschleimhaut“, sagt Dr. Valerie Abadie, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Chicago und Hauptautorin der Studie. „Dieses neue HLA-DQ8-Mausmodell ist einzigartig, da es das einzige ist, bei dem es tatsächlich zu einer Zottenatrophie kommt, wenn das Tier Gluten aufnimmt. Sobald die Mäuse glutenfrei ernährt werden, kann sich ihr Dünndarm erholen und heilen, genauso wie bei Menschen mit Zöliakie. „Jabri erklärt, dass all diese Elemente in einem Forschungsmodell vorhanden sein müssen, um die Umstände, die beim Menschen die Erkrankung verursachen, wirklich darzustellen. „Es ist wie ein Puzzle, bei dem verschiedene Teile zusammenkommen müssen, damit alles passt“, betont Jabri. „Wenn man ein Modell hat, bei dem nur ein Teil des Puzzles die Krankheit verursacht, weil es sich in einer Laborumgebung befindet, kann man nicht testen, wie die anderen Komponenten blockiert oder gestört werden. Man braucht einen Versuchsaufbau, der das gesamte komplexe Zusammenspiel abbildet, das für die Entstehung der Krankheit notwendig ist.“

Das neue Mausmodell stellt ein wichtiges Instrument für die Entwicklung neuer Therapien dar. Die Forscher hoffen, so neue Ziele für Medikamente identifizieren und diese dann in einem Modell testen zu können, das die Erkrankung beim Menschen genau abbildet.